Mittwoch, 13. Dezember 2006

Pierre Bourdieu

Ich lerne jeden Tag dazu. "Distinktionstheorie" - Sagt Ihnen das was? - Mir nicht! - Bis jetzt, denn jetzt habe ich im Net, den dazugehörigen Autor gefunden, der diesen Begriff geprägt hat. Es geht um Lebensart, Lebensstil also Kultur, aber bezogen auf Gesellschaftsschichten, die sich mittels dieser Kulturformen voneinander abgrenzen.
Das ist interessant, denn auch die Geschlechter, die Völker grenzen sich durch Lebensart und -stil voneinander ab. Ich werde mir Bücher von dem Knaben besorgen und darüber berichten.


"Das öffentliche Leben in Paris funktioniert ja nur nach dem Kriterium ,chic oder nicht chic'", sagte er zornig gegen die traditionellen Pariser Eliten und meinte jene "liberalen Denker", die "mit flotten Sprüchen über die soziale Misere in unseren Gesellschaften" hinweggingen.
Er musste es wissen: Diese Eliten, die Biografien der Intellektuellen, die Kultur- und Bildungssoziologie hatte er zu einem Hauptgegenstand seiner Forschung gemacht - von den Feinen Unterschieden (1979) über den Homo academicus (1984) bis zum Staatsadel (1989). Und Bourdieu griff diese Eliten an, als sei es nicht ebenso charakteristisch für das Pariser Milieu, dass führende Köpfe wie Jacques Derrida oder Emmanuel Lévinas auch dazuzählten, ohne ganz dazuzugehören - darin Bourdieu ähnlich, feine Unterschiede hin oder her.


Seit Bourdieus wissenschaftlichen Anfängen - der ethnologischen Studie über die algerischen Kabylen, welche die Franzosen mit der kapitalistischen Wirtschaftsordnung überzogen hatten - hat Bourdieu, der Junge aus der Provinz, die Frage nach dem kulturellen und ökonomischen Anpassungszwang nicht mehr verlassen, der von Metropolen wie Paris in alle Welt ausging. Anders gesagt: Die Frage nach den Verlierern und Verlusten der Modernisierung wurde zu einem Antrieb seiner immer empirisch orientierten Soziologie und später zum Leitmotiv seines politischen Handelns.galt eines seiner wissenschaftlichen Hauptwerke: den Unterschieden des Geschmacks, der Sitten, der Vorlieben, der Bildung, an denen zu erkennen ist, aus welchem Stall einer kommt. Egal, wie begabt er ist. Egal, ob er wie Bourdieu von unten in die Zentren der Macht gelangt, ob er die verschwiegene Ungerechtigkeit seiner Kultur zum Thema eines Lebenswerks von Weltgeltung macht - die kulturellen Mechanismen des Ausschlusses erforschend, die subtilen Herrschaftsformen der Gebildeten benennend, als wäre er, der alle glänzenden Zertifikate erwarb, dadurch umso mehr vom Drang nach Gerechtigkeit getrieben.

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Nichts gegen den Knaben, diesen Intellektuellen, aber die Menschen, die so sehr nach Gerechtigkeit drängen, die haben meist ein Problem mit sich selber. Da ist der Wurm drin, der nagt und nagt und nagt.

Das Problem ist leicht erklärt. Die Zugehörigkeit zu einer Gesellschaftsschicht muss man mit der Muttermilch aufgesaugt haben, nur dann ist man in der Lage völlig authentisch zu sein und sich dennoch sicher in diesen Kreisen zu bewegen. Ansonsten bleibt man der arme Bauernsohn vom Lande, der sich und anderen immer und immer wieder beweisen muss, dass er wirklich dazugehört.

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