Donnerstag, 14. Dezember 2006

Die Ökonomie von Ehe

Die Ökonomie von Liebe und Ehe
WAS IST UND WARUM GIBT ES DIE EHE?

Aus David Friedman, Der Ökonomische Code

[Miss Manners] bittet im übrigen darum, daß Sie sie nicht damit langweilen, sich über die relativen Vorzüge von ehelichen und nichtehelichen Beziehungen auszulassen, besonders wenn Sie dabei das Wort »Ehrlichkeit« benutzen oder die sinnlose Frage in den Raum stellen, welchen Unterschied schon ein Stück Papier mache. Miss Manners hat ein Bankschließfach voller Papiere, die sehr wohl einen Unterschied machen.
[Miss Manners' Guide to Excruciatingly Correct Behavior von Judith Martin]

Manche Dinge stehen uns so dicht vor Augen, daß wir sie nicht mehr sehen können. Aus angemessener Distanz betrachtet - sagen wir, vom Mars aus - nehmen sich menschliche Institutionen ausgesprochen merkwürdig aus, und die Ehe ist eine der merkwürdigeren.

Die meisten von uns sehen es als ganz selbstverständlich an, daß wir unsere Einkäufe, sogar für eine einzige Art von Ware, in vielen verschiedenen Läden machen. Aber die meisten von uns glauben mit der gleichen Selbstverständlichkeit, in einem idealen Leben müsse man sich in ein gegenseitiges bilaterale» Monopol zum Austausch eines beträchtlichen Spektrums von Gütern und Dienst leistungen begeben - und dabei bleiben, bis daß der Tod uns scheidet.

Es gibt natürlich Gewinne aus der Arbeitsteilung - aber die Gründung einer Zwei-Personen-Firma ist nicht die einzige Methode, sie zu bekommen.

Die meist« von uns machen Gebrauch von den komparativen Vorteilen des Metzgers, des Backen und des Brauers, aber wir müssen sie nicht heiraten, um unser Abendessen zu bekommen.

In einer traditionellen Ehe mag die Frau einen komparativen Vorteil im Kochen gegenüber dem Ehemann und der Ehemann einen komparativen Vorteil in Schreinerarbeiten gegenüber der Ehefrau haben. Aber außerhalb des Haushaltes gibt es bessere Köche und bessere Zimmerleute als die beiden. Warum verläßt sich das Paar auf Heimerzeugung für vieles von dem, was es konsumiert- die meisten Mahlzeiten, die meisten häuslichen Säuberungsarbeiten, einen Großteil der Kinderpflege und Erziehung?

Ein Grund dafür sind Transaktionskosten. Wenn Sie ein Haus bauen, verpflichten Sie einen Zimmermann. Wenn Sie ein paar lockere Schindeln reparieren, können Zeit und Mühe dafür, einen guten Zimmermann zu finden, wechselseitig befriedigende Bedingungen auszuhandeln und sicherzugehen, daß die Arbeit auch erledigt wird, den komparativen Vorteil des Zimmermanns vielleicht mehr als zunichte machen. Der Zimmermann repariert den Dachstuhl besser, als ich es kann, aber ich bin derjenige, der naß wird, wenn das Dach undicht ist, also habe ich einen Anreiz, gute Arbeit zu leisten, auch wenn mir niemand über die Schulter sieht. Und ich habe keinen Anreiz, Zeit und Energie zu verschwenden, indem ich mit mir selbst über den Preis feilsche.

Ein zweiter Grund kann Spezialisierung sein. Der Koch in dem Restaurant, in das meine Frau und ich gehen würden, wenn wir weniger Zeit mit Kochen und mehr Zeit mit dem Verdienen von Geld für die Bezahlung von Restaurantrechnungen verbringen würden, kann vielleicht besser kochen als wir. Aber der Restaurantkoch ist schlechter als wir, wenn es darum geht, für uns zu kochen. Gleiches kann auch auf andere Dienstleistungen zutreffen.

Warum gehen wir von Dauer aus - warum planen wir nicht einfach, Tisch und Bett für eine Zeit zu teilen und dann weiterzuziehen, wenn einer von uns eine bessere Gelegenheit findet? Warum ist, anders gesagt, die Ehe ein langfristiger Vertrag?

Um das zu beantworten, kehren wir zu unserer früheren Untersuchung der Frage zurück, warum es langfristige Verträge gibt.

Wir suchen uns unsere Partner auf einem großen und wettbewerbsorientierten Markt, wie sehr wir auch beteuern mögen, jemand anders hätte niemals in Frage kommen können. Aber sobald wir verheiratet sind, erwerben wir etwas, was in anderem Zusammenhang als unternehmensspezifisches Kapital bekannt ist. Der Wechsel des Partners zieht große Kosten nach sich. Unser spezialisiertes Wissen darüber, wie wir miteinander auskommen, wird wertlos. Mindestens einer von uns muß eine gewohnte und vertraute Umgebung verlassen. Unser Freundeskreis wird wahrscheinlich zwischen uns geteilt. Und am allerschlimmsten, der neue Partner, was immer ihre oder seine sonstigen Vorzüge sein mögen, ist nicht der andere Elternteil meiner Kinder.

Unternehmensspezifisches Kapital schafft einen Verhandlungsspielraum. Jeder Teil ist versucht, wenn er oder sie den eigenen Kopf durchsetzen möchte, Vorteil aus der Tatsache zu ziehen, daß der andere Teil über ein erhebliches Spektrum von Bedürfnissen hinweg besser daran ist nachzugeben, als zu gehen.

Es sieht so aus, als sei die Ideallösung für solche Verhandlungsprobleme ein langfristiger Vertrag, der die Verpflichtungen beider Parteien genau festhält. Bevor der Vertrag unterzeichnet ist, gibt es keine Ehe, kein bilaterales Monopol und nicht viel Verhandlungsspielraum. Nachdem der Vertrag unterzeichnet ist, ist nichts mehr zum Verhandeln übrig.

In gewissem Maße ist die traditionelle Ehe ein solcher Vertrag. Im Prinzip ist es für einen Ehemann oder eine Ehefrau möglich, den Vorwurf zu erheben, der oder die andere komme seinen Verpflichtungen nicht nach - für die Ehefrau beispielsweise, den Ehemann wegen mangelnden Unterhalts zu verklagen. Das Problem dabei ist, daß man keinen Vertrag aufsetzen und durchsetzen kann, der detailliert genug wäre, alle relevanten Fälle abzudecken. Genau wie bei der Preiskontrolle kann eine Person, die rechtlich gebunden ist, ein Produkt zu festgelegtem Preis zu liefern, sich der Verpflichtung dadurch entziehen, daß sie die Qualität senkt. Soweit ich weiß, hat niemand je einen Ehepartner erfolgreich wegen mangelnder Fähigkeiten beim Kochen - oder in der Liebe - verklagt. Ein beträchtliches Maß an Verhandlungsspielraum bleibt für die traditionelle Ehe - und wird auch genutzt.

Liebe und Ehe. Bisher habe ich noch nicht von Liebe gesprochen, von der man gemeinhin annimmt, daß sie in gewisser Beziehung zur Ehe steht. Es mag sich seltsam anhören zu fragen, warum wir jemanden heiraten, den wir lieben, statt jemanden, dessen Vorlieben mit unseren eigenen übereinstimmen und dessen Fähigkeiten und Begabungen die unseren ergänzen, um dann daneben unser jeweiliges Liebesleben zu führen, aber es ist eine legitime Frage.

Eine mögliche Antwort liegt darin, daß Liebe mit Sex in Zusammenhang steht aus Gründen, die erklärt werden können (von der Soziobiologie - Ökonomie, angewendet auf Gene statt auf Menschen), hier aber nicht erklärt werden sollen, und Sex mit Kinderkriegen. Eltern ziehen weitaus lieber die eigenen Kinder groß als die anderer Leute, und ein Großteil des Aufziehens von Kindern läßt sich am bequemsten dort erledigen, wo die aufziehenden Personen wohnen. Also ist es für die Eltern des Kindes bequem, verheiratet zu sein - und zwar miteinander.

Eine zweite Antwort liegt darin, daß die Liebe die Interessenkonflikte reduziert, wenn auch nicht ausräumt, die zu kostspieligen Verhandlungen fuhren. Wenn ich meine Frau liebe, haben wir ein gemeinsames Interesse daran, sie glücklich zu machen. Wenn sie mich ebenfalls liebt, haben wir ein gemeinsames Interesse daran, mich glücklich zu machen. Sofern unsere Liebe nicht so präzis kalkuliert ist, daß unsere Ziele völlig identisch sind, gibt es immer noch Raum für Konflikt, und zwar in jeglicher Richtung; wenn wir einander zu sehr lieben, werden meine Versuche, ihr auf meine eigenen Kosten zu nutzen, mit ihren Versuchen kollidieren, mir auf ihre Kosten zu nutzen.

Der Verfall der amerikanischen Ehe.

Da wir jetzt schon einmal einen Rohentwurf einer ökonomischen Theorie der Ehe haben, spricht nichts dagegen, daß wir auch gleich etwas mit ihr anfangen. Als mögliche Anwendung bietet sich die Erklärung des Verfalls der Ehe in den Vereinigten Staaten (und ähnüchen Gesellschaften) im Verlauf dieses Jahrhunderts an. Warum ist die Ehe sehr viel seltener geworden, und warum ist die effektive Laufzeit des Vertrages so viel kürzer geworden?

Die einfache Antwort lautet, daß die Zeit, die mit Heimarbeit verbracht wird, drastisch gesunken ist und damit auch der Betrag an unternehmensspezifischem Kapital, den die Partner ansammeln, besonders die Ehefrau. Oben habe ich bemerkt, es sei nicht nötig, wenn man etwas zu essen haben will, seinen Metzger, Bäcker und Brauer zu heiraten. Tatsächlich war es aber vor ein paar hundert Jahren nicht ungewöhnlich, daß ein Mann mit seiner Bäckerin und Brauerin und eine Frau mit ihrem Metzger verheiratet war - alle drei Berufe wurden in erheblichem Ausmaß im heimischen Haushalt ausgeführt, besonders auf dem Lande.

Ein Faktor, der die heimische Produktion verringert hat, ist die zunehmende Spezialisierung gewesen. Schinken, Kleidung, Marmeladen und viele andere Dinge werden heute gewöhnlich in Massenproduktion hergestellt. Kleidung und Geschirr werden immer noch zu Hause gewaschen, aber ein Großteil dieser Arbeit wird von Maschinen übernommen.

Ein noch größerer Faktor war die enorme Senkung der Kindersterblichkeit. Es war einmal für eine Frau geradezu notwendig, Kinder nonstop zu gebären, um einigermaßen sicher sein zu können, daß drei oder vier davon bis ins Erwachsenenalter überlebten - mit dem Ergebnis, daß das Gebären und Aufziehen von Kindern praktisch ein Vollzeitjob war. In einer modernen Gesellschaft zeugt ein Paar, das zwei Kinder haben will, zwei Kinder.

Das Ergebnis dieser Entwicklungen bedeutete für einen Großteil, wenn auch nicht für die Gesamtheit der Bevölkerung, daß »Hausfrau« zur Teilzeitbeschäftigung wurde. Mit weniger Kindern und weniger an den Ehepartner gebundenem Kapital sind die Kosten für Scheidung sehr viel niedriger, als sie es noch vor wenigen Generationen waren.

Scheidung besteht nicht nur aus Kosten. Es gibt auch Vorteile; sonst würde niemand sich je scheiden lassen. Wenn die Vorteile bleiben und die Kosten reduziert werden, wird die Zahl der Fälle, in denen mindestens ein Partner feststellt, daß die Vorteile größer sind als die Kosten, steigen. Sie ist gestiegen.

Diamantene Ketten

Viele von uns halten den Brauch für selbstverständlich, brillantenbesetzte Verlobungsringe zu verschenken. Tatsächlich handelt es sich dabei um einen recht neuen Brauch; vor 1930 war ein derartiges Geschenk ungewöhnlich. Die Statistiken über Diamantenverkäufe sind bis auf die jüngste Vergangenheit nicht sehr vollständig, aber es sieht so aus, als sei der Gebrauch von Verlobungsringen in den Dreißigern und Vierzigern stark angestiegen, habe in den Fünfzigern seinen Gipfel erreicht und sei seitdem wieder ein Stück zurückgegangen. Warum?

Es gibt eine einfache Erklärung, die von der Wirtschaftswissenschaftlerin Margaret Brinig vorgeschlagen wurde. Vor 1935 erlaubten siebenundvierzig der damaligen achtundvierzig amerikanischen Bundesstaaten eine Anklage wegen Bruchs des Eheversprechens - Zivilprozesse, in denen eine Frau, die von ihrem Verlobten sitzengelassen wurde, auf Schadensersatz klagen konnte. Die Schadensersatzforderung konnte sich auf eine Reihe von Schäden stützen, aber der wirklich wichtige war der Verlust der Jungfräulichkeit, der auf dem Heiratsmarkt damaligen Zuschnitts dieChancen einer Frau auf Heirat beträchtlich schmälerte. Während Männer etwas dagegen hatten, eine Frau zu heiraten, die mit einem anderen geschlafen hatte, war Sex unter Verlobten üblich. Die Anklage wegen Vertragsbruchs diente dazu, der traditionellen männlichen Strategie von Verführung und Verlassen, wie sie in Liedern und Geschichten verewigt ist, etwas entgegenzusetzen.

Zwischen 1935 und 1945 wurde die rechtliche Verfolgung des Bruchs von Eheversprechen in etlichen Bundesstaaten abgeschafft, die zusammen ungefähr die Hälfte der amerikanischen Bevölkerung ausmachten; heute ist sie praktisch unbekannt. Brinig argumentiert, daß der Brauch, einen wertvollen Verlobungsring zu verschenken, den die Frau behalten durfte, wenn der Mann die Verlobung löste, sich als Ersatz herausbildete - als vorgeleistete Bekräftigung eines Bindungsversprechens, das sich rechtlich nicht mehr durchsetzen ließ. Sie stützt diese Vermutung mit einer sorgfältigen statistischen Untersuchung der verfügbaren Daten, die Diamantenimporte, Einkommen, Eheschließungsraten und rechtliche Veränderungen miteinander verbinden. In jüngerer Vergangenheit ist - nachdem weitere Veränderungen des Sexualverhaltens das Problem beseitigt haben, für das sowohl die Verfolgung wegen Bruchs des Eheversprechens als auch Brillantringe die Lösung waren - der Gebrauch von brillantenbesetzten Verlobungsringen wieder zurückgegangen.

»Ehegattensplitting«: Der Partnermarkt wird dereguliert

In unserer Gesellschaft sind nur monogame Ehen erlaubt - ein Ehemann, eine Ehefrau. In verschiedenen anderen Gesellschaften ist eine polygame Eheform der Vielweiberei (polygyn: ein Ehemann, zwei oder mehr Ehefrauen) und Vielmännerei (polyandrisch: eine Ehefrau, zwei oder mehr Ehemänner) ebenfalls legal oder legal gewesen.

Wie sähe die Auswirkung einer Legalisierung der Vielweiberei oder Vielmännerei auf die Wohlfahrt der Männer aus? Auf die Wohlfahrt der Frauen? Auf die saldierte Wohlfahrt aller Betroffenen?

In vielen Gesellschaften wird die Heirat von Zahlungen begleitet - ein Brautpreis, der vom Bräutigam oder seiner Familie an die Familie der Braut bezahlt wird, eine Aussteuer, die von der Familie der Braut dem jungen Paar zur Verfügung gestellt wird, und so weiter. Während ausdrückliche Zahlungen dieser Art nicht Teil unserer Eheinstitution sind (wenn man nicht die Ausrichtung der Hochzeit und die Hochzeitsgeschenke mitrechnet), so heiraten Leute doch mit einem gewissen allgemeinen Verständnis für die Bedingungen, auf die sie sich verpflichten: welche Freiheiten sich jeder mit den gemeinsamen Geldmitteln erlauben kann, welche Pflichten jeder von ihnen übernimmt und so weiter. Die Bedingungen dieses Einverständnisses entsprechen einem impliziten Preis, den die Partner einander zahlen.

Angenommen, eine Seuche läßt viele junge Frauen im heiratsfähigen Alter umkommen. Ein Ergebnis davon wird eine Verschiebung der Bedingungen der Heirat zugunsten der Frau sein - eine Kostensteigerung für Ehefrauen. Das ist dann besonders wahrscheinlich, wenn die Androhung der Scheidung verfügbar ist, um die Bedingungen des Vertrages durchzusetzen; falls sich der Mann, der vor der Hochzeit versprach, alles zu tun, was seine Frau wünschte, danach als weniger entgegenkommend erweist, wird irgendein anderer Mann bereit sein, seinen Platz einzunehmen.

Stellen Sie sich den Preis für einen Ehepartner als etwas vor, das in Relation zu irgendeinem »Standardvertrag« definiert ist. Jeder tatsächliche Ehevertrag läßt sich als der Standardvertrag zuzüglich oder abzüglich einer bestimmten Zahl von Dollars ansehen, die vom Ehemann an die Ehefrau gezahlt werden; »zuzüglich« bedeutet einen Vertrag, der der Frau stärker entgegenkommt als der Standardvertrag, »abzüglich« bedeutet einen, der weniger günstig ist. Angebot und Nachfrage funktionieren wie auf jedem anderen Markt. Die angebotene Quantität an Ehefrauen - die Zahl der Frauen, die gewillt sind zu heiraten - wird um so höher und die nachgefragte Menge um so niedriger sein, je höher der Preis ist. Das Modell ist symmetrisch; wir können genausogut von der nachgefragten und der angebotenen Menge von Ehemännern sprechen. Wie auf jedem Tauschmarkt ist jeder Marktteilnehmer Käufer und Verkäufer zugleich.

Auslassungen.

Einige Menschen sind es eher wert, geheiratet zu werden, als andere; die Definition des Standardvertrages sollte die Qualität des Ehepartners enthalten. Um Ihr Angebot auf Null hochzubringen - das Äquivalent des Standardvertrages -, müssen Sie den Vorteil, den Ihnen eine ungewöhnlich begehrenswerte Ehefrau bietet, dadurch ausgleichen, daß Sie ihr günstigere Bedingungen auf anderen Gebieten anbieten. Vielleicht verpflichten Sie sich, immer den Abwasch zu übernehmen.

Von diesem Standpunkt aus betrachtet ist Attraktivität eine Art Reichtum. Ein Mann oder eine Frau mit gutem Aussehen oder einem angenehmen Charakter ist reicher, hat einen besseren Zugriff auf die begehrenswerten Dinge des Lebens als jemand ohne diese Qualitäten, ganz so wie jemand, der eine Million Dollar geerbt hat, reicher ist als jemand, der sie nicht geerbt hat.

Noch immer lassen wir ein weiteres wichtiges Merkmal der Ehe aus: Nicht jeder hat die gleichen Vorlieben. Die Frau, die ich als einen absoluten Glücksfall unter zehntausend Fällen erkannt habe, wurde nicht einmal von einem anderen umworben, mit dem Resultat, daß ich sie zu ganz vernünftigen Bedingungen geheiratet habe; ich mußte mich nicht einmal verpflichten, immer den Abwasch zu machen. Andererseits waren einige der Frauen, die meine Freunde geheiratet haben, für mich nicht von geringstem Interesse. Und doch zogen meine Freunde sie offensichtlich vor, und zwar nicht nur gegenüber den verbleibenden Ledigen, sondern auch gegenüber dem Versuch, meine Zukünftige von mir wegzulocken.

Das Gleichgewicht auf dem Heiratsmarkt ist teilweise ein Problem von Angebot und Nachfrage, aber teilweise auch ein Problem der Klassifizierung unterschiedlicher Menschen im Hinblick auf unterschiedlichen Geschmack und unterschiedliche Attribute. Das ist eine Komplikation, die ich hier vernachlässigen werde, aber gern in eine ausführliche Untersuchung einbeziehen würde.

Was wäre die Auswirkung einer Legalisierung der Vielweiberei? Eine Möglichkeit zur Beantwortung dieser Frage ist eine formale Analyse unter Verwendung von Angebots- und Nachfragediagrammen wie denen, die wir zur Untersuchung der Auswirkung von Zöllen verwendet haben. Mathematisch interessierte Leser möchten dieses Problem vielleicht gern durcharbeiten. Ich werde mich hier darauf beschränken, es in sprachlicher Form vorzustellen.
Preis ist in Beziehung auf einen Standardvertrag definiert, der Monogamie als eines seiner Merkmale enthält. Ein Bigamist, dessen Angebot dem eines Monogamen gleichkommt, verspricht günstigere Bedingungen in anderer Hinsicht, um die Kosten für das Aufteilen eines Ehemanns auszugleichen. Da das Heiratsangebot eines Bigamisten zu jedem beliebigen Preis definitionsgemäß dem Angebot einer Monogamie zum selben Preis gleichwertig ist (vom Gesichtspunkt potentieller Ehefrauen aus), wird auch die Zahl von Frauen, die bereit sind, es zu akzeptieren, dieselbe sein. Die Legalisierung der Vielweiberei hat keine Auswirkung auf die Angebotskurve für Ehefrauen.

Die Legalisierung der Vielweiberei gestattet es einigen Männern, die zuvor nur eine Ehefrau haben wollten, den Versuch zu machen, statt dessen zwei zu heiraten -vorausgesetzt daß sie gewillt sind, Bedingungen anzubieten, zu denen potentielle Ehefrauen bereit sind, je einen halben Ehemann zu akzeptieren. Also verschiebt sich die Nachfragekurve für Ehefrauen nach außen. Die Angebotskurve bleibt gleich, die Nachfragekurve verschiebt sich, also muß der Preis steigen. Die Frauen stehen sich besser.

Die meisten Männer stehen am Ende mit nur einer Ehefrau und schlechter da, da sie ihr günstigere Bedingungen bieten müssen als zuvor. Die Auswirkung auf einen Ehemann mit zwei Ehefrauen ist ambivalent; er zieht zwei Frauen einer vor, aber vielleicht zöge er eine Frau zum alten Preis zweien zum neuen Preis vor.
Das saldierte Ergebnis ist ein Gewinn. Damit Sie das verstehen, stellen Sie sich vor, daß wir die Veränderung in zwei Schritten vornehmen. Der erste besteht darin, auf den neuen Preis überzuwechseln, während die Allokation von Ehemännern und Ehefrauen (zueinander) unverändert bleibt. Das ist ein reiner Transfer; Ehefrauen gewinnen, was Ehemänner verlieren. Der zweite Schritt besteht darin, Ehemännern und Ehefrauen zu gestatten, sich dem neuen Preis anzupassen. Männer, die jetzt nicht die Zahl der Frauen ändern, die sie haben, sind nicht betroffen; Männer, die in Reaktion auf den höheren Preis die Zahl der Ehefrauen, die sie haben, von einer auf Null reduzieren oder ihre Zahl über eins erhöhen, um sich die Legalisierung der Vielweiberei zunutze zu machen, und Frauen, die sich nach dem alten Preis nicht zur Heirat entschlossen haben, das zum neuen Preis aber tun, stehen sich besser. Ein reiner Transfer plus eine Verbesserung summieren sich zu einer Verbesserung.

Die Analyse der Auswirkungen einer Legalisierung der Vielmännerei fällt identisch aus, wobei die Rollen von Frauen und Männern getauscht werden. Da einige Frauen jetzt zwei (oder mehr) Ehemänner kaufen, verschiebt sich die Nachfragekurve für Ehemänner nach außen. Zum alten Preis für Ehemänner ist die nachgefragte Menge größer als die angebotene Menge, also steigt der Preis. Frauen, die nur einen Mann heiraten wollen, müssen, um ihn zu bekommen, in Konkurrenz zu den Frauen treten, die mehrere Männer heiraten, also müssen sie bessere Bedingungen anbieten als zuvor. Männer stehen sich besser, monogame Frauen schlechter und Frauen mit mehreren Männern entweder besser oder schlechter. Die saldierte Wirkung ist wiederum eine ökonomische Verbesserung, eine Wohlfahrtssteigerung.

Vielen Lesern mag diese Schlußfolgerung außergewöhnlich vorkommen -wie können Frauen sich durch Vielweiberei besser stehen und Männer durch Vielmännerei? Eine solche Reaktion wäre Ausdruck dessen, was ich in Kapitel 2 »naive Preistheorie« genannt habe: die Theorie, daß sich Preise nicht verändern. Wenn Vielweiberei eingeführt und nichts sonst verändert würde, stünden sich Frauen schlechter - außer denen, die es vorziehen, die Last eines Ehemannes zu teilen. Aber wenn Vielweiberei eingeführt wird, dann verändert sich doch etwas; die Nachfragekurve für Ehefrauen verschiebt sich nach oben, und das tut auch der Preis, der implizit im Ehevertrag enthalten ist. Frauen, die am Ende einen Ehemann haben, bekommen ihn zu günstigeren Bedingungen - er muß einer Frau mehr bieten wegen der Konkurrenz, in der er mit seinen polygynen Rivalen steht.

Diejenigen, die eine polygyne Ehe akzeptieren, tun das, weil der gebotene Preis ausreichend hoch ist, um für sie den Nachteil mindestens wettzumachen, einen Ehemann zu teilen.
Das Ergebnis sähe weniger paradox aus, wenn wir Autos und Autokäufer für Ehefrauen und Ehemänner (oder Ehemänner und Ehefrauen) einsetzen würden. Angenommen, es gebe ein Gesetz, das es jedem verbietet, mehr als einen Wagen zu besitzen. Die Abschaffung dieses Gesetzes würde die Nachfrage nach Autos erhöhen. Autoverkäufer stünden sich besser. Käufer, die sich die neue Gelegenheit nicht zunutze machten, stünden sich schlechter, da sie einen höheren Preis zu bezahlen hätten. Käufer, die mehr als einen Wagen kauften, stünden sich besser, als hätten sie nur einen Wagen zum neuen Preis gekauft (das ist es, was sie sonst getan hätten), aber nicht notwendigerweise besser, als hätten sie einen Wagen zum alten Preis gekauft, eine Option, die ihnen nicht länger offen steht.

Wenn ich davon spreche, daß Frauen sich »nach« der Legalisierung der Vielweiberei besser stehen würden, so hört sich das so an, als beschriebe ich eine Zukunft, in der sich einige Männer nach der Legalisierung der Vielweiberei von einer Frau scheiden lassen, um zwei andere zu heiraten, und einige Frauen darauf bestehen würden, ihre Eheverträge nachzuverhandeln. Aber das ist irreführend; hier, wie in ähnlichen Diskussionen an anderer Stelle, bezeichnen »vor« und »nach« Stufen der Untersuchung, nicht der untersuchten Welt selbst. Ich vergleiche zwei alternative Zukunftsbilder, eines mit Vielweiberei (oder Vielmännerei) und eines ohne sie. Der Mann, der eine Frau geheiratet hätte, wenn die Vielweiberei illegal geblieben wäre, Frauen oder hält dem Preisdruck des Marktes nicht stand und bleibt Junggeselle.

Geld, Schönheit und Folklore

»Die dunkle Maid hat Hof und Ländereien, die schöne blonde Eilender hat nichts.«
[Nr. 73 aus The English und Scottish Populär Balhtds, gesammelt von Francis James Child]
Ein junger Mann in einem Volkslied muß zwischen zwei Frauen wählen, einer schönen und einer reichen. Fast unvermeidlich entscheidet er sich für die reiche. Das Resultat ist eine Tragödie; mindestens zwei und oft alle drei Beteiligten sind am Ende tot. Die Lektion ist klar: Heirate die schöne Frau.
In solchen Liedern kommt klar zum Ausdruck, daß es schlecht ist, eine Frau um des Geldes willen zu heiraten, aber durchaus nicht, sie um ihrer Schönheit willen zu heiraten. Weniger deuüich ist, warum das so ist.

Zugegeben: Die dunkle Maid (von dunkler Haarfarbe, daher weniger attraktiv als die hellhaarige Eilender) hat nichts dazu getan, ihren Reichtum zu verdienen; man könnte daher die Auffassung vertreten, daß sie es nicht verdient, Lord Thomas zu bekommen. Aber die schöne Eilender hat auch ihre Schönheit nicht verdient. Beide haben sich lediglich die richtigen Eltern ausgesucht, die eine im Hinblick auf Reichtum, die andere in Hinsicht auf Aussehen. Warum sollte es darum gut und edel für Lord Thomas sein, Reichtum um der Schönheit willen zu verschmähen, und niedrig und böse für ihn, die Schönheit um des Reichtums willen zu verschmähen?

Eine mögliche Antwort ist vielleicht, daß die Erzählung von etwas abhängt, das ich bislang außer acht gelassen habe. In der Welt der Folklore - und in vielen, vielleicht den meisten menschlichen Gesellschaften - sind Braut und Bräutigam nicht die einzigen, deren Interessen durch ihre Heirat betroffen sind, noch sind sie die einzigen, die ein gewisses Maß an Verfügungsgewalt darüber haben. Wenn Lord Thomas die schöne Eilender heiratet, wird er der einzige sein, dem ihre Schönheit zugute kommt; wenn er die dunkle Maid heiratet, haben seine Eltern Grund zu der Hoffnung, daß sie etwas von ihrem Reichtum in die Hände bekommen. Vielleicht rechnen sie damit, im Alter unterstützt zu werden. Es ist Lord Thomas' Mutter, die ihn überzeugt, die dunkle Maid zu heiraten.

Wenn es das ist, was sich abspielt, ist nur allzu deutlich, auf welcher Seite des Generationenkonflikts der Sänger - oder zumindest das ins Auge gefaßte Publikum - steht.

DIE ÖKONOMIE DES ALTRUISMUS

Ich habe mehrfach behauptet, daß die Ökonomie Ziele unterstellt, daß diese aber nicht notwendigerweise egoistische Ziele sein müssen; das werde ich jetzt gleich beweisen.

Denken Sie sich zwei Menschen: die Altruistin Anne und den Begünstigten Bernd, vielleicht Mutter und Kind. Der Altruist kümmert sich um das Wohlergehen des Begünstigten. Das tut auch der Begünstigte. Falls Sie diese Asymmetrie unplausibel finden, fragen Sie beliebige Eltern.
Anne verfugt über einen begrenzten Geldbetrag, den sie auf zwei Güter aufteilt: ihren Eigenverbrauch und Bernds. Indem sie Einkommen auf Bernd transferiert, senkt sie die Menge eines Guts und steigert die Menge eines anderen, genauso wie die Konsumentin aus Kapitel 3, die sich auf ihrer Budgetgeraden nach unten bewegte.
Angenommen, Annes Einkommen beträgt $ 75 die Woche und Bernds $ 25. Wenn sie ihm nichts abgibt, sind das die Beträge, die beide konsumieren. Wenn sie ihm alles gibt, wird sie nichts konsumieren, und er wird einhundert Dollar die Woche konsumieren. Zwischen diesen Extremen gibt es ein Spektrum von Alternativen, unterschiedlichen Aufteilungen des kombinierten Einkommens, die unterschiedlichen Beträgen entsprechen, die sie ihm abgeben könnte.
Die Lage wird in Abbildung 21-1 gezeigt. Annes Haushaltsoptimum, an dem ihre Budgetgerade eine Tangente an ihre Indifferenzkurve ist, ist Y. Sie gibt Bernd $ 15, womit sie selbst $60 und er $40 hat.
Angenommen, ihr Einkommen steigt auf $90, und seines sinkt auf $ 10. Ihre Alternativen werden von ihrer neuen Budgetgeraden angezeigt. Sie schließen die
Gesamtheit der Punkte auf der alten Budgetgeraden ein und enthalten einige neue. Die neuen Punkte sind allesamt Punkt Y unterlegen, da sie unterhalb der zugehörigen Indifferenzkurve liegen. Sie erhöht ihren Transfer um $ 15. Die Konsumverteilung hegt wieder bei Y.
Aus Annes Sicht stellt Y die ideale Aufteilung von einhundert Dollar zwischen ihr selbst und Bernd dar. Solange das gemeinsame Einkommen bei einhundert Dollar liegt und solange Anne mindestens sechzig davon hat, hat sie die Option, sich zu Y hinzubewegen - und wird es tun. Daraus folgt, daß sowohl aus Annes wie aus Bernds Sicht alle derartigen Einkommenskombinationen - einhundert und null, neunzig und zehn, sechzig und vierzig - äquivalent sind. Alle führen zum selben Konsummuster für den Altruisten wie für den Begünstigten.
Am Betrag von einhundert Dollar ist überhaupt nichts Besonderes; das Argument gilt für jedes Einkommen. Solange die Altruistin mit genügend Geld beginnt, um ihre bevorzugte Aufteilung erreichen zu können, ist es nur noch die Gesamtaufteilung, nicht die ursprüngliche, auf die es ankommt.
Da es das gemeinsame Einkommen der beiden ist, das bestimmt, mit wieviel der Begünstigte zum Schluß dasteht, wird es im Eigeninteresse eines rationalen Begünstigten liegen, ebensoviel Aufmerksamkeit darauf zu verwenden, das Einkommen des Altruisten zu erhalten, wie das eigene zu erhalten. In dieser Hinsicht verhält sich der Begünstigte eher so, als wäre er selbst Altruist - wenn er auch gleichgültig gegenüber dem Wohlergehen des Altruisten ist.
Der Gedankengang läßt sich verallgemeinern, wenn man einen Altruisten als jemanden definiert, bei dem der Nutzen für jemand anderen eine der Variablen ist, von der sein eigener Nutzen abhängt. Die Verallgemeinerung des Ergebnisses besteht darin, daß es im Interesse des Begünstigten liegt, jede Maßnahme zu ergreifen, die eine ökonomische Verbesserung (eine Wohlfahrtssteigerung) für die Zwei-Personen-Gesellschaft aus Altruist und Begünstigtem darstellt. Jede solche Veränderung wird die Lage des Begünstigten verbessern, sofern wir in unsere Berechnungen die Auswirkung einbeziehen, die die Veränderung auf den Betrag hat, den der Altruist zu transferieren wünscht. Ich habe dieses Ergebnis graphisch für einen einfachen zweidimensionalen Fall dargestellt, bei dem alle Veränderungen geldlicher Art sind; der Beweis in einem allgemeineren Fall (in dem der Verlust aus einem gebrochenen Arm, einer zerbrochenen Fensterscheibe oder gar einem gebrochenen Herzen bestehen kann) ist ähnlich, aber komplizierter. Wie im einfacheren Fall ist das Ergebnis auf Situationen begrenzt, in denen der Altruist reich genug ist, um in der Lage zu sein, den Punkt der bevorzugten Aufteilung zu erreichen.

Es ist leicht, dies als ein Spiel von Drohung und Entzug mißzuverstehen: Wenn der Begünstigte dem Altruisten weh tut, bestraft ihn der Altruist durch Verminderung des Transfers, also erkennt der Begünstigte, daß es in seinem Interesse liegt, seinen Begünstiger nicht vor den Kopf zu stoßen. Das ist nicht das, was hier vor sich geht. Nichts an diesem Gedankengang hängt davon ab, daß der Altruist weiß,daß der Begünstigte für die Veränderung verantwortlich ist. Es wird exakt dasselbe eintreten, wenn eine Veränderung von irgendeinem Dritten erwirkt wird oder vom natürlichen Lauf der Dinge.
Wenn die Veränderung unter dem Strich eine Verbesserung ist, stehen sowohl der Begünstigte als auch der Altruist nach der Veränderung besser da - und nach der sich daraus ergebenden Veränderung des Transferbetrages, die der Altruist wählt. Wenn es sich unter dem Strich um einen Verlust handelt, stehen beide schlechter da.

Das Theorem vom schlimmen Kind

Denken Sie sich eine Situation mit einem Altruisten (»Elternteil«) und zwei Begünstigten (»Kindern«). Eins dieser Kinder ist ein schlimmes Kind, das Spaß daran hat, seine kleine Schwester zu treten. Die Analyse, die ich gerade beschrieben habe, impliziert, daß das schlimme Kind besser dran wäre, seine Schwester nicht zu treten, falls der Gegenwert in Dollar, den das Treten der Schwester für es hat (die Zahl an Dollars im Gegenwert des Konsums, den es, falls notwendig, aufgeben würde, um das zu tun), geringer wäre als die in Dollar gemessenen Kosten für die Schwester, getreten zu werden. Nachdem das Elternteil als Reaktion auf den gestiegenen Nutzen des schlimmen Kindes und den gesunkenen Nutzen der getretenen Schwester seine Aufwendungen für die beiden Kinder angepaßt hat, wird das schlimme Kind mehr verloren haben, als es gewonnen hat. Auch hier hängt der Gedankengang nicht davon ab, daß das Elternteil den Tritt beobachtet, sondern nur, daß es beobachtet, wie glücklich die beiden Kinder sind.

Dieses Ergebnis - daß ein schlimmes Kind, das die Auswirkungen elterlichen Altruismus angemessen berücksichtigt, es in seinem Eigeninteresse finden wird, seine kleine Schwester nur dann zu treten, wenn das auch effizient ist - ist bekannt als das Theorem vom schlimmen Kind. Wegen der eigenartigen Nutzenfunktion des Altruisten - die den Nutzen für die Begünstigten selbst schon als bestimmende Größen enthält - stellen sowohl der Altruist wie auch die Begünstigten fest, daß es in ihrem Eigeninteresse liegt, die Effizienz zu maximieren, also Entscheidungen danach zu treffen, ob die saldierte Auswirkung auf den Altruisten und die Begünstigten eine ökonomische Verbesserung darstellt oder nicht.

Altruismus und Evolution

Gary Becker, der Ökonom, dessen Gedanken ich hier beschrieben habe, hat diese als Lösung für eines der Rätsel der Soziobiologie angeboten: die Existenz des Altruismus. Wenn wir tatsächlich, wie die Evolutionstheorie zu implizieren scheint, von der Evolution nach unserer Fähigkeit selektiert worden sind, unseren reproduktiven Interessen zu dienen (grob gesagt, uns so zu verhalten, daß wir so viele Nachkommen wie möglich haben), müßten diejenigen, die ihr Interesse dem Interesse anderer opfern, ausselektiert worden sein. Und doch scheint Altruismus bei ganz verschiedenen Arten vorzukommen, möglicherweise unter Einschluß der unseren.

Eine mögliche Erklärung dafür liegt darin, daß Altruismus innerhalb der Familienbande (am augenscheinlichsten gegenüber den eigenen Kindern, aber das Argument gilt auch für andere Verwandte) vom Standpunkt der Evolution aus betrachtet nicht wirklich Altruismus ist; ich diene meinem Reproduktionsinteresse, wenn ich meine Kinder am Leben erhalte, da sie meine Gene weitertragen. Damit bleibt immer noch Altruismus gegenüber Nichtverwandten als zu lösendes Rätsel.

Beckers Argument ist es, daß Altruismus auf dem Wege des oben beschriebenen Mechanismus kooperatives Verhalten erzeugt und damit dem Altruisten wie dem Empfänger dient, wobei es jedem Empfänger einen Anreiz gibt, sich effizient im Sinne der gesamten Gruppe zu verhalten. Eine Gruppe, die einen Altruisten enthält, wird erfolgreicher sein als eine, die keinen enthält: Sie wird mehr überlebende Nachkommen haben, und ihre Gene, darunter auch die Gene für Altruismus, werden immer weiter verbreitet.

Wenn auch der Altruist den Reproduktionserfolg der eigenen Gruppe gegenüber anderen Gruppen fördert, opfert er doch seinen eigenen Reproduktionserfolg im Verhältnis zu anderen Mitgliedern der eigenen Gruppe, indem er Ressourcen von sich selbst auf sie transferiert. Wenn Beckers Analyse zutrifft, sollten Gene für Altruismus im Laufe der Zeit innerhalb von Gruppen seltener werden, die einen oder mehr Altruisten enthalten, aber die Gene solcher Gruppen insgesamt sollten im Laufe der Zeit häufiger werden; nur wenn der zweite Prozeß den ersten mindestens aufwiegt, wird der Altruismus überleben.

Die schöne Eilender und des schlimme Kind

Im ersten Teil dieses Kapitels habe ich gefragt, warum es besser ist, jemanden seiner Schönheit wegen zu heiraten als seines Geldes wegen. Jetzt haben wir eine mögliche Antwort. Es wird allgemein angenommen, daß Schönheit einer der Gründe ist, aus denen sich Männer in Frauen verlieben, Reichtum aber nicht. Unsere Analyse des Altruismus legt nahe, daß Menschen leichter zusammenarbeiten, wenn einer von ihnen ein Altruist gegenüber dem anderen ist, da es dann im Interesse sowohl des Altruisten als auch des Begünstigten liegt, das gemeinsame Wohlergehen zu maximie-ren.

Lord Thomas ist in die schöne Eilender und nicht in die dunkle Maid verliebt, wovon er diese unverzügUch nach der Hochzeit in Kenntnis setzt - mit dem Resultat, daß die dunkle Maid die schöne Eilender ersticht, Lord Thomas die dunkle Maid tötet und zu guter Letzt Lord Thomas sich selbst umbringt, womit er dem Lied ein Ende setzt und vermutlich seinen Eltern eine Lektion erteilt. Wenn wir bereit sind, »Verliebtsein« mit Altruismus zu identifizieren, ist die Moral des Liedes vielleicht zutreffend. Wenn Sie die schöne Frau heiraten, bekommen Sie nicht nur Schönheit, sondern auch den Vorteil, Teil eines effizienten Haushalts zu sein - der von Ihrem eigenen Altruismus koordiniert wird.

Natürlich funktioniert das nur in einer Richtung; wir haben keinen Grund zu der Annahme, daß die Schönheit der schönen Eilender auf irgendeine Weise die Wahrscheinlichkeit erhöht, daß sie sich Lord Thomas gegenüber altruistisch verhält. Aber das ist kein wichtiger Einwand gegen das Argument; wir wissen, vom Theorem des schlimmen Kindes, daß ein Altruist in der Familie ausreicht.
Ein gewichtigerer Einwand ist, daß nicht klar ist, wie eng die Beziehung zwischen »Verliebtsein« und Altruismus ist; die Reaktion der schönen Eilender darauf, daß sie von dem Mann sitzengelassen wurde, den sie »liebte«, bestand darin, daß sie sich aufs schönste herausputzte (»in jedem Dorf, durch das sie ging, als Königin sie schien«) und hinging, um ihrem Exfreund die Hochzeit zu verderben. »Verliebtsein« scheint eine Mischung von Emotionen zu beschreiben, von denen manche weit davon entfernt sind, altruistisch zu sein. In welchem Maße Elemente dieser Mischung, die in Verbindung mit körperlicher Schönheit stehen, mit Altruismus zu tun haben, und, falls sie das tun, inwieweit es wahrscheinlich ist, daß sie die ersten sechs Monate der Ehe überleben, ist
eine offene Frage.

Geschenk kontra Geld

Warum schenken Menschen jemals etwas anderes als Geld? Wenn jede Person ihre eigenen Interessen kennt, steht sie sich sicherlich besser, wenn sie Geld bekommt und damit kauft, was sie sich wünscht, anstatt das zu bekommen, was die schenkende Person beschlossen hat zu kaufen.

Es gibt zwei offensichtliche Gründe dafür, etwas anderes zu schenken als Bargeld. Der erste ist, daß der Schenkende irgendein Ziel verfolgt, das nicht im Wohlergehen des Empfängers besteht. Ich gebe Ihnen vielleicht ein Stipendium, nicht weil ich Sie mag, sondern weil ich möchte, daß es mehr gut ausgebildete Personen in der Gesellschaft gibt oder mehr clevere Studenten an meiner Hochschule.

Ein zweiter Grund für eingeschränkte Geschenke ist Bevormundung. Wenn Sie glauben, daß Sie besser wissen als der Beschenkte, was gut für ihn ist, werden Sie den natürlichen Wunsch haben, zu beeinflussen, wofür er Ihr Geld ausgibt. Das Paradebeispiel dafür ist der Umgang von Eltern mit ihren Kindern.
Es springt nicht unbedingt ins Auge, daß Bevormundung eine vernünftige Strategie selbst gegenüber Kindern ist. Als ich noch ganz klein war, reiste meine Familie mit dem Zug von Chicago nach Portland in Oregon, um die Großeltern zu besuchen. Die Reise dauerte drei Tage und zwei Nächte. Mein Vater stellte mich und meine Schwester vor die Wahl, entweder einen Schlafwagenplatz zu bekommen oder im Abteil zu sitzen und das Geld zu bekommen, das die Schlafwagenplätze gekostet hätten. Wir nahmen das Geld.
Das bringt uns zu der Frage zurück, warum wir etwas anderes schenken als Geld - unseren Freunden und selbst unseren Eltern zu Weihnachten, zu Geburtstagen und ähnlichem. Selbst wenn Bevormundung angemessen gegenüber den eigenen Kindern ist, scheint sie schwerlich eine angemessene Haltung gegenüber den eigenen Eltern zu sein. Eine mögliche Antwort liegt darin, daß wir in dieser besonderen kleinen Angelegenheit wirklich glauben, ihre Interessen besser zu kennen als sie selbst - wir schenken ein Buch, das wir gelesen haben, und von dem wir sicher sind, daß sie es mögen werden. Ich bezweifle, daß diese Erklärung ausreicht; häufig machen wir Leuten Geschenke, bei denen wir keinen besonderen Grund haben, davon auszugehen, daß sie sie mögen werden.

Ich habe den Verdacht, daß die richtige Antwort irgendwie mit der Feindseligkeit gegenüber Geld verknüpft ist, gerade in persönlichen Beziehungen, die so charakteristisch für unsere Gesellschaft zu sein scheint. Denken Sie beispielsweise an die Zahl von Männern, die überhaupt nichts Ungehöriges dabei finden, eine Frau in der Hoffnung auf erwiderte Gunst später am Abend in ein teueres Restaurant ausführen, aber nicht im Traum daran denken würden, ihr Geld zum selben Zweck anzubieten.
Eine solche Erklärung führt zu einem weiteren Problem - zu erklären, warum unsere Gesellschaft dem Gebrauch von Geld feindselig gegenübersteht, besonders in persönlichen Beziehungen. Als Ökonom würde ich gern eine ökonomische Erklärung selbst für »anti-ökonomisches« Verhalten finden. Ich arbeite noch daran.

Zweifel einmal beiseite ...

Einige von Ihnen werden sich fragen, ob ich wohl erwarte, daß Sie dieses Kapitel ernst nehmen. Glaube ich wirklich, daß Liebe und Ehe mit der abstrakten Logik der Ökonomie analysiert werden können? Glaube ich wirklich, daß ein sieben Jahre alter Junge, der entscheidet, ob er seine kleine Schwester treten soll oder nicht, eine Kosten-Nutzen-Rechnung ausarbeitet, die sich auf wirtschaftstheoretische Grundlagen stützt, wie sie von fast niemandem ohne einen Doktorgrad in Wirtschaftswissenschaften verstanden würde?
Die Antwort lautet, »Ja, aber«.

Ich glaube, daß die Analyse in diesem Kapitel nützlich für das Verständnis von Liebe, Ehe und Kindern ist, wie sie im wirklichen Leben vorkommen. Ich glaube nicht, daß die Analyse ausreichend für ein solches Verständnis ist, wenn man nicht gleichzeitig eine ganze Menge darüber weiß, wie es ist, menschlich zu sein, zu lieben, ein Kind zu sein, Eltern zu sein. Ich glaube auch keineswegs, daß, wenn die Theorie mit dem kollidiert, was wir im wirklichen Leben beobachten, das wirkliche Leben die Pflicht hat, einen Schritt zurück zu tun; ich bin nicht gewillt, mit den Worten eines berühmten deutschen Philosophen, der mit unwillkommenen Gegenbeweisen konfrontiert wurde, zu sagen: »Um so schlimmer für die Tatsachen.«

Die Ökonomie ist eine Methode zum Verständnis des wirklichen Lebens. Um herauszufinden, ob Sie erfolgreich waren, achten Sie darauf, wie gut die Vorhersagen der Theorie zu dem passen, was Sie in Wirklichkeit beobachten. Sie werden wohl kaum vollkommen passen, aber eine unvollkommene Theorie kann immer noch besser sein als gar keine Theorie.

Soweit dazu. Auch wahr ist allerdings, daß für manche von uns die Entwicklung ökonomischer Theorien, besonders ökonomischer Theorien über Dinge, die jedermann sonst als etwas betrachtet, das außerhalb des Bereichs der Wirtschaftswissenschaften liegt, ein unterhaltsames Spiel ist und vielleicht sogar eine Kunstform. Solange sie nur das ist, läßt sich die Theorie am besten nach künstlerischen Kriterien beurteilen: Eleganz und Konsistenz. Erst wenn wir damit aufhören, Theorien zum Spaß zu entwerfen, und damit beginnen, sie an der wirklichen Welt zu überprüfen, wird die Wirtschaftswissenschaft ebenso Wissenschaft wie Kunst und ihre Analysen ebenso nützlich wie unterhaltsam.
- Überlegen Sie mal! -
Angenommen, meine Schwester und ich haben unser eigenes Interesse zutreffend eingeschätzt, als wir Geld statt der Schlafwagenplätze auf unserer Zugfahrt wählten. Warum hätte es dennoch zu einem ineffizienten Resultat führen können, uns überhaupt vor die Wahl zu stellen? (Bei dieser Aufgabe hilft es, selbst Kinder zu haben).
Tips zum Weiterlesen
Als vertiefte Diskussion der Ökonomie der Ehe (und anderer Dinge) empfehle ich Gary Becker, A Treatise on the Family (Cambridge: Harvard University Press, 1981).

Keine Kommentare: