Mittwoch, 13. Dezember 2006

Für Intellektuelle - Wie ist Geschlecht möglich

Wie ist Geschlecht möglich



Technische Universität Berlin
Fachbereich VII, Umwelt und Gesellschaft
(Mackensen/Jokisch)
Rohrdamm 20/116
13629 Berlin

Zitat
58 Im Kontext dieses Problems und auf die Mann/Frau-Unterscheidung zugeschnitten, führt Luhmann drei mögliche Lösungen vor, die seiner Meinung nach als unzulänglich und daher als unakzeptabel anzusehen sind. Da ist zunächst
1) der Vorschlag von Spencer Brown selber, der mit Hilfe der Kategorie ‘Liebe’ der Mann/Frau-Differenz ihre Differenz entzieht: Im Akt der Liebe verschmelzen Mann und Frau zu einer Einheit, die jeglicher Unterscheidung ermangelt (125). Eine zweite Lösung
2), die vornehmlich aus dem feministischen Lager stammt, besteht darin, jede Orientierung am Mann abzulehnen, was ebenfalls zur Aufhebung der Differenz führt. Eine ausschließlich weibliche Identität verführt nämlich dazu, diese entlang dem weiblichen Körper zu gewinnen. Wozu aber eine weibliche Identität, wenn nicht im Hinblick auf eine männliche? (126) Außerdem stellt die Leiblichkeit ein sozial nicht mehr greifbares Phänomen dar. Auf diese Bemerkung Luhmanns sind wir bereits oben ausführlich eingegangen (127). Eine dritte Lösung des Problems ist
3) in der Praxis einer Umkehrung der 'ehemaligen' Hierarchiesemantik zu sehen. Frauen unterstreichen die Zeitweiligkeit der erstrebten Bevorzugung ihres 'Frauen-Seins’ - sie solle nur bis zur vollständigen Herstellung von Gleichheit andauern.
Dies hat folgende bereits jetzt schon voraussehbare Konsequenzen:
Zum einen kann der Prozeß der Gleichheit mangels eindeutiger Kriterien unendlich betrieben werden: die ‘Zetweiligkeit’ kann also ‘ewig’ andauern;
zum anderen ist eine Übernahme der gleichen Praxis durch Männer, die sich auf Grund der Bevorzugung von Frauen ihrerseits benachteiligt fühlen, sehr wahrscheinlich.
Man sieht, wenn schon Gleichheit, dann Gleichheit für alle. Nur in dieser Form kann der hochkünstliche Zustand, den die Semantik der Gleichheit produziert, toleriert und akzeptiert werden (128).

Zitat Ende.

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