Diese Strategien beruhen auf der männlichen Eigenschaft, für die Gegenwart und Dienste schöner Frauen, viel Geld und Resourcen springen zu lassen, und auf der Bereitschaft eben dieser Frauen, für entsprechende Männer die gewünschten Attribute und Dienste auch bereitzustellen.
Hier wird auch verständlich, warum Prostitution als Gewerbe möglich, und kein zu verurteilendes Phänomen menschlichen Sexualverhaltens ist, sofern es auf Freiwilligkeit beruht.
Es ist wie mit dem Kindchenschema. Frauen betreiben Kinderbetreuung und Kinderpflege keineswegs, d.h. eigenlich meist überhaupt nicht, aus ethischer Überzeugung, sondern schlicht, weil es ihnen Spaß macht. Und Männer umgeben sich gerne mit schönen Frauen oder genießen einfach den Sex mit ihnen, auch wenn es eine Menge Geld kostet, weil es Spaß macht und nicht, um hier Macht auszuleben. Man würde ja auch der pflegenden und betreuenden Mutter nicht unterstellen, dass sie hier gegenüber dem hilflosen Kind ihre Machtgelüste auslebt, wobei wir uns alle einig sind, dass auch das eine gewisse Rolle spielt, abgeschwächt in dem Wunsch, gebraucht zu werden.
Faz.Net
Oksana Robski
Was meinen Sie mit rein ökonomischem Kalkül? „Ich beschreibe einfach das Verhältnis von Mann und Frau. In Deutschland dürfte das ähnlich aussehen.“
Oksana Robski, die anmutige Ideologin der zwischenmenschlichen Marktwirtschaft, scheint das Erstaunen, das ihr Romandebüt „Babuschkas Töchter“ bei ausländischen Lesern auslöst, nicht zu verstehen.
Der Frauenthriller, der im vergangenen Jahr unter dem Titel „Casual“ erschien und ein Bestseller wurde, schildert den weiblichen Konkurrenzkampf in der Welt der Superreichen. Die Heldin, Witwe eines untreuen Mannes, den ein Killer niederstreckte, schwingt sich zur Rächerin auf, ist aber dabei vor allem eine kundige Führerin durch den Alltag auf dem Olymp der Rubljowka-Millionärsmeile westlich von Moskau. Über dreihundert Seiten durchwandert man mit ihr jenes Paradies, dessen Bewohnerinnen am Swimmingpool Cocktails schlürfen und dank Schönheitschirurg jedem Mann den Kopf verdrehen. Oksana Robskis Figuren, die sie aus diversen Zeitgenossen zusammengestückelt hat, wissen, wann ein unwiderstehliches Lächeln aufzusetzen ist. Ihr Auge erfasst sekundenschnell Designerkleidung und erkennt, welcher Mann eine Liebschaft wert ist. „Jede Frau wünscht sich einen Prinzen“, sagt Oksana Robski und setzt dabei ihren Kinderblick auf. Vermögen kann da natürlich nicht schaden. Für Amerikaner sei das längst ein Allgemeinplatz.
Popliterarische Diagnostikerin
„Dass ihr Journalisten euch immer an den russischen Reichen festbeißt!“, stöhnt Oksana Robski raubkatzenträge. Große Vermögen seien nun mal Teil des modernen Lebens. In Russland entstanden sie nur etwas plötzlich. Zum Gespräch ist die schöne Oksana im schwarzen Armani-Jäckchen erschienen. Passend zum transparenten Natur-Make-up trägt sie einen harzig-holzigen Duft aus dem Pariser Exklusiv-Labor von Frederico Male. Sie bevorzuge geschlechtsneutrale Aromen, bekennt die Gruppenporträtistin der herrschenden Klasse in ihrem Land. Ihre unsentimentale Beobachtungsgabe prädestiniert Oksana Robski, die sich das Schreibhandwerk beim Universitätsstudium antrainierte, auch zur popliterarischen Diagnostikerin.
Der Roman „Babuschkas Töchter“, bei dem Moskauer Literaten die Hand eines Ghostwriters wittern, kredenzt sozialanatomische Studien als süßscharfes Tränen- und Pistolengenre. Die Heldin, die den lebenden Gatten verlassen wollte, entflammt zum Toten in Leidenschaft und verwandelt sich in eine Nemesis-Furie. Die Liebe sei ihr zentrales Thema, sagt Frau Robski. In der attraktiven Ich-Figur ihres Elitekrimis weckt die Liebe eine Art weiblichen Dschingis Khan. Weil sie erste Schuldvermutungen nicht überprüft, erledigt ihr Rachekiller einen Unschuldigen. Ihre Nebenbuhlerin, die vermeintlich das Kind des Toten im Leib trägt, macht sie sich durch Wohltaten untertan. In Gefahr, ihre schicke Villa an der Rubljowka-Chaussee zu verlieren, gründet sie eine Molke-Kosmetik-Firma und lernt nebenbei, mit erpresserischen Beamten und verräterischen Mitarbeitern umzugehen. Dass sie damit über die klassische Frauensphäre hinauswächst, merkt Robskis Alter Ego, als sie sich als Geschäftsfrau erstmals von Männern ernst genommen fühlt.
Untreue und Schläge
Freilich, auch das „unernste“ Dasein als Gefährtin eines Rubljowka-Prinzen ist ein hartes Geschäft. Robskis Grazien ertragen Untreue oder Schläge des Mannes, bemühen sich, ihm Nachkommen zu schenken, und müssen ständig fürchten, ihn an eine andere zu verlieren. Einer hoffnungsvollen Braut, die romantische Bande zu einem Möbelunternehmer knüpft, raten Freundinnen, sich sofort die Wohnung von ihm einrichten zu lassen.
Mit ihrem Büchlein, über das Intellektuelle die Nase rümpfen, wurde Oksana Robski zum Macchiavelli der russischen Erotik. Der Skandal liegt darin, dass sie ausspricht, was fast alle tun. Tatsächlich halten sich Russlands Superreiche eine oder mehrere Geliebte am liebsten wie Spielzeug, weiß Marcello Prospato, professioneller Moskauer Millionärsberater aus Italien. Die Mädchen müssen jederzeit abrufbar sein und alle Launen bedienen, sagt Marcello, wobei er missbilligend über seine Schützlinge den Kopf schüttelt. Dafür können sie ihm fast jedes kostspielige Geschenk abknöpfen. Westliche Verehrer der russischen Venus klagen oft, eine neue Freundin würde ihnen sofort lange Wunschlisten vorlegen. Oksana Robski ist unbeeindruckt. „Solche Männer bekommen, was sie verdienen. Ich würde diese Leute fragen, wo sie ihre Damenbekanntschaften machen. Sicher nicht im Puschkin-Museum.“
Kleider als Tarnkappen
Robskis Roman-Halbgöttinnen, die den Sprung in den Rubljowka-Himmel geschafft haben, genießen es, sich zarinnenhaft jeden Wunsch zu erfüllen. Den Anbruch der warmen Jahreszeit begeht die Damengesellschaft mit einem „Osterspaziergang“, der den am Wege liegenden Boutiquen fünfstellige Dollarsummen beschert. Europäische Mode-Ästheten glaubten, durch Kleidung und Aufmachung unterstreiche man seinen inneren Charakter, hat die Journalistin Jelena Rjumina beobachtet, im Nebenberuf Image-Pflegerin für Vermögende. Bei unseren Finanztitanen ist es umgekehrt, erfährt man von Frau Rjumina. Da übermalt Designermode den leeren Persönlichkeitskern. Wie zur Bestätigung zieht die Heldin in Oksana Robskis zweitem, noch nicht auf Deutsch erschienenem Buch „Der Glückstag ist morgen“ (Den' stschastija sawtra) Kleider an wie Tarnkappen. Valentino macht einen zur Lady, hat sie festgestellt. Im grellen Fetzen von Roberto Cavalli hingegen werde man zu einer, deren Ehemann endlich auf Geschäftsreise gefahren ist.
Solidarisch sein mit der Epoche, lautet das Credo von Oksana Robski. Als wandelbare Geschäftsfrau, die drei Ehen hinter sich hat, ist sie selbst ein Symbol der Epoche. Bewundert viel und viel gescholten bewohnt sie an der Rubljowka-Chaussee eine 850-Quadratmeter-Villa. Frau Robskis zweiter Mann wurde ermordet, der dritte half ihr, wirtschaftlich selbständig zu werden. Anders als die Romanfigur besaß das Original die deutsche Staatsbürgerschaft. Durch diese Verbindung hat sie verstanden, dass sie es in Europa nicht aushalten könnte. Schon gar nicht in Deutschland, bekennt sie und spreizt die manikürten Finger. Dort sei alles so klein und eng und abgezirkelt.
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