einblick 12/04, 21.06.2004
Zukunft der Arbeit
Die Krise der Kerle
Mini-Jobs und Ich-AGs kanalisieren die weibliche „Erwerbsneigung" in einen prekären Niedriglohnsektor. Frauen deshalb zu den einzigen VerliererInnen der Hartz-Gesetze zu erklären, greift dennoch zu kurz. Meint der Journalist Thomas Gesterkamp.
Ein „Mangelwesen der Natur", gar eine „Krankheit namens Mann" machte der Spiegel vor ein paar Monaten in einem Bericht über neue Erkenntnisse der Genforschung aus. Die Aufregung über das Y-Chromosom, aber auch das durch FAZ -Herausgeber Frank Schirrmacher im letzten Jahr ausgelöste Sommertheater einer vermeintlichen Machtübernahme der Frauen in den Medien bedienen ein Gefühl wachsender Irritation. Weibliche Fernsehpräsenz, garniert mit ein paar reichen Verlegerwitwen, als Beleg dafür, wie überflüssig die Männer geworden sind? So lässt sich prima ignorieren, wer in den Führungsetagen der Wirtschaft nach wie vor das Sagen hat. Frauenförderung, Quote? Nicht nötig, wir haben doch Elke Heidenreich statt Reich-Ranicki!
Die fortbestehende männliche Dominanz in den Spitzenpositionen von Wissenschaft, Technik und Industrie verdeckt die Probleme der ganz normalen „Arbeitsmänner". Statt fester Anstellung droht lebenslange Probezeit, die einst stolzen Ernährer haben Schwierigkeiten, ihrer Familie verlässliche Perspektiven zu sichern. Die „wilden Kerle" der Schwerindustrie sind die Verlierer des Wandels zur Dienstleistungsgesellschaft. Die weibliche Arbeitslosenquote ist im letzten Jahrzehnt mit 10,8 Prozent (2003) fast konstant geblieben, die männliche von 7,1 auf 12,4 Prozent im Jahr 2003 gestiegen. Allerdings bleibt bei diesem Vergleich die überwiegend von Frauen gefüllte „stille Reserve" unberücksichtigt; ebenso die Tatsache, dass ihre Beschäftigung stärker auf Teilzeitarbeit oder Mini-Jobs basiert.
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