Kein Salz auf unserer Haut
Von Beatrice Schlag
Schweizer haben kein Herz für Schweizerinnen, fast jeder dritte heiratet eine Ausländerin. Stichwort Ausländerin: Was haben sie, was einheimische Frauen nicht haben? Wenn Alleinsein der Preis der Emanzipation ist – dann gute Nacht.
Die Frauen haben sich emanzipiert, und alle applaudieren. Vor allem ihre einstigen Vorgesetzten, die Männer. Ihr seid, sagen sie, das kommende Geschlecht. Die Zukunft gehört euch. Ähnlich ungeteilten Beifall bekam in den letzten Jahrzehnten nur die Anti-Apartheid-Bewegung. Aber wer denkt heute an Südafrika, wenn er sagt, die Zukunft ist schwarz?Nein, keine Parallelen. Die Frage ist: Wo genau haben Frauen gewonnen? Studie um Studie wird ihnen attestiert, sie seien das zukunftstauglichere Geschlecht: teamfähiger, innovativer, pragmatischer und konfliktfähiger als Männer. «Die Leitfigur des 21. Jahrhunderts», schrieb das Gottlieb-Duttweiler-Institut im letzten Jahr, «ist die starke, unabhängige Frau, die auf ihre eigenen Kräfte vertraut und ihre eigenen Ziele verfolgt.» Ein «Megatrend Frau» wurde erspäht, Zukunftsforscher Matthias Horx rief das Jahrhundert der Frau aus.
Aber das neue Jahrtausend liess sich genau so an, wie das alte zu Ende gegangen war: mit einer beeindruckenden Sesshaftigkeit der Männer. 53 Prozent der Schweizer Wahlberechtigten sind Frauen, über 75 Prozent der Politiker sind Männer. Die Frauen stellen 45 Prozent der Erwerbstätigen, aber in den höheren Kadern sitzen mehr als 90 Prozent Männer. Die Hand voll Managerinnen, die es in die Spitzenetagen schaffen, werden von den Medien gefeiert wie Pandabären, denen die Fortpflanzung geglückt ist. Carly Fiorina! Miuccia Prada! Barbara Kux! Falls einem ausser dem von Fernsehdirektorin Ingrid Deltenre kein Name einer einheimischen Spitzenmanagerin einfällt, dann deswegen, weil es sie kaum gibt. In den Geschäftsleitungen börsenkotierter Schweizer Firmen sitzen drei Prozent Frauen.
Was hilft es, dass inzwischen gleich viele Frauen wie Männer einen Universitätsabschluss haben? Die Löhne für weibliche Angestellte sind noch immer durchschnittlich zwanzig Prozent unter denen, die Männer für die gleiche Arbeit erhalten. Und die Rate der Väter, die Teilzeitarbeit leisten wollen und dank einsichtiger Arbeitgeber auch können, liegt seit Jahren unverändert unter zehn Prozent. Die Misere mit den Krippenplätzen hält an. «Der Stand der Gleichstellung in der Schweiz ist, verglichen mit den 15 EU-Staaten, nicht sehr weit fortgeschritten», konstatiert das Bundesamt für Statistik. Nicht sehr weit fortgeschritten? Nach dem Beginn der ziemlich lauten Frauenbewegung der sechziger Jahre scheint sich heute kaum noch etwas zu bewegen. Haben Zyniker Recht, die sagen, die beste Taktik, Frauen von der Macht fern zu halten, sei, ihnen ständig zu versichern, sie hätten den Geschlechterkampf gewonnen?
Es gibt eine Ebene, auf der die Frauen gewonnen haben. Es war nicht, was sie im Sinn hatten. Unerwartet tat sich ein Weg auf, der im Gegensatz zum langen Marsch Richtung öffentliche Gleichstellung ziemlich unmittelbar zum Erfolg führte: der Angriff auf die maskulinen Weichteile, die Demontage des männlichen Selbstbewusstseins im Privatleben. Das war am Anfang mehr Notwehr als Absicht. Inzwischen ist es ein Desaster.
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