Donnerstag, 11. Januar 2007

Männer und Sexualität

Zur Zeit wird wieder eine Sau durch's Dorf getrieben: Kinderpornografie.

Es geht um den Besitz von Bildmaterial, nicht um Kindesmißbrauch. Dabei ist mir klar, dass Käufer solchen Bildmaterials einen Markt schaffen, der dazu führt, dass Kinder für pornografische Darstellungen mißbraucht werden, eine Vorstellung, die mir zutiefst zuwider ist.
Es ist Aufgabe des Staates und der Gesellschaft, die Schwachen zu schützen und dazu gehören selbstverständlich Kinder. Von daher ist nachvollziehbar, dass der Besitz pornografischer Darstellungen von Kindern strafbar und gesellschaftlich geächtet ist. Der Strafanspruch des Staates ist fundiert.

Dass hier der Weg der Strafverfolgung, nämlich über die Kreditkartenunternehmen, veröffentlicht wird, kann als Methode der Strafvorbeugung gelobt werden, hält es doch andere davon ab, aus der Anonymität des Internets heraus, solches Bildmaterial zu kaufen. Andererseits wirft es die Frage auf, was Datenschutz heute noch Wert ist.
Und dann kursieren Hinweise auf Delinquenten in der Öffentlichkeit und da hört der Spaß dann auf.
Wir haben den Pranger als Strafmethode schon seit längerem abgeschafft, ich denke aus gutem Grund.
Ich höre, auch Bildmaterial sei in den Medien zu sehen gewesen, unscharf zwar, doch immerhin. Was soll das? Hier wird die Geilheit des Publikums bedient.

Ich selbst kann pornografischen Darstellungen von Kindern nichts abgewinnen, verstehe also nicht, wieso jemand dafür Geld ausgibt oder versucht, sich solche Bilder zu besorgen. Doch steht mir kein Urteil über Menschen zu, die hier anders reagieren. Es müsste geprüft werden, ob Menschen, die auf kinderpornografische Darstellungen stehen, auch vermehrt zu Kindesmißbrauch neigen.
Bei der Erwachsenenpornografie ist der Nachweis nämlich nicht gelungen.

Link

Wie gesagt, der Strafanspruch beruht auf dem Vorwurf: Ihr bezahlt Geschäftemacher dafür, dass sie Kinder für pornografische Darstellungen mißbrauchen.
Der Strafanspruch beruht nicht darauf: Euere Vorliebe für pornografische Darstellungen mit Kindern ist verwerflich, ist geschmacklos, ist unethisch.

Denn über Geschmack lässt sich trefflich streiten. Der sexuelle Akt an sich ist keine besonders ästhetische Sache und die vielen Spielarten der Sexualität sind manchmal ziemlich gewöhnungsbedürftig. Aber jedem nach seinen Bedürfnissen. Auch ist es nicht so, dass Kinder geschlechtslose Wesen wären. Nur sind sie eben auch unerfahrene, hilflose Wesen, die viel zu jung sind, um der harten Droge Erwachsenensexualität ausgesetzt zu sein. Nicht ohne Grund sind Kinder schließlich auch in ihrer Geschäftsfähigkeit eingeschränkt und Sex ist das härteste Geschäft von allen. Man bezahlt dafür mit der Seele.

Aber wäre es unethisch pornografische Darstellungen mit Kindern zu besitzen, die durch Computeranimationen generiert oder von Künstlern aus der Phantasie heraus gemalt wurden? Nach deutschem Recht ist der Besitz solcher Darstellungen strafbar, sofern ein wirklichkeitsnahes Geschehen dargestellt ist.

Was ist mit erotischen Darstellungen von Kinder?

Was ist mit Lolita-Filmen (weibl. Kind - älterer Mann) ? Was ist mit Filmen wie "Herzflimmern" (männliches Kind - ältere Frau)?

Hat sich eingewisser Baron von Gloeden nicht einen künstlerischen Namen durch die erotische Darstellung nackter Jungs in idyllischer Umgebung gemacht?

Link

Wer entscheidet darüber, wann eine Darstellung erotisch und wann pornografisch ist? Die Strafverfolgungsbehörde, les gendarmes, qui sont par nature si ballots?

Aus Wikipedia
In der deutschen Rechtsprechung wird regelmäßig auf eine Definition des OLG Düsseldorf verwiesen. Danach handelt es sich bei Pornografie um „grobe Darstellungen des Sexuellen, die in einer den Sexualtrieb aufstachelnden Weise den Menschen zum bloßen, auswechselbaren Objekt geschlechtlicher Begierde degradieren. Diese Darstellungen bleiben ohne Sinnzusammenhang mit anderen Lebensäußerungen und nehmen spurenhafte gedankliche Inhalte lediglich zum Vorwand für provozierende Sexualität“ (NJW 1974, 1474).
Wie ich es oben schon ausgeführt habe, gibt es gute Gründe, den Besitz von kinderpornografischen Darstellungen strafrechtlich zu verfolgen. Nur stören mich zwei Aspekte:

  • Dass hier eine Hexenjagd veranstaltet und Persönlichkeitsrechte verletzt werden.
  • Dass hier gezielt auf Männer geschossen wird.
Mich würde interessieren, wer die Filme dreht, wer die Bilder schießt, wer den finanziellen Nutzen zieht? Sind dies auch ausschließlich Männer? Landet das schmutzige Geld etwa letztlich bei Frauen?

Denn verwerflicher als der Besitz solcher Darstellungen ist, Kinder für das Produzieren solcher Darstellungen zu mißbrauchen. Was sagen die Mütter dieser Kinder dazu?

Ich sehe in dieser Kampagne einen weiteren Versuch, durch das Hervorheben weniger schwarzer Schafe, die männliche Sexualität insgesamt in den Schmutz zu ziehen. ("Na, da sieht man es doch wieder: alles Schweine!") Solches macht mich nicht froh, sondern steigert meinen Hass ins Unermessliche.

Und damit hier ein Auspendeln stattfindet, habe ich zu einer Tagung der Boell-Stiftung verlinkt, bei der es um männliche Sexualität geht, nicht um Perversionen, die übrigens und nicht zu knapp auch bei Frauen anzutreffen sind.


Männer und Sex(ualität) –
Erotik im Geschlechterverhältnis
Dokumentation einer Tagung der Heinrich-Böll-Stiftung und des
„Forum Männer in Theorie und Praxis der Geschlechterverhältnisse“
am 6./7. Juni 2003 in Berlin

Inhalt
Vorwort 5
Rainer Neutzling
Die Prinzenrolle – Über die männliche Sexualität 7
Andreas Goosses
Männliche Sexualität und Erotik als Thema in der Männerarbeit 22
Christiane Howe
Zwielichtiges. Bilderwelten – Innenwelten 34
Thomas Gesterkamp
Macht Spüli impotent? Der „unerotische“ Hausmann im Spiegel der
Öffentlichkeit 55

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