Freitag, 27. Februar 2009

Milieu und Geschlecht

Dieser Text ist erschienen in Anja Weiß/Cornelia Koppetsch/Albert Scharenberg/Oliver Schmidtke (Hrsg.): „Klasse und Klassifikation. Die symbolische Dimension sozialer Ungleichheit“. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag 2001, S. 109-137.

Bei vorliegender Version handelt es sich um eine Manuskriptfassung, die gegenüber der Druckfassung kleine Abweichungen enthalten kann.

Milieu und Geschlecht.
Eine kontextspezifische Perspektive.
Cornelia Koppetsch


Betrachten wir die sozialwissenschaftliche Diskussion zum Thema Milieu und Geschlecht, stehen wir nach wie vor vor zwei weitgehend voneinander isolierten Forschungs- und Theoriesträngen: Theorien über soziale Ungleichheit liefern trotz der verstärkten Beachtung kulturalistischer Konzepte wie Deutungsmuster, Lebensstile oder Lebensführung wenig Aufschluss über die Bedeutung des Geschlechterverhältnisses in der Bildung und Abgrenzung von Milieus. Bei Schulze, Bourdieu und anderen Milieustudien bleibt die Dimension des Geschlechterverhältnisses aus der Bestimmung der Milieus weitgehend ausgeklammert. Umgekehrt war auch die Geschlechterforschung lange Zeit von der Forschung über soziale Differenzierung, Lebensstile und Milieus abgekoppelt. Die Diskussion wurde meist auf einem allgemeinen Niveau geführt, und es wurde lange Zeit so getan, als gäbe es ein vor und unabhängig von der Klassen- und Milieudifferenzierung bestimmbares Verhältnis der Geschlechter. Erst in neuerer Zeit sind Ansätze und theoretische Programme entstanden, die versuchen, Ungleichheits- und Geschlechterforschung stärker miteinander zu verbinden (vgl. u.a. Gottschall 2000; Cyba 2000) oder theoretische Programme zur Verschränkung von Klasse und Geschlecht zu entwickeln (vgl. Frerichs/Steinrücke 1993; Frerichs 2000). Dabei wird jedoch das Verhältnis von Klasse und Geschlecht häufig - variablentechnisch gesprochen - nach dem Muster der Kreuztabellierung gedacht, das heißt, dass - je nach Ausgangspunkt (klassentheoretisch oder feministisch) - Klasse oder Geschlecht die dominierende („unabhängige“) Variable ist, innerhalb derer dann nach anderen Variablen differenziert werden kann. Offen bleibt die Frage nach der kulturellen Verflechtung von Klasse bzw. Milieu und Geschlecht, d.h. inwiefern Geschlechterverhältnisse nicht nur klassen- bzw. milieuspezifisch variieren, sondern als eine Struktur verstanden werden können, die für die Definition eines Milieus konstitutiv ist. Es fehlen also Ansätze, die die Verschränkung von Geschlechterverhältnissen mit klassen- bzw. milieuspezifischen Mentalitäten, Lebensstilen und Praxisformen zum Gegenstand machen.
Diese Forschungslücke hängt u.a. mit der Trennung der erst in den letzten Jahren allmählich konvergierenden Denktraditionen beider Forschungsgebiete zusammen. Hatten Theorien zu Klassen und Milieu das Geschlechterverhältnis lange Zeit völlig ausgeklammert, so war die Diskussion um Geschlechterverhältnisse in den Anfängen von der Erforschung der Gesellschaftsstruktur abgekoppelt und von einer stark dem Alltagswissen verpflichteten kategorialen Denkweise „die Frauen - die Männer“ geprägt, wonach Geschlechtszugehörigkeiten den Charakter eines quasi ontologischen und ahistorischen (letztlich biologisch begründbaren) Fundamentes annehmen, auf dessen Basis soziale Praxen, Interessen und Ungleichheiten organisiert werden. Die Geschlechterdifferenz wurde damit zur Leitdifferenz erhoben. Sie erschien nicht weiter erklärungsbedürftig, sondern wurde als universelles Merkmal vorausgesetzt. Insbesondere die Rollentheorie hatte in den 70er und 80er Jahren ein solches kategoriales Verständnis gefördert, indem sie Weiblichkeit und Männlichkeit lange Zeit als fundamentalen Referenzpunkt der Analyse ausgegeben hat. Dagegen wendete sich in den 80er und 90er Jahren der radikale Konstruktivismus, der die soziale Dimension im Geschlechterverhältnis nicht länger auf die Überformung einer natürlich gegebenen Basis reduziert, sondern bereits die Tatsache der Geschlechterdifferenz als kulturelle Konstruktion postuliert (Zimmermann/West, Hagemann-White, Hirschauer). Allerdings war auch dieser Ansatz zunächst von Analysen zur Gesellschaftsstruktur abgekoppelt und einer mikrosoziologischen Forschungstradition verhaftet: Er vergaß, dass Geschlechtskonstruktionen in gesellschaftlichen Institutionen wie z.B. der Familie, der Strukturierung von Lebensläufen und den beruflichen Organisationen verankert sind, dass sie nicht nur in Interaktionen entstehen und individualistisch ausgehandelt werden, sondern dass ihnen kollektive Denk- und Erkenntnisformen zugrunde liegen. Vor allem aber trug der Ansatz wenig dazu bei, den Zusammenhang zwischen der Konstruktion von Geschlecht und der Reproduduktion von Ungleichheit zu erhellen.1

Parallel zu den konstruktivistischen Ansätzen entwickelten sich die eher strukturtheoretischen Ansätze, die den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen von Geschlechterverhältnissen und geschlechtlicher Ungleichheit durchaus Rechnung tragen, deren Schwäche allerdings darin besteht, dass sie die Untersuchung der Geschlechterdifferenz nicht an Kontexte binden und dadurch den Charakter der Konstruiertheit von Geschlecht unterschätzen. So finden wir im Konzept der “doppelten Vergesellschaftung der Frau“ als Reproduzentin in der Familie und als Arbeitskraft (Becker-Schmidt 1987) den Versuch, die Geschlechterungleichheit in einen gemeinsamen Analyserahmen mit der Ungleichheitssoziologie zu stellen (z.B. Beer 1990; Becker-Schmidt/Knapp 1995; Knapp 1992). Der Ansatz wendet sich gegen die traditionelle erwerbsarbeitszentrierte Auffassung sozialer Ungleichheit, die das Phänomen der Geschlechterungleichheit letztlich nur als singu-läre und - im Hinblick auf die herkömmlichen vertikalen Ungleichheiten - sekundäre Form der Ausschließung behandeln konnte (vgl. dazu auch Gottschall 2000, S. 14). Allerdings wird hier Geschlecht wiederum substanzialistisch (für die Ge-

1 Dies ist wiederum der Zuschneidung des Gegenstandsbereiches „Geschlechterforschung“
anzulasten, die über weite Strecken abseits von anderen Bereichen ausgeführt wird, sorgfältig getrennt von politischer Soziologie und von der Forschung über soziale Differenzierung, Klassen und Milieus. Die Abschottung von der Klassen- und Milieu-Differenzierung verstärkte wiederum die Tendenzen zur Universalisierung von Geschlechtskonstruktionen und zur Reifizierung der Geschlechterdifferenz. Als ob es „die Männer“ und „die Frauen“ gäbe und nicht ein klassenspezifisches Muster einer Vielzahl von Männlichkeiten und Weiblichkeiten.
Milieu und Geschlecht



sellschaft im Ganzen) bestimmt. Dadurch besteht auch die Tendenz zur Verabsolutierung der Geschlechterungleichheit als ubiquitäres Herrschaftsverhältnis. Die kontextuelle Kontingenz geschlechtlicher Ungleichheit sowie die Unterschiede innerhalb der Gruppe der Frauen bzw. der Männer kommen so nicht mehr in den Blick.

Erst in neuerer Zeit hat sich allmählich eine Forschungsrichtung etabliert (z.B. Krais 1993; Connell 1995; Wetterer et. al. 1992, 1995; Pringle 1989; Heintz et. al. 1997; Krüger/Levy 2000), die die Vorzüge beider Ansätze kombiniert, indem sie die konstruktivistische Perspektive mit strukturtheoretischen Analysen verbindet und so den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der Konstruktion von Geschlecht vermehrt Rechnung trägt. Dies impliziert die Annahme, dass Geschlechterklassifikationen als basales gesellschaftliches Ordnungsmuster keineswegs nur auf der Ebene alltäglicher Interaktionen, sondern auch auf der Ebene gesellschaftlicher Institutionen und Strukturen verankert ist (vgl. dazu Gottschall 1998, S. 79).

Damit wird auch der gesellschaftlichen Heterogenität von Frauen und Männern besser Rechnung getragen: Statt „die Männer“ und „die Frauen“ als quasi naturalistische und homogene Substanzen anzunehmen, werden unterschiedliche „Weiblichkeiten“ und „Männlichkeiten“ im Kontext verschiedener historischer, institutioneller und situativer Bedingungen untersucht.

Den Ansätzen liegt dabei die Auffassung zugrunde, dass Geschlechterdifferenzen und -verhältnisse nicht in erster Linie als Merkmale oder Eigenschaften von AkteurInnen verstanden werden dürfen, die von außerhalb an soziale Felder bzw. Institutionen herangetragen werden. Vielmehr ist die Konstruktion von „Männlichkeit“ und „Weiblichkeit“ als Aspekt der Strukturierung sozialer Praxis mit der Funktionsweise von Institutionen und sozialen Feldern verwoben.

So zeigt z.B. Krüger in diesem Band, wie Geschlechterklassifikationen durch unterschiedliche institutionelle Einbindungen von Frauen und Männern im Lebenslauf erzeugt werden. Analog dazu zeigen die Studien von Wetterer, Pringle, Heintz u.a., auf welche Weise die Hervorbringung und Abgrenzung von Weiblichkeiten und Männlichkeiten in den Reproduktionszusammenhang beruflicher Organisationen eingebunden sind. Letztere Analysen gewinnen noch an Plausibilität, wenn wir sie um Ergebnisse der neueren Organisationssoziologie (Powell/DiMaggio 1991) ergänzen.

Hier hat sich mehr und mehr die Einsicht durchgesetzt, dass Institutionen nicht überleben könnten, würden sie lediglich unter Gesichtspunkten von Rationalität und Effizienz operieren.

Sie brauchen „Werte“ und normative Ordnungen. Die Aktivierung von Geschlechtergrenzen als Fluchtpunkt für professionelle Identitäten und kollektive Orientierungen kann gerade unter Bedingungen des „flexiblen Kapitalismus“, unter denen andere Identifikationsvorlagen an Plau-sibilität verloren haben, neue Bindungen an berufliche Organisationen und - als die Kehrseite der Medaille - neue Formen sozialer Ausgrenzung schaffen. Weiblich-keits- und Männlichkeitsbilder werden in den Dienst der Normen und Werte von Institutionen gestellt.

Ein Indiz für die Relevanz von Geschlechtsidentitäten für das Funktionieren von Unternehmen, Organisationen und Verwaltungen ist die bereits erwähnte Segmentierung von Berufsrollen nach Geschlecht (vgl. Heintz et. al. 1997). Deren Ursachen wurden in der Arbeitsmarktforschung lange Zeit außerhalb beruflicher Organisationen, in den unterschiedlichen Berufsbildungen und Qualifikationen von Frauen und Männern, in der Unterschiedlichkeit ihrer Erwerbsbiografien, ihrer Persönlichkeitsstrukturen etc. gesehen.

Erst neuerdings wird die Vergeschlechtlichung von Berufen selbst zum Gegenstand der Arbeitsmarktforschung gemacht, wenn die Verknüpfung kollektiver Weiblichkeits- und Männlichkeitsbilder mit der Tradierung und Abgrenzung von Berufskulturen untersucht wird. Deshalb greift die weit verbreitete Rede von „geschlechtlicher Diskriminierung“ für ein Verständnis der Bedeutung von Geschlechterdifferenzen zu kurz, da sie das Phänomen der Vergeschlechtlichung von Berufen auf eine Kategorisierung von AkteurInnen reduziert. Nicht einzelne Frauen werden von gehobenen Positionen ausgeschlossen, vielmehr sind die Kriterien beruflicher Exzellenz selbst vergeschlechtlicht, weil sie eine enge Verbindung von erwünschten Befähigungen, Verhaltensstilen und „Qualifikationen“ mit kulturellen Definitionen von Männlichkeit und (seltener) Weiblichkeit herstellen.

Berufliche Organisationen sind keine geschlechtsneutralen bürokratischen Apparate, die erst nachträglich mit weiblichen oder männlichen Personen besetzt werden. Vielmehr müssen sie als Schauplätze angesehen werden, die sich der Geschlechterdifferenz als kultureller Ressource bedienen und zur Legitimation ihrer Werte und Normen auf kulturelle Muster von Männlichkeit und Weiblichkeit rekurrieren.

Eine solche kontextspezifische Perspektive auf die Konstruktion von Geschlecht soll in diesem Beitrag auch auf die Verschränkung von Klasse (Milieu) und Geschlecht angelegt werden. Damit wird die milieuspezifische Heterogenität von Frauen und Männern betont. Ausgehend von der Erkenntnis, dass Konstruktionen von „Weiblichkeit“ und „Männlichkeit“ milieuspezifisch variieren (vgl. auch Fre-richs 2000), werden Geschlechterverhältnisse als soziale Strukturierungszusammenhänge dargestellt, die in wechselseitiger Abhängigkeit mit den Lebensstilen, sozialen Lagen und Weltbildern der Milieus stehen. Im nächsten Schritt werden auf der Grundlage einer eigenen Studie am Beispiel von Paarbeziehungen die Konzepte von „Weiblichkeit“ und „Männlichkeit“ in drei verschiedenen Milieus (dem individualisierten, dem familistischen und dem traditionalen Milieu) vorgestellt. Diese entstehen nicht im luftleeren Raum, sie wurzeln in den jeweiligen Lebenslagen der Milieus und werden im Kontext institutioneller Einbindungen in Familie und Beruf hervorgebracht. Milieuspezifisch verschieden sind auch die symbolischen Auseinandersetzungen um die Dominanzordnung im Geschlechterverhältnis, wie ich abschließend am Beispiel der Alltagspraxis in Paarbeziehungen zeigen werde.

1 Das Geschlechterverhältnis im Kontext von Milieus
Wenn wir davon ausgehen, dass das Geschlechterverhältnis als eine kulturelle Ressource betrachtet werden kann, das jeweils für den Lebensstil und die Reproduktion der sozialen Lage von Milieus strukturgebend ist, dann reicht es nicht aus, dieses als eine Variable zu erfassen, die den gängigen Milieucharakterisierungen noch hinzugefügt werden kann. Es reicht z.B. nicht aus, zu zeigen, dass jede Klasse und Klassenfraktion (Milieu) ihre eigenen Vorstellungen von „Weiblichkeit“ und „Männlichkeit“ hervorbringt, solange nicht deutlich wird, woraus diese Vorstellungen hervorgehen und wie sie durch klassenspezifische Lebenslagen und institutionelle Einbindungen erzeugt werden. Das Geschlechterverhältnis muss im Kontext der Gesamtheit der Praktiken betrachtet werden, die darauf abzielen, die kulturelle Identität eines Milieus in Abgrenzung zu anderen zu definieren und seine Stellung innerhalb der Struktur des Klassenverhältnisses zu wahren oder zu verbessern.

Für die Verschränkung von Geschlechterverhältnis und klassen- bzw. milieuspezifischen Lebensstilen spricht zunächst die Bedeutung von Geschlechterbeziehungen bei der Reproduktion von sozialen (milieu- oder klassenspezifischen) Lagen:

Einige, z.B. die durch die neueren Dienstleistungsberufe geprägten Milieus, können ihre soziale Position durch eine Modernisierung im Geschlechterverhältnis verbessern, da durch die Aufwertung der Stellung der Frau der Gesamtumfang des dem Haushalt zur Verfügung stehenden kulturellen, sozialen und ökonomischen Kapitals erhöht werden kann.

Für andere Milieus nimmt dagegen eine klare geschlechtsspezifische Arbeitsteilung eine wichtige Funktion bei der Reproduktion der sozialen Lage ein.

Dabei zeigt sich, dass sich diese am unteren und oberen Ende der Gesellschaft, bei den Arbeiterfrauen und den Frauen aus den Eliten (dazu z.B. Böhmisch 1999), besonders deutlich, wenn auch jeweils unterschiedlich, artikuliert.

Für beide gilt die Zuständigkeit für die reproduktiven Aufgaben und die Disposition zur Dienstleistung.

Die Arbeiterfrau übt solche Funktionen allerdings in weniger beschönigender und weniger veredelten Form aus (vgl. Bourdieu 1997), wogegen die Frauen der Eliten durch Wohltätigkeitsveranstaltungen und soziales Engagement ihren gehobenen Status unterstreichen.

Darüber hinaus gehört es zu ihren Aufgaben, soziale Beziehungen zu pflegen. Damit tragen sie zur „Ausstrahlung des Hauses“ bei. Zudem schaffen sie damit für den Mann die Voraussetzung für die Pflege informeller Kontakte als ein wesentliches Mittel, seine berufliche Position zu erhalten und auszubauen. Dass dies kein rein privates Arrangement darstellt, sondern in der Logik beruflicher Elitepositionen begründet ist, zeigt u.a. auch die Rekrutierungspraxis von Führungskräften: In vielen Unternehmen wird die Ehefrau bei einem Bewerbungsgespräch gleich mit eingeladen, um die Loyalität der Ehefrau zu testen und einen Einblick in die „familiäre Situation“ des Bewerbers zu erhalten (vgl. Böhmisch 1999).

Systematisiert finden wir dieses Argument in den Überlegungen von Krüger und Levy (2000) und Connell (1987, 1995), die das Geschlechterverhältnis als linking concept betrachten, mit dem die verschiedenen Felder, vor allem die Privatsphäre und die öffentlich-berufliche Sphäre, kulturell aufeinander abgestimmt werden.

Levy/Krüger haben dies für die institutionellen Verschränkungen zwischen Lebensläufen, dem Arbeitsmarkt und der geschlechtspezifischen Arbeitsteilung in der Familie gezeigt. Im nächsten Abschnitt werde ich zeigen, dass diese Verknüpfungen in den unterschiedlichen Milieus auf jeweils unterschiedliche Weise geschehen.

Vieles weist darauf hin, dass die Formen geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung tief in die Struktur von Institutionen eingelassen sind und unterschiedliche institutionelle Settings, unterschiedliche gesellschaftliche Sphären miteinander verbinden. Sie verknüpfen - jeweils bezogen auf ein Milieu - Muster familiärer Arbeitsteilung mit organisierten sozialen Beziehungen in Berufswelt, Bildungssystem und Öffentlichkeit. In diesem Sinne kann das Geschlechterverhältnis als Schließungsmechanismus zwischen den Milieus verstanden werden. Es integriert die Lebensführung nach innen.

Darüber hinaus ist das Geschlechterverhältnis Gegenstand der symbolischen Auseinandersetzung der Milieus um die Legitimität von Lebensstilen:

So ist zum Beispiel das Modell des Hausfrauendaseins nicht zu verstehen, wenn man es bloß als patriarchales Herrschaftsverhältnis betrachtet. Es ist innerhalb der wohlhabenden bürgerlichen Mittelschichten während des 19. Jahrhunderts mit Bezug auf die offen zur Schau getragenen Freizeitbeschäftigungen des Adels entstanden (Singly 1994, S. 125) und gab dadurch einem/r EhepartnerIn die Möglichkeit zu einem quasi aristokratischen Lebensstil (Veblen 1986).

Erst als ab den 1960er Jahren auch Frauen aus der Arbeiterschicht vermehrt zuhause bleiben konnten, wurde dieses Modell immer weiter entwertet und zumindest bei den modernistisch eingestellten Paaren der gebildeten Mittelschicht - im individualisierten Milieu, wenn auch nicht in den Führungseliten - gerade in seiner volkstümlichen Variante die Verkörperung dessen, was ein Paar in keinem Fall sein möchte.2

Die (gehobene) Berufstätigkeit der Frau ist somit - selbst wenn sie den Männern einige „Opfer“ abverlangt - auch zum Distinktionsmerkmal innerhalb der gebildeten Mittelschicht geworden. Die Formen geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung lassen sich daher nicht auf Herrschaftsformen im Geschlechterverhältnis reduzieren. Sie sind sozial distinktive kulturelle Praktiken, kulturelle Markierungen milieuspezifischer Le-

2 In einer klassischen Studie berichten Blood und Wolfe (1960), dass die geschlechtsspezifi-
sche Arbeitsteilung in den Vereinigten Staaten innerhalb der oberen Klassen am stärksten ausgebildet ist. Die Daten, die sie für 1955 in den USA gesammelt haben, zeigten, dass der Ehemann aus der Oberschicht weniger Beiträge zur Hausarbeit leistete als der Ehemann aus der Unterschicht. 25 Jahre später hat sich die Situation umgekehrt (Crosby 1982, S. 49): Der Geschlechtsunterschied ist innerhalb der höheren Schichten weitaus geringer als innerhalb der unteren Schichten.


bensstile, die wiederum den Pool begrenzen, aus dem potenzielle PartnerInnen gewählt werden.3

2 Das individualisierte, das familistische und das traditionale Milieu
Wir können also annehmen, dass Lebensführung und Lebensstil eines Milieus, stärker als in der bisherigen Diskussion berücksichtigt, von den Geschlechterbeziehungen beeinflusst werden. Veränderungen im Geschlechterverhältnis sind keine isolierten Erscheinungen kultureller Modernisierung, sondern sie stehen, so die Vermutung, im Kontext von klassen- bzw. milieuspezifischen Lebensstilen. Dies möchte ich im Folgenden am Beispiel von Geschlechterverhältnissen in Paarbeziehungen anhand der Ergebnisse einer empirischen, kürzlich erschienenen Untersuchung (Koppetsch/Burkart 1999) zeigen. In der Studie wurden 27 Paare inter-viewt.4 Jedes Interview bestand aus drei Teilinterviews: zunächst Einzelinterviews mit Mann und Frau, dann ein Paar-Interview. Dieses Vorgehen war wichtig für die Analyse von latenten Strukturen, weil auf diese Weise Widersprüchlichkeiten und Konflikte besser zum Vorschein kamen. Die Auswahl der InterviewpartnerInnen orientierte sich an einer sozialstrukturellen Differenzierung, d.h. an der Vorgabe, ein breites Spektrum von Berufen bzw. beruflich fundierten Lebensstilen quer durch die Sozialstruktur zu erfassen.

Auf Grund der oben genannten Überlegungen und ersten Hinweisen in dem empirischen Material gingen wir nicht von bereits vorgegebenen Milieu-Abgrenzungen aus, von definierten Milieus, denen dann sozusagen nur noch die Geschlechtervariable hinzugefügt werden müsste, sondern versuchten im Sinne von „theoretical sampling“, milieuspezifische Unterschiede in der Normierung und Praxis des Geschlechterverhältnisses in den Mittelpunkt zu rücken und die Abgrenzung der Milieus daran zu orientieren.

Diese Vorgehensweise führte uns in einem methodischen Prozess der wechselseitigen Abstimmung von Struktur-Kategorien - in erster Linie: Bildung und Beruf - und (diskursiven) Idealen (Kodes) des Forschungsprojekts zur Unterscheidung dreier Milieus, denen jeweils ein ganz bestimmter Paarbeziehungstypus entspricht: dem individualisierten, dem familistischen und dem traditionalen Milieu.5 In sozialstrukturellen Kategorien ausgedrückt handelt

3 Auch die Partnerwahl ist somit ein Reproduktions- und Schließungsmechanismus milieuspezifischer Lebensstile. Dies zeigen Untersuchungen über Bildungs- und Herkunfts-Homogamie von Partnern (vgl. Frenzel 1995).
4 In der Regel in einem Haushalt zusammenlebende, heterosexuelle Paare.
5 Die methodische Vorgehensweise erlaubt selbstverständlich nicht, den Anspruch zu erheben, eine umfassende Milieu-Landkarte nachgezeichnet zu haben. Das war auch nicht unsere Absicht. Vielmehr ging es in dieser Forschungsphase darum, anhand einer zunächst einfachen und rudimentären Milieudifferenzierung das komplexe Zusammenspiel von Milieu und Geschlecht zu explorieren. Wir hoffen, in einer zweiten Forschungsphase zu einer stärkeren Differenzierung der Milieus zu gelangen. Was uns hier fehlt ist auf der einen Seite ein Oberschicht-Milieu, ein eher konservatives Akademikermilieu; auf der anderen Seite eine ausgesprochene Unterschicht (ebenso wie bei Schulze, dessen „Harmonie“- und „Unterhaltungs“-Milieus im Großen und Ganzen relativ gut situiert sind).
6 Unsere Gesprächspartner aus dem traditionalen Milieu waren verheiratet und hatten in der
Regel die Haupt- oder Volksschule besucht. Die Männer waren meist in Industrie und Handwerk als einfache oder gelernte Arbeiter beschäftigt. Zwei Frauen waren ebenfalls als Arbeiterinnen in der Industrie Vollzeit beschäftigt, die Übrigen übten in der Regel Nebenbeschäftigungen als Verkäuferin, Friseuse, Kellnerin oder Putzhilfe aus. Die VertreterInnen des familistischen Milieus waren ebenfalls verheiratet, hatten Realschulabschluss, manchmal auch Abitur, die Männer arbeiteten in Angestelltenverhältnissen. Die Frauen - zum Zeitpunkt unserer Untersuchung in der „Famili-enphase“ - hatten meist „typische Frauenberufe“ wie Erzieherin, Krankenschwester, Hotelfachfrau u.ä. erlernt und nach Abschluss der Berufsausbildung lediglich kurze Zeit (bis zur Geburt des ersten Kindes) oder gar nicht in ihrem Beruf gearbeitet. Die VertreterInnen des individualisierten Milieus waren entweder StudentInnen (alle unverheiratet) oder bereits berufstätige HochschulabsolventInnen und verheiratet. Letztere arbeiteten als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Verkehrsplaner, Lehrerin und Krankengymnast. Anders als im familistischen und im traditionalen Milieu war hinsichtlich der sozio-ökonomischen Stellung (beruflicher Status und Verdienst) Gleichheit zwischen den Partnern in etwa hergestellt.


es sich dabei um die neue gebildete obere Mittelschicht mit urbanem Lebensstil (AkademikerInnen, „Neue Klasse“ bei Gouldner 1980), um DienstleistungsBerufsgruppen (häufig im pflegerischen Bereich) mit mittlerem Qualifikationsniveau und um das mehr oder weniger traditionale Arbeiter- und Handwerkermi-lieu.6 Die Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit, also die Ansprüche, die legitimerweise an die Geschlechter gestellt werden dürfen, sind an die Leitvorstellungen (Kodes) geknüpft bzw. ergeben sich daraus.

Ich stelle zunächst die Kodes der drei Milieus dar; danach gehe ich kurz auf die Bedeutung der milieuspezifischen sozialen Lagen für die Herausbildung der Weiblichkeits- und Männlichkeitskonzepte ein.

Im individualisierten Milieu bestimmen auf der Kodeebene der Gleichheitsdiskurs, der Partnerschaftskode, der Selbstverwirklichungsanspruch und das Modell der Autonomie zweier Subjekte im Rahmen der individualisierten, egalitären Partnerschaft die Vorstellungen einer gelungenen Paarbeziehung. „Partnerschaft“ formuliert die Gleichheit der Geschlechter und den Abbau rollenmäßiger Vorregulierungen zugunsten einer Orientierung an individuellen Interessen und Bedürfnissen. In Abgrenzung zum Verschmelzungsideal der bürgerlichen Liebesehe sieht der individualistische Partnerschaftskode vor, dass es Bereiche gibt, die außerhalb der Paarbeziehung bleiben. Eine Vielzahl außerpartnerschaftlicher Kontakte ist deshalb nicht nur zugelassen, sondern geradezu erwünscht. Dabei wird vorausgesetzt, dass auch die Frau ihre Berufstätigkeit nicht dem gemeinsamen Paar-Interesse (oder dem als gemeinsam deklarierten männlichen Interesse) opfert. Wenn Gemeinsamkeiten und Solidaritäten zu Stande kommen, so nicht durch das Paarsein an sich (durch die Einhaltung der Regeln der Ordnung des Paares), sondern durch Interessen-Konvergenz oder das partnerschaftliche Aushandeln von Kompromissen.

Für die gebildete Mittelschicht ist ein solches egalitäres Geschlechterverhältnis dabei mehr als nur eine (politische) Idee. Es ist Ausdruck ihres Weltbildes und ihres Lebenstils, der auf Fragen des guten Lebens und den Anspruch sozio-moralischer Überlegenheit gegründet ist. Die gebildete Mittelschicht ist von der Idee persönlichen Wachstums, der Autonomie und des individuellen Aufstiegs besessen.

Dies dokumentiert sich z.B. in dem Versuch der Durchsetzung meri-tokratischer und universalistischer Leistungs-Prinzipien, die gegen die soziale Vererbung traditionaler Privilegien geltend gemacht werden. Die Gleichheit der Geschlechter ist dabei ein notwendiges Element innerhalb einer moralischen Ordnung, die die Geltung von Statusansprüchen nicht auf Tradition, sondern auf Wissen, nicht auf Überlieferung, sondern auf technische oder professionelle Überlegenheit, nicht auf ererbtes, sondern auf erworbenes Kapital, auf Anstrengung und nicht auf Gehorsamkeit, auf Wissen und nicht auf Autorität gründet. Die zweite semantische Stütze der Partnerschaftsmoral folgt aus dem Konzept konsensueller sozialer Beziehungen und der Bedeutung authentischer und herrschaftsfreier Kommunikation innerhalb der gebildeten Schichten.

Im traditionalen Arbeitermilieu finden wir demgegenüber die deutlichste Abgrenzung von der Verhandlungsmoral und der stark durch das Bildungssystem geprägten Kommunikationskultur der Mittelschicht. Man distanziert sich hier häufig von „den Studierten“ und macht sich über ihren Hang zu umweghaften psychologischen und theoretischen Reflexionen lustig. Hier hat weder der reflexive Diskurs über die Gleichheit der Geschlechter noch der emanzipatorische Individualismus irgendeine Bedeutung.

Man handelt auf der Grundlage eines weitgehend vorstrukturierten Rollenverhältnisses, das unabhängig von der Kenntnis der konkreten Personen und der Aushandlung eines Konsenses gilt und den Beteiligten bereits vor dem Eingehen der Ehe bekannt ist. Die Rollen von Ehefrau und Ehemann bilden nicht Gegenstand, sondern unhinterfragtes Fundament der Aushandlung ehelicher Machtverhältnisse. Dies schafft zugleich eine Entlastung von den Identitätszumutungen von Geschlechtsrollen: In der traditionellen, durch Rollen vorstrukturierten Ehe besteht keine Notwendigkeit, die Geschlechtsrollen zu verinnerlichen oder zu Wesenseigenschaften zu verdichten. Geschlechterdifferenzen verweisen hier nicht auf das Individuum und seine Subjektivität, sondern auf eine den persönlichen Interessen und Wünschen der AkteurInnen äußerlichen Ordnung. Wir nennen diese Form der durch symbolische7 Darstellungsformen konkretisierten Geschlechterhierarchie rituellen Patriarchalismus, da es hier weder um psychologische noch um rational-reflexive Begründungen von Geschlechtsrollenidealen geht. Das eigene Verhältnis zur sozialen Welt und der Stellenwert, den man den Geschlechtern

7 Der Symbolbegriff hier in Anlehnung an Douglas (1970) und Langer (1969) im Sinne
einer präsentationalen, bildhaften Ausdrucksform.


in ihr zuschreibt, wird vor allem durch körperliche und symbolische Ausdrucksmittel zur Darstellung gebracht, im Sinne einer rituellen Praxis oder einer Inszenierung. „Ritualisierung“ sollte hier nicht missverstanden werden.

Gemeint ist ein positiv verstandener Ritual-Begriff, wie er sich in den Arbeiten von Mary Douglas oder Victor Turner findet. Es geht hier nicht um deep acting (Hochschild), um inneres Erleben, um den „inneren Kern“ (Schulze), sondern um Außendarstellung und Inszenierung.8 Im Unterschied zu anderen Milieus ist hier eine größere Selbständigkeit der Partner zu finden, die aber wenig mit Selbstverwirklichung und Individualität zu tun hat, sondern im Sinne der Sphärentrennung zwischen den Geschlechtern verstanden werden muss: Im Rahmen der verwandtschaftlichen Netzwerke sind Ehemann und Ehefrau relativ stark in den jeweiligen Geschlechtersphären verankert (Autonomie nicht der Subjekte, sondern der Geschlechtsrollen).
Dagegen würde die Vorstellung einer grundlegenden Trennung weiblicher und männlicher Sphären, ebenso wie die stark hierarchische Vorstellung von den Beziehungen der Geschlechter in dem Milieu der am historischen Ideal der bürgerlichen Familie orientierten Mittelschicht Befremden auslösen. Das Ideal stellt die Solidarität zwischen Gatte und Gattin ins Zentrum einer gelungenen Ehe: Beide Partner sollen an einem Strang ziehen und die eigenen Interessen den gemeinsamen Zielen unterordnen - die Frau allerdings in höherem Maße. Gleichwohl besteht man hier nicht auf einer fixierten Rollenteilung. Die Erfüllung der Rollen von Mann und Frau ist kein Selbstzweck, sondern steht im Dienst einer harmonischen Ehe und wird im Konfliktfall dem Familienwohl, dem ehelichen Konsens oder der Zufriedenheit (der Frau) untergeordnet. Dennoch bleibt eine Frau eine Frau und ein Mann ein Mann. Im Unterschied zur traditionalen Ehe wird die Geschlechterdifferenz durch eine zeitweilige Aufhebung der Rollen nicht gefährdet, weil der Ehe hier eine psychologische, an komplementären Wesensunterschieden orientierte Vorstellung der Unterschiedlichkeit der Geschlechter zugrunde liegt: Mann und Frau werden als gleichwertig, aber nicht gleichartig, angesehen. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Charaktereigenschaften entlang der bekannten Dichotomie Emotionalität vs. Rationalität. Daraus folgt für die praktische Lebensführung, dass die Frau für die Herstellung des familiären Klimas zuständig ist, der Mann für die entsprechende materielle Versorgungsgrundlage. Die Frau ist hier also nicht bloß „Hausfrau“, sie ist vielmehr Gestalterin einer komplexen Atmosphäre, in der sich das Familienideal entfalten kann, in das sie gleichzeitig noch ihre pädagogisch versierte Erziehungsarbeit einfließen lässt. Sie ist die Gefühlsspezialistin, die Expertin für Familiensinn.

8 Der Begriff des Ritualismus ist hier also nicht im negativen Sinn gemeint (wie im Kode
des Anti-Ritualismus der westlichen Protestbewegungen, die das „leere“ Ritual bekämpften; vgl. dazu Douglas 1970 und Soeffner 1992).


Die hier vorgestellten Modelle werden nicht von den Individuen oder Paaren frei gewählt. Sie sind eingebunden in Prozesse und Institutionen, mit denen die milieuspezifische Lebensweise sozial produziert wird, die aber jenseits der Verfügung der beteiligten AkteurInnen liegen. Zu den situativen Bedingungen der Konstruktion von Geschlechterverhältnissen gehören vor allem das Herkunftsmilieu (Familie, Verwandtschaftsnetzwerk und Peer-Group), die Bildungslaufbahn und die Berufsrolle. Herkunftsfamilie und Peer-Group sorgen im traditionalen Milieu z.B. für die Kontinuität der tradierten Wertvorstellungen. Das gelingt um so besser, je geringer die räumliche und soziale Mobilität, d.h. je kürzer der Übergang von der Herkunfts- zur eigenen Familie ist, je weniger dabei das Bildungssystem zwischengeschaltet ist und je kontinuierlicher (in der Biografie) das Netz der privaten Beziehungen innerhalb des Herkunftsmilieus bleibt. Die Peer-Sozialisation und „die Straße“ sorgen zusätzlich dafür, dass das Geschlechterverhältnis eher traditio-nal bleibt. Das bedeutet auch eine stärkere Betonung der Körperlichkeit bei den Männern.9

Das Bildungssystem spielt bei der Formierung milieuspezifischer Geschlechterverhältnisse eine besonders wichtige Rolle, zum einen, weil es z.B. sozialen AufsteigerInnen als Drehscheibe für den Milieuwechsel dient, aber auch, weil es an der Ausformulierung eines egalitären Geschlechterdiskurses im individualisierten Milieu einen maßgeblichen Anteil hat.

Lange Ausbildungszeiten legen einen Aufschub von Paarbildung und Familiengründung nahe, weshalb rollenspezifische Festlegungen weniger dringlich sind. Im traditionalen Milieu finden wir umgekehrt eine deutliche Abgrenzung gegenüber dem Bildungssystem.10 Entsprechend werden auch die Geschlechtsnormen in Paarbeziehungen weder von den institutionellen Vorgaben langer Ausbildungswege noch von den egalitären Vorstellungen und Demokratieidealen des Bildungsmilieus beeinflusst.

Nicht zuletzt ist auch die Berufsstruktur ein entscheidender Faktor bei der Reproduktion von milieugebundenen Geschlechtsunterschieden.

Der Unterschied zwischen dem „klassischen“ Arbeiter und dem leitenden Angestellten z.B. ist eben vor allem auch ein Unterschied im Männlichkeitskonzept.11

Die Milieus reproduzieren unterschiedliche Geschlechterverhältnisse auch innerhalb der beruflichen Sphäre -mit Rückwirkungen auf die Privatsphäre. In den Partnerschaften der gebildeten Mittelschicht - so habe ich weiter oben gezeigt - tritt der Bezug auf Geschlechtsrollen gegenüber den universellen Rechten der Person sowie ihren höchstpersönlichen Interessen und Fähigkeiten in den Hintergrund. Ähnliches gilt auch für die

9 Vgl. die Konzeption der Adoleszenz in gewissen Subkulturen der Arbeiterklasse als „kollektiven Chauvinismus“ (Clarke 1981, S. 155); zur „Straße“ als Ort männlicher Inszenierungen vgl. auch Connell (1987, S. 132f.), ferner Gilmore (1991).
10 Willis (1979), Clarke et al. (1981).
11 Connell (1995) unterscheidet in diesem Zusammenhang hegemoniale Männlichkeit von untergeordneter und marginalisierter Männlichkeit.


akademischen Berufe, für die sich Frauen und Männer in gleicher Weise qualifiziert haben und die als geschlechtsneutral gelten (bei noch bestehender Geschlechtssegregation wird Änderungsbedarf reklamiert).

In privaten wie auch in beruflichen Bereichen werden jedoch ähnliche Strategien verfolgt, asymmetrische Geschlechterverhältnisse über die fortlaufende Errichtung symbolischer Grenzen, mit denen die geschlechtliche Differenz inszeniert und sichtbar gehalten wird, wieder herzustellen.

Dagegen finden wir in den meisten nicht-akademischen Berufen - analog zu den festen Geschlechtsrollen in Paarbeziehungen - eine institutionalisierte Trennung von Frauen- und Männerberufen.12 Die Geschlechtergrenze steht hier nicht zur Disposition. Denn nicht in allen Milieus gilt der „Anspruch auf ein Stück eigenen Lebens“ in der Ehe oder die „Selbstverwirklichung durch Beruf“ als emanzipatorische Praxis. Nicht überall werden individualistische Strategien bei der Konfliktualisierung von Geschlechtsrollen verfolgt, und nicht überall führen Frauen und Männer Statuskämpfe über die Geschlechtergrenzen hinweg.

3 Die Kodierung von Geschlechterdifferenzen:

Der traditionale, essenzialistische und universalistische Kode
An den vorangehenden Ergebnissen wird sichtbar, dass den milieuspezifischen Vorstellungen einer „guten Ehe“ nicht nur unterschiedliche Rollenbilder, sondern auch jeweils unterschiedliche Annahmen darüber zugrunde liegen, was die Geschlechter im Wesentlichen voneinander unterscheidet. Diese Vorstellungen über die konstitutive Grenze sollen im Folgenden genauer herausgearbeitet werden.
Sie sind als sozial konstruierte Differenzen Gegenstand und Grundlage symbolischer Auseinandersetzungen zwischen den Geschlechtern.
Sie konstituieren den „semantischen Rahmen“, in dem über den Wert von „Weiblichkeiten“ und „Männlichkeiten“, Unter- und Überlegenheit, Inklusion und Exklusion im Verhältnis der Geschlechter verhandelt wird.
Denn die Differenzbehauptung ist als Kampf um die Anerkennung eines Identitätsentwurfs eng mit Macht- und Überlegenheitsansprüchen verwoben. Diese Zusammenhänge werde ich weiter unten - wiederum am Beispiel von Paarbeziehungen - erläutern.

Zunächst bleibt festzuhalten, dass Annahmen darüber, was die Geschlechter im Wesentlichen unterscheidet, zwar manchmal zum expliziten Gegenstand von Auseinandersetzungen gemacht werden - meist dann, wenn der Unterschied selbst zur Disposition gestellt wird. Doch in der Regel bilden die symbolischen Klassifikationen, wie ich sie im Folgenden darstellen werde, die stillschweigende Grundlage von Konflikten und symbolischen Auseinandersetzungen im Geschlechterverhältnis. Und auf dieser Basis liegen sie jeweils auch der Artikulation von Zielen und

12 Auch dies ist kein Relikt vergangener Epochen, vielmehr hat die Aufspaltung von Frauen-
und Männerberufen in den mittleren und unteren Qualifikationsstufen in den letzten Jahrzehnten noch zugenommen (vgl. Heintz et al. 1997, S. 19).


der Bewertung von Mitteln innerhalb der verschiedenen Geschlechterstrategien zugrunde.

In dieser Eigenschaft sind sie mit einer Sprache vergleichbar: So wie eine Sprache den Raum möglicher Kommunikationen absteckt, so begrenzt ein Kode den Spielraum strategischer Handlungen im Umgang mit Geschlechtsidentitäten und markiert den symbolischen Bezugsrahmen für die Klassifikation wie auch für die Bildung von Solidarität und Vertrauen im Geschlechterverhältnis.13

In unserer Kultur lassen sich im Wesentlichen drei Differenzkodierungen, drei fundamentale symbolische Bezugsrahmen der Abgrenzung von Männlichkeit und Weiblichkeit ausmachen:

  1. Der essenzialistische,
  2. der traditionale und
  3. der unversalistische Kode.14

Diese symbolischen Bezugsrahmen lassen sich auch den Geschlechterverhältnissen in unseren Milieus zuordnen: Demnach liegt der universalistische Kode den Geschlechterstrategien im individualisierten Milieu zugrunde, während essenzialistische Vorstellungen über die Differenz zwischen den Geschlechtern eher im familistischen Milieu vorherrschen.

Im traditionalen Milieu finden wir dagegen eine Kombination aus essenzialistischen - meist auf Körperkraft bezogenen - und traditionalen Kodierungen der Geschlechterdifferenz. Die in den Differenzkodierungen enthaltenen Annahmen über die konstitutive Differenz zwischen den Geschlechtern liegen nicht nur den Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit in Paarbeziehungen zugrunde, sondern lassen sich - jeweils in unterschiedlichen Mischungsverhältnissen - auch in anderen gesellschaftlichen Feldern, z.B. in Öffentlichkeit, Berufsleben und Erziehungssystem rekonstruieren.

3.1 Der essenzialistische Kode:
Die Naturalisierung von Geschlechterdifferenzen
Wo auf essenzialistische Kodes Bezug genommen wird, wird die Unüberschreitbarkeit der Geschlechtergrenze behauptet. Dies ist immer dort von Bedeutung, wo AkteurInnen auf unveränderliche Wesensunterschiede zwischen den Geschlechtern rekurrieren, wie z.B. im „familistischen Milieu“, wo essenzialistische Vorstellungen über die Differenz zwischen den Geschlechtern sowohl dem beruflichen wie auch dem Familienleben zugrunde liegen. Hier wird die konstitutive Differenz zwischen den Geschlechtern auf ursprüngliche und unveränderbare Unterschiede zurückgeführt.

Dabei kann es sich um biologische, in der Natur begründete Eigenschaften, die per definitionem vom gesellschaftlichen Wandel ausgenommen sind (Gebärfähigkeit) oder um irreversible Prägungen in der Frühsozialisation handeln.

13 Und wie eine Sprache Sprechakte voraussetzt, die auf konkrete Situationen Bezug nehmen, so können auch die Kodes, in denen die Abgrenzung von Weiblichkeit und Männlichkeit vollzogen werden, Geschlechtsunterschiede nur markieren, wenn AkteurInnen auf sie in konkreten Situationen referieren (vgl. Giesen 1999).
14 Diese Unterscheidung lehnt sich lose an die Kategorisierung kollektiver Identitäten bei Giesen (1999) an.


Alle weiter gehenden gesellschaftlichen Positionszuweisungen und Unterschiede werden letztlich als Folgeerscheinungen dieser ursprünglichen Differenzen begriffen. Der essenzialistische Kode naturalisiert die Grenzen zwischen den Geschlechtern, wie er auch eine „natürliche Ähnlichkeit“ jeweils innerhalb der Klassen der Frauen und der Männer konstituiert. Wo biologistische Kodes Hierarchien zwischen den Geschlechtern begründen, tun sie dies durch Rekurs auf die „natürliche Überlegenheit“ des Mannes. Damit liefern sie ein außergesellschaftliches Fundament männlicher Überlegenheit jenseits des Bereichs des Handelns und der Kultur. Diese erscheint objektiv und unhinterfragbar.

Der biologistische Kode hat unterschiedliche Konsequenzen für die Form und die Erhaltung der Grenze zwischen den Geschlechtern: Die Essenzialisierung ermöglicht die Bekräftigung der Geschlechterdifferenz unter Bedingungen rasanten sozialen Wandels. Geschlechterdifferenzen können eine radikale Veränderung von Geschlechtsrollen unbeschadet überstehen, weil die Behauptung einer natürlichen Differenz durch den Austausch konkreter Inhalte von Rollen nicht tangiert wird.

Allerdings ist mit dem biologistischen Kode zugleich eine unflexible Polarisierung von Weiblichkeit und Männlichkeit verbunden, die weitere Differenzierungen innerhalb der Geschlechterklassen nicht abbilden kann.

Essenzialistische Kodes beziehen ihre Plausibilität ja im Wesentlichen aus Arrangements, die durch ein „Eins-zu-eins“ zwischen den Geschlechtern strukturiert sind, wie etwa die dya-disch-polare Koalition des Paares (Goffman 1977). Vor dem suggestiven Hintergrund des Zahlenproporzes der Geschlechter können sie den in der binären Version der Ehe aufs anschaulichste zum Ausdruck gebrachten Geschlechterdualismus jedoch in weite Bereiche unserer Gesellschaft transportieren (Tyrell 1986).

Folgen wir Laqueur (1992), dann ist die Biologisierung von Geschlechterdifferenzen in den westlichen Gesellschaften - historisch betrachtet - eine relativ junge Erscheinung.

Sie entwickelte sich aus der Konvergenz des ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts erfolgenden Aufstiegs medizinisch-anatomischer Wissenschaften mit dem Strukturwandel von Öffentlichkeit und Privatheit. Bis dahin galt die Frau sowohl in sozialer als auch körperlicher Hinsicht nicht als das Gegenteil, sondern lediglich als minderwertige, aber prinzipiell „aus dem gleichen Stoff“ gemachte Version des Mannes. Physische Geschlechtsunterschiede wurden nicht als „natürliche Basis“ von Geschlechtsrollen begriffen; vielmehr waren soziale, körperliche und metaphysische Bestimmungen der Geschlechterdifferenz eng miteinander verwoben.

Erst ab der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurde anhand der biologischen Beschaffenheit und geschlechtlichen Andersartigkeit von Frauen eine nicht mehr nur graduelle Differenz zwischen den Geschlechtern begründet.

Männer und Frauen wurden zu kategorial verschiedenen Wesen (vgl. Hausen 1976). Diese Form antagonistisch-komplementärer Grenzkonstruktion erhielt seine Plausibilität durch der Intimisierung des häuslichen Lebens und die daraus erwachsene Komplementarität von häuslicher (weiblicher) und öffentlicher (männlicher) Sphäre.

3.2 Der Traditionale Kode:
Männlichkeit als Trägerprinzip kollektiver Werte
Der zweite wesentliche Kode, der traditionale Typus, konstruiert Geschlechterdifferenzen auf der Basis von Rollen, impliziten Verhaltensregeln und inkorporierten Routinen. Er bindet die konstitutive Differenz der Geschlechter nicht an psychologische oder biologische Wesenseigenschaften, sondern an die überlieferte Ordnung: Das war schon immer so! Als deren Trägerprinzipien werden Weiblichkeit und Männlichkeit nicht als in der Person liegende essenzielle Eigenschaften begriffen, vielmehr werden sie an institutionelle Arrangements gebunden, die dem Einzelnen „Geschlechtsehre“ verleihen oder absprechen können.

Der Vorteil des traditionalen gegenüber dem essenzialistisch-biologistischen Kode ist eine größere Flexibilität bei der Konstruktion von Geschlechterdifferenzen und ihrer Verknüpfung mit anderen Differenzen in einem semantischen Feld. Jeder Kontext, jede Institution, die von traditionalen Kodes Gebrauch macht, pflegt die Geschlechterdifferenz mit anderen Differenzen, mit anderen semantischen Bestimmungen aufzuladen und anzureichern. Im traditionalen Kode bilden daher genuin soziale Bestimmungen den Kern dessen, was weiblich oder männlich ist. Doch vergleichbar mit dem essenzialistischen Kode werden auch sie einer expliziten Rechtfertigung oder Infragestellung entzogen und nur selten zum Gegenstand von Reflexionen oder Verhandlungen gemacht.

Ihre Differenz ist selbstverständlicher Teil alltäglicher Praxis.
Wo traditionale Kodes geschlechtsspezifische Hierarchien begründen, tun sie dies durch die Bindung zentraler Werte an kulturelle Muster von Männlichkeit und an die Aufrechterhaltung der Geschlechtergrenzen. Die Überschreitung der Grenze ist keine „widernatürliche Handlung“ wie im essenzialistischen Kode, auch kein Akt der Emanzipation wie im universalistischen Kode, sondern sie wird als Infragestellung, als Angriff auf die Ordnung aufgefasst. Umgekehrt wird in Krisenzeiten das Ausmaß der Bedrohung einer kollektiven Ordnung an den Tendenzen zur Abweichung von überlieferten Vorstellungen der Männlichkeit und Weiblichkeit abgelesen. Die Bindung von Geschlechterordnungen an Traditionen geschieht in den meisten institutionellen Arrangements eher nicht ausdrücklich durch die Herstellung einer Verknüpfung zwischen den in bestimmten Rollen und Routinen niedergelegten Werten mit einer spezifischen „Männlichkeit“ und (seltener) „Weiblichkeit“.

Nur in besonderen Erinnerungsritualen kommt es zu einer ausdrücklichen Verknüpfung zwischen Männlichkeit und den zentralen Werten einer Gemeinschaft oder Institution. Erinnerungsrituale beinhalten die Vergegenwärtigung eines gemeinsamen Ursprungs, einer Vergangenheit und einer Tradition durch konkrete Personen, Orte und Ereignisse. Dieser Ursprung wird meist einem oder einer Gruppe von „Gründervätern“ zugeschrieben, die durch hervorragende Fähigkeiten und Taten die Institution oder die Gemeinschaft ins Leben riefen. Eine derartige zeremoniell begangene Repräsentation bzw. Neuinszenierung der Vergangenheit
schafft eine hierarchische Unterscheidung zwischen Männern, die als potenzielle Träger der Tradition und rechtmäßige Erben der gemeinschaftlichen Werte auftreten, und Frauen, die davon ausgeschlossen sind bzw. denen die Annäherung an die Kernbereiche der Institution bzw. des Kollektivs nur unter ganz bestimmten Bedingungen und nach bestimmten Prüfungen gewährt wird. Traditionale Kodes reproduzieren die ungleiche Verteilung der Geschlechter auf Positionen und neigen dazu, egalitäre Besetzungen auf periphere Bereiche der Institution oder des Kollektivs zu beschränken.

3.3 Der Universalistische Kode:
Die Überwindung der Differenz
Der universalistische Kode - der auch dem Modell der egalitären Partnerschaft zugrunde liegt - sieht die konstitutive Differenz zwischen den Geschlechtern in einer gesellschaftlich verursachten ungleichen Teilhabe von Frauen und Männern an Werten wie Fortschritt, Rationalität, Vernunft und Aufklärung.

Ähnlich wie der traditionale Kode gehen auch universalistische Kodes nicht davon aus, dass der Unterschied zwischen den Geschlechtern eine externe Grundlage in der Natur besitzt. Doch im Unterschied zu diesem strebt er die universelle Inklusion und die gleiche Teilhabe aller an. Dies impliziert eine radikal andere Sichtweise auf die Problematik der Exklusion und der Ungleichheit zwischen den Geschlechtern: Die Grenzen zwischen den Geschlechtern sollen nicht konserviert, sondern können und sollen durch Kommunikation, Erziehung und Bildung überschritten werden.

Frauen unterscheiden sich nicht grundsätzlich von Männern, sie haben die gleichen Anlagen und Fähigkeiten. Doch solange sie sich von den „Einengungen überholter Geschlechtsrollen“ nicht befreit haben, gelten sie als defizitär.

Um als voll gültiges Individuum anerkannt zu werden, müssen Lehren durchlaufen, Studien absolviert, Sozialisations- und Modernisierungsdefizite „aufgeholt“ werden. Der universalistische Kode beinhaltet deshalb eine missionarisch-pädagogische Haltung gegenüber dem „anderen Geschlecht“: Er eröffnet die Chance zur Überwindung sozialer Exklusion - freilich um den Preis der Anerkennung von Unterlegenheit. Der pädagogische Geist universalistischer Kodes öffnet deshalb nicht nur die Grenzen, er übt auch einen gewissen Zwang zur Überwindung von Differenzen und Unterschieden aus. Diejenigen, die sich der Aufklärung und der Umerziehung widersetzen, sind nicht nur anders und inferior, sie tragen für ihre gesellschaftliche Exklusion und Unterlegenheit nun ganz allein die Verantwortung.

4 Die symbolische Reproduktion geschlechtsspezifischer Ungleichheit in der Alltagspraxis von Paarbeziehungen
Es ist eine These dieses Buches, dass die Reproduktion sozialer Ungleichheiten im Medium symbolischer Auseinandersetzungen erfolgt. Dies gilt auch und gerade für Geschlechterungleichheiten, die - folgen wir Bourdieu (1997) – geradezu ein Paradigma symbolischer Herrschaft darstellen.

Daran anknüpfend möchte ich im Folgenden am Beispiel der Alltagspraxis in Paarbeziehungen zeigen, welchen milieuspezifischen Logiken die Auseinandersetzungen um die Vorherrschaft im Geschlechterverhältnis folgen.

Sie nehmen - in Abhängkeit davon, ob Geschlechterdifferenzen in erster Linie in Konventionen (traditioneller Kode) oder in der Natur (essenzialistischer Kode) begründet werden oder ob sie als eine gesellschaftlich gemachte Differenz (universalistischer Kode/individualisiertes Milieu) überwunden werden sollen - ganz unterschiedliche Formen an. Aus Raumgründen werde ich mich dabei auf die Darstellung des traditionalen und des individualisierten Milieus beschränken.

4.1 Das individualisierte Paar
Im Unterschied zum traditionalen und familistischen Milieu, in denen essenzialistische und traditionalistische Vorstellungen von der grundlegenden Differenz der Geschlechter vorherrschen, finden wir in der Paardynamik des individualisierten Milieus einen universalistischen Anspruch auf eine gleichberechtigte Partnerschaft auf der Basis einer von Geschlechtsrollen „freigesetzten“ Subjektivität.

Man hat sich über die grundlegende Gleichheit der Geschlechter verständigt, die Frauen nicht länger auf ein stellvertretendes Erleben und Handeln reduzieren soll: Beide Partner sind berufstätig, und die Hausarbeit soll gleich verteilt werden. Doch die konkrete Alltagspraxis zeigt ein komplexeres und widersprüchlicheres Bild. Der universalistische Kode, das zeigt die Konfliktdynamik innerhalb individualisierter Paarbeziehungen, hebt die Ungleichheit nicht notwendig auf, sondern verändert zunächst nur die Formen der Konfliktualisierung ehelicher Machtverhältnisse, deren Konsequenzen den Beteiligten jedoch in der Regel verborgen bleiben: Obwohl vordergründig die egalitäre Partnerschaft bereits realisiert zu sein scheint, werden subtile, von beiden Partnern gestützte Maßnahmen ergriffen, die die geschlechterhierarchische Beziehung wieder herstellen. Ich werde die Problematik latenter Geschlechtsnormen und die Paradoxien des universalistischen Kodes am Beispiel der Arbeitsteilung im Haushalt an zwei Fallbeschreibungen vorführen.

4.2 Zwei Fallbeispiele
Der erste Fall ist im individualisierten Milieu in Berlin angesiedelt. Brigitte und Heiko Lichtenberg (verheiratet, zwei Kinder) sind in anspruchsvoller Weise berufstätig. Die Haus- und Erziehungsarbeit soll gleich verteilt sein. Zum Zeitpunkt des Interviews nimmt der Mann Erziehungsurlaub für das zweite Kind, die Frau ist Alleinverdienerin. Nach dem Rotationsverfahren soll damit ein Ausgleich für den Erziehungsurlaub, den Frau Lichtenberg anlässlich des ersten Kindes genommen hat, geschaffen werden. Beide sind überzeugt, den Rollentausch erfolgreich vorgenommen zu haben: In der gegenwärtigen Phase ist der Mann alleine und voll für Haushalt und Kinder zuständig. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass die
Hausarbeit allenfalls gleich verteilt ist. Der Arbeitstag von Herrn Lichtenberg als Hausmann beginnt, wenn seine Frau das Haus verlässt, und endet mit ihrem Wiedereintritt in die häusliche Sphäre. Am frühen Morgen, am Abend und am Wochenende erledigt Frau Lichtenberg einen erheblichen Teil der Hausarbeiten, und sie beschäftigt sich vor allem mit den Kindern, die ihre Mutter trotz der Anwesenheit des Vaters als Ansprechpartnerin bevorzugen. Sie hebt ausdrücklich hervor, dass sie dies „nicht problematisch“ findet. Alle Formulierungen von Frau Lichtenberg sind darauf angelegt, die jetzt erreichte Gleichverteilung der häuslichen Pflichten hervorzuheben - in einer Phase der Rotationsvereinbarung, wo doch der Mann nicht die Hälfte, sondern das ganze Programm übernehmen sollte.15 Eine ähnliche Problematik zeigt sich auch im Fall Kreibich/Kalitz, der ebenfalls im individualisierten Milieu (Berlin) angesiedelt ist. Beide studieren im gleichen Semester Kunst, wodurch die Partnerschaftsidee in idealer Weise erfüllt scheint. Gleichzeitig entsteht dadurch eine Konkurrenzsituation, in deren Sog auch die Verteilung der häuslichen Pflichten gerät. Im Widerspruch zu der von beiden geäußerten Absicht, die Hausarbeit gleich zu verteilen, beschränkt sich die häusliche Beteiligung des Mannes auf die „Mithilfe“ beim Abwaschen, das Hinuntertragen des Mülleimers und die groben Putzarbeiten. Die meisten und zeitaufwendigeren Arbeiten wie die Pflege der Wäsche, das ständige Sauberhalten der Wohnung und die Zubereitung der Nahrung verbleiben dagegen in den Händen der Frau. Die Trivialisierung von Häuslichkeit weist seine Ambitionen gegenüber ihren als hö-herwertig aus, obwohl die PartnerInnen ähnliche berufliche Ziele verfolgen. Seine künstlerischen Ambitionen sind - gemessen an der Menge der unterlassenen Hausarbeit - wertvoller.

Der universalistische Kode, die Vorstellung partnerschaftlicher Egalität, erzeugt dabei seine eigenen Widersprüchlichkeiten: Hausarbeit wird in dem Maße, wie sie sich aus dem Bezugsrahmen vorgegebener Geschlechtsrollen herauslöst, selbst zum Medium der symbolischen Reproduktion geschlechtlicher Ungleichheit in Paarbeziehungen. Was den Partnern dann noch bleibt ist die Invisibilisierung der Differenzen, die Uminterpretation von Wirklichkeit und die Ausblendung von Indizien, die der Partnerschaftsidee widersprechen: Die Paare vermeiden zu genau hinzusehen, denn die Existenz von Machtdifferenzen ist unter diesen Bedingungen ruinös. Um sich vor unliebsamen Entdeckungen zu schützen, arbeiten die Partner mit vereinten Kräften an der Gleichheitsfiktion. Die Hausarbeiten werden bei Paul und Beate zum Beispiel in „grobe“ und „feine“ aufgeteilt und damit zunächst von der emotional aufgeladenen Gleichheitsfrage abgekoppelt. Beate ist für die feinen, Paul für die groben Arbeiten zuständig. Praktisch bedeutet diese Aufteilung jedoch, dass Beate für das ständige Sauberhalten der Wohnung zuständig ist, während die als grob klassifzierten Arbeiten Pauls punktuelle und einmalige Hilfeleistungen darstellen. Damit wird die Verteilung der Hausarbeit - in Übereinstimmung

15 Für eine ausführlichere Analyse des Falles siehe Koppetsch/Burkart (1997).

mit der Idee der Partnerschaftlichkeit - als das Resultat der Anwendung fairer Regeln ausgegeben.

Eine weitere Strategie besteht in der Individualisierung von Ansprüchen, die an Sauberkeit und Ordnung im Haushalt gestellt werden. Paul findet gepflegte Wäsche und sauberes Geschirr weniger wichtig als Beate. Er sieht nicht ein, so viel Zeit dafür zu verwenden und beansprucht, seine Beteiligung am Haushalt auf die Bereiche zu konzentrieren, die er für wichtiger hält. Damit wird die Hauarbeit Beates aus der gemeinsamen Bilanz ausgeklammert: Wenn Beate mehr Hausarbeit erledigt, ist das ihr Problem, sie hat eben andere Ansprüche an Sauberkeit und Ordnung. Damit können auch die Schuldgefühle, die Paul angesichts der Fülle der Indizien fortbestehender Ungleichheit gelegentlich befallen, besser zum Schweigen gebracht werden. Doch wäre es zu kurz gegriffen, dies allein als typisch männliches Manöver zur Abwendung unangenehmer Pflichten zu begreifen. Auch Beate erklärt, die von ihr in die Hand genommene Wäschepflege sei kein karitativer Einsatz, kein Opfer, sondern entspringe ihrem eigenen Interesse - nämlich dem Versuch, den Wert der Wäsche zu bewahren. Wir sehen also hier die Tücken des universalistischen Kodes: Die Idee der Gleichheit verhindert hier, das eigene Verhalten im Bezugsrahmen vorgegebener Geschlechtsrollen wahrzunehmen und innerhalb des „traditionellen Geschlechtervertrags“ honorieren zu lassen. Die Institutionalisierung einer ungünstigen Tauschrelation für Beate besteht nicht einfach darin, dass sie mehr Haushaltsarbeit leistet als Paul, sondern dass die Norm der radikalen Individualisierung eine Honorierung der von ihr erbrachten Leistungen nicht mehr erlaubt. Sie wird als Pingeligkeit, als unnötige Sauberkeit zurückgewiesen und aus dem gegenseitigen Nehmen und Geben in der Paarbeziehung herausgenommen. Sie ist nun keine Gabe mehr, die Dankbarkeit oder eine entsprechende Gegengabe nach sich zieht, sondern eine persönliche Vorliebe. Jeder hat sein Recht auf seine Unordnung, und niemand darf dem anderen sein System aufzwingen. Die Aufrechterhaltung der alten Rollen wird durch diese Sichtweise verdeckt. Deshalb bleibt den Beteiligten nur mehr die Möglichkeit, die ungleiche Verteilung als Resultat einer freien Entscheidung auszugeben. Die Neudefinition der Geschlechterbeziehungen in der modernen Partnerschaft erweist sich also als Normvorschrift mit geringerem Einfluss auf die faktische Entwicklung der Partnerschaft als bisher angenommen. Die im Partnerschaftsmodell implizierte Idee der Gleichheit resultiert, trotz der nicht zu leugnenden Veränderung gegenüber der Naturalisierung von Geschlechterdifferenzen, nicht einfach in einer Aufhebung geschlechtsspezifischer Ungleichheit, sie verändert die Spielregeln und die Begründungsmuster in den symbolischen Auseinandersetzungen zwischen den Geschlechtern. Bei der Suche nach authentischen Beziehungen jenseits von „rollenmäßigen Zwängen“ wird bisweilen nicht nur die geschlechtsspezifische Ungleichheit nicht beseitigt, sondern in bestimmter Hinsicht sogar noch vertieft. Die Idee der Gleichheit in den modernen Partnerschaften verhindert, das eigene Verhalten im Bezugsrahmen vorgegebener Geschlechtsrollen zu interpretieren und innerhalb des traditionellen „Geschlechtervertrages“ honorieren zu lassen.

Was zuvor Bestandteil eines festgelegten Rollenrepertoires war, vor dem man sich durchaus distanzieren konnte, wird nun zum individuellen Persönlichkeitsmerkmal stilisiert.16 Weil es nicht mehr möglich ist, Unterschiede zwischen den Geschlechtern in eine übergreifende Ordnung zu integrieren oder auf eine unveränderliche Essenz zurückzuführen, wird die verbleibende Differenz als Ausdruck persönlichen Versagens und unerwünschter traditionaler Prägungen aufgefasst. Der Bezugsrahmen der Ungleichheit - die ganze Person und nicht mehr nur die Rolle - wird durch die individualistische Vorstellung von Partnerschaft dabei geradezu institutionalisiert. Die Konsequenz ist, dass auch die daraus resultierende Ungleichheit als Persönlichkeitsmerkmal und nicht als Merkmal einer Rolle verstanden werden muss. Während die traditionellen Geschlechtsrollen wie eine „lebensweltliche Barriere“ (Neckel) gegen die Verunsicherungen wirken, die mit dem weiblichen Geschlechtsschicksal verbunden waren, setzt „die neue Geschlechte-rungleichheit“ am Individuum an, erlaubt die persönliche Schuldzuweisung, die mit dem Gefühl von Unterlegenheit verbunden ist.

Hinzu kommt, dass der im Gleichheitsanspruch beinhaltete Universalismus - wie bereits ausgeführt - sich vor allem an die Frau richtet. Dies spiegelt sich auch in den Auffassungen unserer Paare wider: Weil die voll individualisierte Persönlichkeit am Vorbild männlicher Subjektivität gemessen wird, bleibt das Modell der egalitären Partnerschaft ein einseitiger Appell an die Frau, ihre „traditionelle Rol-le“ zu sprengen und den „Beweis ihrer Emanzipation" notfalls auch gegen den Partner und die eigenen Vorstellungen von Ordnung und Sauberkeit zu erbringen. Ein Beitrag von männlicher Seite, d.h. die freiwillige Übernahme von mehr Hausarbeit und die Annäherung des Mannes an eher weibliche Verhaltensmodelle, ist auf Grund der besonderen Hochschätzung persönlicher Autonomie gerade im individualisierten Milieu unwahrscheinlich. Eher sind es die Frauen - nicht die Männer - die aufgefordert sind, sich von ihrer „traditionellen Geschlechtsrolle“ zu distanzieren und ihre Individualität nach dem Modell männlicher Autonomie aktiv zu entfalten. Und solange sie es „nicht geschafft haben“, ihre Rolle nach Maßgabe des im Partnerschaftsmodell vorgesehenen Musters radikaler Individualisierung zu verändern, wird dies als individuelles Versagen, als Rückfall in traditionelle Geschlechtsrollen wahrgenommen.

16 In dem Maße, wie Hausarbeit nicht mehr an Rollen, an bestimmte vorgegebene Verhal-
tensmuster gebunden ist, wird sie also zum Symbol einer psychologisch weit tiefer liegenden Weiblichkeit oder Männlichkeit. Darin unterscheiden sich z.B. die traditionelle und die moderne Mittelschicht von der Unterschicht, in der das Ausführen von Hausarbeit die eigene Männlichkeit nicht tangiert, da Rollen anderweitig abgesichert werden.
Milieu und Geschlecht


4.3 Das traditionale Paar
Während im individualisierten Milieu der Anspruch auf Überwindung geschlechtsspezifischer Ungleichheit den Rahmen der symbolischen Auseinandersetzungen absteckt wird, finden wir in den Auseinandersetzungen des traditionalen Milieus eine Kombination aus essenzialistischen - meist auf Körperkraft bezogenen - und traditionalen Kodierungen der Geschlechterdifferenz. Für alle Personen unseres traditionalen Milieus besitzt die geschlechtliche Arbeitsteilung und das darin symbolisierte Machtgefälle zwischen den Geschlechtern eine große Selbstverständlichkeit. Die Geschlechterordnung ist nicht problematisch und damit auch nicht legitimationsbedürftig, sie ist über jede Diskussion erhaben. Daher war der methodische Zugang zur Doxa unseres traditionalen Milieus nicht einfach. Die Unumstößlichkeit der Geschlechterordnung zeigt sich gerade im Fehlen von sachlichen Argumenten und Begründungen (Diskurs).

Das Geschlechterverhältnis wird nicht diskutiert, sondern materialisiert sich in bestimmten Ausdrucksformen und Arrangements. Es kommt insbesondere in der räumlichen Trennung der Geschlechter zum Ausdruck, die die Welten von Männern und Frauen relativ streng gegeneinander abschirmt. Die weiblichen und männlichen Bereiche sind fast wie zwei Sphären, die sich selten berühren. Insbesondere Männer werden durch die soziale Trennung der Sphären aufgefordert, sich von weiblichen Tätigkeiten fernzuhalten und nicht zu viel Zeit im Haus bei der Ehefrau zu verbringen. Die Forderung, dass sich ein Mann überzeugend von seiner Frau abgrenzt und damit seine Männlichkeit unter Beweis stellt, könnte durch nichts deutlicher vor Augen geführt werden als durch die Koketterie, mit der sich die Männer aus dem traditionalen Milieu im Interview ihrer Faulheit in Haushaltsdingen rühmen.

Die Männlichkeit eines Mannes, der sich zu sehr um den Haushalt kümmert, muss ernsthaft bezweifelt werden. Auch von den Ehefrauen wird die Hilfestellung in der Regel als Einmischung in ihren Bereich zurückgewiesen: „Dann hätt ich ja gar nichts zu tun“.

Umgekehrt ist es auch den Frauen nicht gestattet, sich in die Sphäre des Mannes einzumischen, da dies in gleicher Weise als Bedrohung seines Kompetenzbereichs, letztlich seiner Männlichkeit aufgefasst würde: „Das ist ihr Haushalt, ihr Revier, das soll sie machen dann, da will ich gar nicht rein. Sie geht auch nicht unter mein Auto und schraubt mir am Auto rum.“ „Das ist mein absolutes Auto und da geht keiner dran.“

Die eigene Geschlechtsrolle auszufüllen ist gleichbedeutend mit der Fähigkeit, die territorialen Rechte auch des anderen Geschlechts zu schützen und zu wahren. Solange die Frau diese Grenze respektiert, hat auch der Mann kein Recht, in die weibliche Sphäre einzudringen. Geschlechtsrollen werden für alle sichtbar nach außen hin abgegrenzt und mit bestimmten Zuständigkeiten ausgefüllt. Übergriffe in das Territorium des/r anderen bedeuten, die eigenen Grenzen und die des/r anderen nicht zu respektieren und letztlich auch die soziale Identität der Frau oder des Mannes zu beeinträchtigen.

Weniger als im familistischen oder individualisierten Milieu besteht der Wunsch nach einer eigenen „kleinen Welt“ im Kreis der Familie. Das traditionale Paar lebt niemals isoliert, sondern ist in Nachbarschafts- und Verwandtschaftsnetzwerke eingebunden, die einen hohen Einfluss auf das Paar ausüben. Dies erklärt sich vor allem aus der geringen örtlichen und sozialen Mobilität. Selten verlassen Ehefrau und Ehemann zum Zweck der Ausbildung oder der Heirat ihr angestammtes Herkunftsmilieu. Ausbildung, Ergreifen eines Berufes und Familiengründung finden meist an ein und demselben Ort statt, so dass nachbarschaftliche und verwandtschaftliche Bindungen sowie vor allem die Bindung zur Herkunftsfamilie nicht nur erhalten bleiben, sondern häufig auch einen entscheidenden Einfluss auf die individuelle Lebensführung ausüben. Meistens behält die Frau nach der Heirat eine enge Beziehung zur Mutter bei, die ihr seelische Unterstützung bei Eheproblemen, Umzügen, der Betreuung der Kinder und beruflichen Entscheidungen gewährt. Bei den Männern ist der Kontakt auf mehrere Personen aus dem Verwandtschaftsnetzwerk verteilt.

Auch sie greifen im Ernstfall auf die Hilfe von Verwandten zurück und unterhalten darüber hinaus freundschaftliche Kontakte zu Schwägern, Brüdern, Cousins. Allerdings unterscheiden sich weibliche und männliche Verwandtschaftsbeziehungen durch ihre sozialen Funktionen: Während Mutter und Tochter sich gegenseitig psychologische Stütze und praktische Hilfen gewähren, ist der eigene Verwandtschaftskreis für den Mann nicht selten ein Forum der Selbstbestätigung und der Austragung männlicher Spiele.

Er muss seiner Verwandtschaft zeigen, dass er eine eigene Meinung hat und nicht „unter dem Pantoffel seiner Frau steht“.

Der traditionale Mann sträubt sich gegen die Zumutungen der weiblichen Lebenswelt und versucht mit allen Mitteln das zu verhindern, was im familistischen Milieu geradezu als Ideal der Paarbeziehung gilt: Die Verschmelzung der Realitäten von Frau und Mann zu einem gemeinsamen Sinnhorizont (Berger/Kellner). Dagegen konstituiert innerhalb des familistischen Milieus jede Familie ihre eigene segregierte Teilwelt, mit ihren eigenen Kontrollen und ihrem eigenen, geschlossenen Wertgefüge. Stärker als im traditionalen Milieu steht hier die Familie im Zentrum der Lebenswelt, und die meisten anderen Beziehungen wie die zu FreundInnen, NachbarInnen und der Kirchengemeinde richten sich nach ihr aus. Die Familie bietet hier den größten Schutz gegen Anomie, d.h. gegen den Verlust von Wirklichkeit in einer - in ihrem inneren Ablauf unverständlichen und in ihrem Charakter anonymen - Gesellschaft.

Die für das traditionale Milieu so typische Kontextuierung der Paarbeziehung in einer größeren Gemeinschaft unterscheidet sich auf der anderen Seite auch von den Systemgrenzen der Paarbeziehung innerhalb des individualisierten Milieus. Während im traditionalen Milieu die Vergesellschaftung der Individuen stark in den durch die Verwandtschaft oder die „Gesetze der Straße“ vorgegebenen Bahnen, d.h. in Abschottung von zentralen gesellschaftlichen Institutionen, verläuft, so zeichnet sich die Paarbeziehung des individualisierten Milieus gerade durch eine radikale Öffnung zur Gesellschaft hin aus. Die Loyalität gilt weder der Familie
Milieu und Geschlecht noch einer größeren Gemeinschaft, die die Einhaltung der Normen argwöhnisch beäugt, sondern der Gesellschaft, die Intimität nur solange toleriert, wie ihre Anschlussfähgikeit an zentrale Institutionen gewahrt bleibt.

4.4 Die Praxis: Die taktische Klugheit der Frau. Die inoffiziellen Regulative
Im traditionalen Milieu, wo reflexive Subjektivität keinen hohen Wert besitzt, wo es nicht darum geht, gegen den überholten Traditionalismus von Männlichkeit und Weiblichkeit anzukämpfen und diesem diskursiv eine geschlechtsneutrale Individualität entgegenzusetzen, wird auch der Geschlechterkampf nicht frontal und mit diskursiven Mitteln angegangen, vielmehr behauptet die Frau ihre Position in Form des Bloßstellens des ritualisierten Charakters von Männlichkeit oder der stillschweigenden Durchsetzung eigener Interessen unter Beibehaltung einer Fassade von männlicher Dominanz.

Die Unterlegenheit der Frau wird in diesem Milieu von der „männlichen Stärke“ abgeleitet, die dem Mann „von Natur aus“ sowohl mehr Körperkraft als auch mehr Charakterstärke zuweist. Weil der unterschiedliche Status der Geschlechter aus einer ungleichen „natürlichen Ausstattung“ der Geschlechter resultiert und kollektiv geteilt wird, ist die Hierarchie der Geschlechter keine persönlicherseits verursachte Unterlegenheit wie innerhalb des individualisierten Milieus, wo – auf Grund der Gleichheitsprätention - ein einheitlicher Maßstab der Bewertung von Frauen und Männern vorliegt. Innerhalb der traditionalen Ehe bildet die Ungleichheit der Geschlechter selbst den Maßstab, an dem die Stellung der Frau bzw. des Mannes bewertet wird. Die Unterlegenheit der Frau ist hier ein kollektiver Status, der von den anderen Frauen geteilt wird und auf Grund äußerer Merkmale und formaler Rollenattribute eindeutig zu bezeichnen ist, dadurch aber keine persönliche Diskriminierung darstellt. Deshalb wird es bisweilen eher geduldet, dass Frauen öffentlich kritisiert oder abgewertet werden. Diese Abwertung der Frauen durch die Männer dient weniger der Problematisierung der weiblichen Subjektivität als der Bestätigung und symbolischen Stabilisierung der Fassade von männlicher Dominanz.

Die Frauen selbst sind daran interessiert, nach außen einen „starken Mann“ vorweisen zu können, der ihr eigenes Prestige erhöht. Dabei kommt es mitunter zu paradoxen Effekten: In manchen Situationen bestehen die Frauen rigider als die Männer auf der Einhaltung der Konventionen, um keinen Zweifel an der Männlichkeit des Ehemannes aufkommen zu lassen. Sofern es ihnen gelingt, ihre Männer - manchmal gegen deren Willen - in die Rolle des überlegenen Partners zu zwingen17, widersprechen sie auf einer performativen Ebene der Vorstellung von einer unterlegenen Frau. Auf der Ebene der kulturellen Leitbilder und der rituellen

Vgl. dazu auch Gather (1996).

Praxis ist die Dominanz des Mannes also gewährleistet. Doch auf einer latenten Ebene gibt es vielfältige subversive Strategien der Frauen, Verweigerungshandlungen oder Heimlichkeiten, mit denen sie die dargestellte männliche Dominanz konterkarieren und ihre eigenen Interessen verfolgen. Das auf der Ebene der Rol-lenperformanz eindeutig hierarchische Geschlechterverhältnis kann also durch geschickte Manöver unterlaufen werden.

Die Möglichkeiten, eigene Interessen durchzusetzen, hängen von der taktischen Klugheit der Frau ab, genauer gesagt von ihrem Vermögen, im Hintergrund die Fäden zu ziehen, ohne das offizielle, nach außen hin repräsentierte Statusgefälle zu beeinträchtigen. Die Frauen verfügen deshalb über zahlreiche Taktiken, auch gegen den Willen des Mannes eigene Interessen zu verfolgen. Das geringe persönliche Commitment gegenüber dem getroffenen Arrangement der Geschlechter zeigt sich anlässlich der innerhalb dieses Milieus so zentralen „Geldkonflikte“. Viele Frauen fühlen sich z.B. moralisch in keiner Weise auf einen sparsamen Umgang mit Geld verpflichtet und nutzen daher jede Gelegenheit, ihren Mann über den wahren Umfang ihrer Ausgaben zu täuschen. Sie führen z.B. heimlich Ferngespräche mit ihrer Schwester und täuscht Sonderangebote vor, um größere Ausgaben gegenüber dem Mann zu rechtfertigen. Eine Frau lässt gegen den ausdrücklichen Willen des Mannes einen gewissen Teil des Haushaltseinkommens ihrer Mutter zukommen. Auch dies hat in aller Heimlichkeit zu geschehen und zeigt wiederum den für das traditionale Milieu so typischen Loyalitätskonflikt zwischen Herkunftsfamilie und Ehebeziehung. In einem anderen Fall ist die nach außen hin nur notdürftig drappierte männliche Autorität mit geringen Machtchancen im Innenverhältnis ausgestattet; sie ist rein „symbolisch“ und eigentlich funktionslos. Die Frau stellt die Vorherrschaft des Mannes in keiner Weise in Frage und sitzt dennoch am längeren Hebel. Sie hat eine „gute Partie“ gemacht und verfügt dank der ökonomischen Absicherung nun über genügend Freiräume, ihren Hobbys nachzugehen und die Kontakte zur Herkunftsfamilie zu pflegen. In der Alltagspraxis verlebt sie ihr Leben ohne ihren Mann und versteht es, die Wünsche ihres Mannes nach sexueller Befriedigung und affektiver Bindung auf Distanz zu halten und gegebenenfalls zu ihren Gunsten zu verwenden.

Dabei handelt es sich keinesfalls um einen Verstoß gegen die Norm der partnerschaftlichen Solidarität. Interessensgegensätze zwischen Frau und Mann sind im Unterschied zum familistischen Eheideal durchaus legitim. Ein moralischer Druck hin zur partnerschaftlichen Solidarisierung, das „an-einem-Strang-Ziehen“ besteht in einem weitaus geringeren Ausmaß als im familistischen Milieu. Meines Erachtens ist dies eine der Konsequenzen einer stark am äußeren Verhalten orientierten Konzeption von Geschlechtsrollen. Moralische Verpflichtungen gegenüber dem/r EhepartnerIn sind gegenüber der Einhaltung von Konventionen zweitrangig. Es geht vor allem darum, sich nach außen, d.h. für alle sichtbar, geschlechtsrollenkonform zu verhalten.18 Deshalb wird in viel geringerem Maß als im familistischen Milieu Wahrhaftigkeit und Authentizität im Umgang miteinander gefordert.

5 Schluss
Der Beitrag wirft eine kontextspezifische Perspektive auf die Konstruktion von Geschlechterverhältnissen. Kulturelle Leitbilder von „Männlichkeit“ und „Weiblichkeit“, wie auch die Vorstellungen, die auf deren Wandel abzielen, sind in der Logik milieuspezifischer Lebenszusammenhänge angesiedelt. Sie stehen in wechselseitiger Abhängigkeit mit den sozialen Lagen und Lebensstilen der Milieus und verknüpfen verschiedene Felder, vor allem die Privatsphäre und die öffentlich-berufliche Sphäre, innerhalb des milieuspezifischen Lebenszusammenhangs. Milieuspezifisch verschieden sind auch die symbolischen Auseinandersetzungen um die Dominanzordnung im Geschlechterverhältnis, wie hier am Beispiel von Paarbeziehungen gezeigt wurde.

Ein Grundkonflikt, der sich durch das individualisierte Milieu zieht, ist die Diskrepanz zwischen diskursiven und praktischen Normen: Während auf der diskursiven Ebene beide PartnerInnen glauben, die Regeln des Zusammenlebens selbst zu bestimmen und eine Gleichverteilung der Hausarbeit vorzunehmen, verläuft die Praxis der Paarbeziehung in den bewährten Bahnen geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung. Dabei zeigt sich paradoxerweise, dass gerade der Aushandlungscharakter eine entscheidende Stütze männlicher Vorherrschaft in der individualisierten Paarbeziehung darstellt, weil er ein Einverständnis der Frau in ihre untergeordnete Position erleichtert. „Konsensfiktionen“ (Eckart/Hahn) verhindern hier die Wahrnehmung der weiterhin bestehenden Ungleichheit. Genau umgekehrt verhält es sich dagegen im traditionalen Milieu, in dem kein Anspruch auf Konsens besteht, weil die Dominanzordnung im Geschlechterverhältnis von vornherein feststeht.

Die Auseinandersetzungen haben hier den Charakter von Interessenskonflikten, bei denen es der Frau mehr oder weniger gelingen kann, ihre Wünsche unter Beibehaltung der patriarchalen Fassade auch gegen die Interessen des Mannes dEuinrceh Tzuhseeotrzien d. er Reproduktion geschlechtlicher Ungleichheit im Medium symbolischer Auseinandersetzungen kann deshalb nicht losgelöst von spezifischen Kontexten entwickelt werden. Die Konfliktualisierung wie auch die Festschreibung von geschlechtlicher Ungleichheit folgen in verschiedenen Milieus unterschiedlichen Logiken. Es bleibt jedoch eine offene Forschungsfrage, ob die hier am Beispiel von Paarbeziehungen untersuchten Muster symbolischer Grenzziehungen unterschiedliche soziale Felder übergreifen oder ob und wie sie feld- bzw. situati-

18 Unsere idealtypische Charakterisierung des traditionalen Milieus kann über unser eigenes
Interviewmaterial hinaus auch durch diverse Fallstudien aus der Literatur belegt werden. Vgl. z.B. Gather (1996, S. 93ff.), Clarke u.a. (1981), Connell (1995).


onsspezifisch modifiziert werden. Ich habe oben auf Parallelen zwischen der Reproduktion asymmetrischer Geschlechterverhältnisse in der privaten und der beruflichen Sphäre hingewiesen. Darüber hinaus würde es sich für weiter führende Forschungen lohnen, die symbolische Konstruktion von Geschlecht auch in anderen Feldern, z.B. in den Medien oder in der Öffentlichkeit, in den Milieuvergleich mit einzubeziehen.

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Sonntag, 15. Februar 2009

Heirat und Klasse

City Journal Home.
Kay S. Hymowitz
Marriage and Caste
America’s chief source of inequality? The Marriage Gap.
Winter 2006

For a while it looked like Hurricane Katrina would accomplish what the NAACP never could: reviving civil rights liberalism as a major force in American politics. There it was for the whole world to see: the United States was two nations, one rich, one poor and largely black, one driving away in the family SUV to sleep in the snug guest rooms of suburban friends and relatives, the other sunk in the fetid misery of the Superdome. Newsweek, echoing Michael Harrington’s 1962 landmark book that ignited the War on Poverty, titled its Katrina coverage “The Other America” and warned the nation not to return to the “old evasions, hypocrisies, and not-so-benign neglect” of the “problems of poverty, race, and class.”

Though that liberalism revival only lasted for about five minutes, the post-Katrina insight was correct. There are millions of poor Americans, living not just in down-on-your-luck hardship but in entrenched, multigenerational poverty. There is growing inequality between the haves and the have-nots. And there are reasons to worry whether the American dream is within the reach of all.

But what two-America talk doesn’t get is just how much these ominous trends are entangled with the collapse of the nuclear family. While Americans have been squabbling about gay marriage, they have managed to miss the real marriage-and-social-justice issue, one that affects far more people and threatens to undermine the American project. We are now a nation of separate and unequal families not only living separate and unequal lives but, more worrisome, destined for separate and unequal futures.

Two-America Jeremiahs usually nod at the single-parent family as a piece of the inequality story, but quickly change the subject to describe—accurately, as far as it goes—an economy that has implacably squeezed out manufacturing jobs, reduced wages for the low-skilled, and made a wallet-busting college education crucial to a middle-class future. But one can’t disentangle the economic from the family piece. Given that families socialize children for success—or not—and given how marriage orders lives, they are the same problem. Separate and unequal families produce separate and unequal economic fates.

Most people understand what happened to the American family over the last half-century along these lines: the birth control pill begat the sexual and feminist revolutions of the 1960s, which begat the decline of the traditional nuclear family, which in turn introduced the country to a major new demographic: the single mother. Divorce became as ubiquitous as the automobile; half of all marriages, we are often reminded, will end in family court. Growing financial independence and changing mores not only gave women the freedom to divorce in lemming-like numbers; it also allowed them to dispense with marriage altogether and have children, Murphy Brown–style, on their own. (This is leaving aside inner-city teenage mothers, whom just about everyone sees as an entirely different and more troubling category.) Today, we frequently hear, a third of all children are born to unmarried women.

To put it a little differently, after the 1960s women no longer felt compelled to follow the life course charted in a once-popular childhood rhyme—first comes love, then marriage, then the baby carriage. Sure, some people got married, had kids, and stayed married for life, but the hegemony of Ozzie and his brood was past. Alternative families are just the way things are; for better or for worse, in a free society people get to choose their own “lifestyles”-bringing their children along for the ride-and they are doing so not just in the United States but all over the Western world.

That picture turns out to be as equivocal as an Escher lithograph, however. As the massive social upheaval following the 1960s—what Francis Fukuyama has termed “the Great Disruption”—has settled into the new normal, social scientists are finding out that when it comes to the family, America really has become two nations. The old-fashioned married-couple-with-children model is doing quite well among college-educated women. It is primarily among lower-income women with only a high school education that it is in poor health. This fact may not conform to the view from Hollywood; movies from Kramer vs. Kramer to The Ice Storm to the recent The Squid and the Whale, not to mention unmarried celebrity moms like Goldie Hawn and moms-to-be like Katie Holmes, have helped reinforce the perception that elite women snubbing a conformist patriarchy were the vanguard of a vast social change. Now it’s pretty clear that this is a myth saying more about La-La Land than the reality of American family breakdown.

The most important recent analysis of that reality is “The Uneven Spread of Single-Parent Families,” a 2004 paper by Harvard’s David Ellwood and Christopher Jencks. The Kennedy School profs divide American mothers into three categories by education level: women with a college degree or higher; women with a high school diploma (including those with some college, whose trends look very similar to those with high school alone); and women who never graduated high school. The paper’s findings are worth pondering in some detail.

Forty-five years ago, there was only a small difference in the way American women went about the whole marriage-and-children question; just about everyone, from a Smith grad living in New Canaan, Connecticut, to a high school dropout in Appalachia, first tied the knot and only then delivered the bouncing bundle of joy. As of 1960, the percentage of women with either a college or high school diploma who had children without first getting married was so low that you’d need a magnifying glass to find it on a graph; even the percentage of high school dropouts who were never-married mothers barely hit 1 percent. Moreover, after getting married and having a baby, almost all women stayed married. A little under 5 percent of mothers in the top third of the education distribution and about 6 percent of the middle group were either divorced or separated (though these figures don’t include divorced-and-then-remarried mothers). And while marital breakup was higher among mothers who were high school dropouts, their divorce rate was still only a modest 8 percent or so.

That all changed in the decades following the 1960s, when, as everyone who was alive at the time remembers, the American family seemed on the verge of self-immolation. For women, marriage and children no longer seemed part of the same story line. Instead of staying married for the kids, mothers at every education level joined the national divorce binge. By 1980, the percentage of divorced college-educated mothers more than doubled, to 12 percent—about the same percentage as divorced mothers with a high school diploma or with some college. For high school dropout mothers, the percentage increased to 15 percent. An increasing number of women had children without getting married at all. So far the story conforms to general theory.

But around 1980, the family-forming habits of college grads and uneducated women went their separate ways. For the next decade the proportion of college-educated moms filing for divorce stopped increasing, and by 1990 it actually starting going down. This was not the case for the least educated mothers, who continued on a divorce spree for another ten years. It was only in 1990 that their increase in divorce also started to slow and by 2000 to decline, though it was too late to close the considerable gap between them and their more privileged sisters.

Far more dramatic were the divergent trends in what was still known at the time as illegitimacy. Yes, out-of-wedlock childbearing among women with college diplomas tripled, but because their numbers started at Virtually Nonexistent in 1960 (a fraction of 1 percent), they only moved up to Minuscule in 1980 (a little under 3 percent of mothers in the top third of education distribution) to end up at a Rare 4 percent.

Things were radically different for mothers in the lower two educational levels. They decided that marriage and children were two entirely unconnected life experiences. That decline in their divorce rate after 1990? Well, it turns out the reason for it wasn’t that these women had thought better of putting their children through a parental breakup, as many of their more educated sisters had; it was that they weren’t getting married in the first place. Throughout the 1980s and nineties, the out-of-wedlock birthrate soared to about 15 percent among mothers with less than a high school education and 10 percent of those with a high school diploma or with some college.

Many people assume that these low-income never-married mothers are teen mothers, but teens are only a subset of unmarried mothers, and a rather small one in recent years. Yes, the U.S. continues to be the teen-mommy capital of the Western world, with 4 percent of teen girls having babies, a rate considerably higher than Europe’s. But that rate is almost one-third lower than it was in 1991, and according to up-to-the-minute figures from the National Center for Health Statistics, teens account for only about a quarter of unwed births—compared with half in 1970. Today 55 percent of unmarried births are to women between 20 and 24; another 28 percent are to 25- to 29-year-olds. These days, it is largely low-income twentysomethings who are having a baby without a wedding ring. The good news is that single mothers are not as likely to be 15; the bad news is that there is now considerable evidence to suggest that, while their prospects may be a little better than their teenage sisters’ would be, they are not dramatically so.

Race has also added to misperceptions about single mothers. It’s easy to see why, with close to 70 percent of black children born to single mothers today—including educated mothers—compared with 25 percent of non-black kids. But blacks make up only 12 percent of the country’s population, and black children account for only one-third of the nation’s out-of-wedlock kids.

Tune out the static from teen pregnancy, race, and Murphy Brown, then, and the big news comes into focus: starting in 1980, Americans began to experience a widening Marriage Gap that has reached dangerous proportions. As of 2000, only about 10 percent of mothers with 16 or more years of education—that is, with a college degree or higher—were living without husbands. Compare that with 36 percent of mothers who have between nine and 14 years of education. All the statistics about marriage so often rehashed in magazine and newspaper articles hide a startling truth. Yes, 33 percent of children are born to single mothers; in 2004, according to the National Center for Health Statistics, that amounted to 1.5 million children, the highest number ever. But the vast majority of those children are going home from the maternity wards to low-rent apartments. Yes, experts predict that about 40 to 50 percent of marriages will break up. But most of those divorces will involve women who have always shopped at Wal-Mart. “[T]he rise in single-parent families is concentrated among blacks and among the less educated,” summarize Ellwood and Jencks. “It hardly occurred at all among women with a college degree.”

When Americans began their family revolution four decades ago, they didn’t tend to talk very much about its effect on children. That oversight now haunts the country, as it becomes increasingly clear that the Marriage Gap results in a yawning social divide. If you want to discuss why childhood poverty numbers have remained stubbornly high through the years that the nation was aggressively trying to lower them, begin with the Marriage Gap. Thirty-six percent of female-headed families are below the poverty line. Compare that with the 6 percent of married-couple families in poverty—a good portion of whom are recent, low-skilled immigrants, whose poverty, if history is any guide, is temporary. The same goes if you want to analyze the inequality problem—start with the Marriage Gap. Virtually all—92 percent—of children whose families make over $75,000 are living with both parents. On the other end of the income scale, the situation is reversed: only about 20 percent of kids in families earning under $15,000 live with both parents.

Princeton sociologist Sara McLanahan, co-author of the breakthrough book Growing Up With a Single Parent, has fleshed out the implications of the Marriage Gap for children in an important paper in Demography—and they’re not pretty. McLanahan observes that, after 1970, women at all income levels began to marry at older ages, and the average age of first marriage moved into the mid-twenties. But where mothers at the top of the income scale also put off having children until they were married, spending their years before marriage getting degrees or working, those at the bottom did neither.

The results radically split the experiences of children. Children in the top quartile now have mothers who not only are likely to be married, but also are older, more mature, better educated, and nearly three times as likely to be employed (whether full- or part-time) as are mothers of children in the bottom quartile. And not only do top-quartile children have what are likely to be more effective mothers; they also get the benefit of more time and money from their live-in fathers.

For children born at the bottom of the income scale, the situation is the reverse. They face a decrease in what McLanahan terms “resources”: their mothers are younger, less stable, less educated, and, of course, have less money. Adding to their woes, those children aren’t getting much (or any) financial support and time from their fathers. Surprisingly, McLanahan finds that in Europe, too—where welfare supports for “lone parents,” as they are known in Britain, are much higher than in the United States—single mothers are still more likely to be poor and less educated. As in the United States, so in Europe and, no doubt, the rest of the world: children in single-parent families are getting less of just about everything that we know helps to lead to successful adulthood.

All this makes depressing sense, but when you think about it, the Marriage Gap itself presents a puzzle. Why would women working for a pittance at the supermarket cash registers decide to have children without getting married, while women writing briefs at Debevoise & Plimpton, who could easily afford to go it alone, insist on finding husbands before they start families? For a long time, social scientists assumed, reasonably enough, that economic self-sufficiency would lead more women to opt for single motherhood. And to listen to the drone of complaint about men around water coolers, in Internet chat rooms, on the Oxygen Network, and in Maureen Dowdworld, there would seem to be plenty of potential recruits for Murphy Browndom. Certainly when they talk to pollsters, women say that they don’t think there’s anything wrong with having a baby without a husband. Yet the women who are forgoing husbands are precisely the ones who can least afford to do so.

The conventional answer to the puzzle is this: in an economy marked by manufacturing decline, especially in cities, too many of the potential husbands for low-income women are either flipping burgers, unemployed, or in jail—in other words, poor marriage material. But three facts raise doubts about this theory.

One, it’s not just unemployed men or McDonald’s cooks who have become marriage-avoidant; working-class men with decent jobs are also shying from the altar. Two, cohabitation among low-income couples has been increasing; about 40 percent of all out-of-wedlock babies today are born to cohabiting parents. Why would there be a dearth of marriageable men, when there appear to be plenty of cohabitable fathers? And three, marriage improves the economic situation of low-income women, even if their husbands are only deliverymen or janitors. In a large and highly regarded study, the Urban Institute’s Robert Lerman concluded that married, low-income, low-educated women enjoyed significantly higher living standards than comparable single mothers. Joe Sixpack may not be Mr. Darcy, but financially, at any rate, he’s a lot better than no husband at all.

Still, whatever the arguments against it, the no-marriageable-men theory is entrenched in policy circles and in the academy and is unlikely to go anywhere soon, so let’s try another approach to the Marriage Gap conundrum. Instead of asking why poor and near-poor women have stopped marrying before having children, let’s think instead about why educated women continue to do so—even though, in order to be accepted in polite company or to put food on the table, they don’t need to.

One possible answer is especially pertinent to the Marriage Gap: educated women know that they’d better marry if they want their children to succeed academically, which increasingly is critical to succeeding in the labor market. The New Economy may have made single motherhood a workable arrangement for high-earning mothers in purely economic terms, but it made a husband a must-have in terms of child rearing. No one understands better than an Amherst or Stanford B.A. that her children will have to go to college one day—the bigger the college name, the better—if they are to keep their middle-class status. These women also understand how to get their kids college-bound. Educated, middle-class mothers tend to be dedicated to what I have called The Mission, the careful nurturing of their children’s cognitive, emotional, and social development, which, if all goes according to plan, will lead to the honor roll and a spot on the high school debate team, which will in turn lead to a good college, then perhaps a graduate or professional degree, which will all lead eventually to a fulfilling career, a big house in a posh suburb, and a sense of meaningful accomplishment.

It’s common sense, backed up by plenty of research, that you’ll have a better chance of fully “developing” your children—that is, of fulfilling The Mission—if you have a husband around. Children of single mothers have lower grades and educational attainment than kids who grow up with married parents, even after controlling for race, family background, and IQ. Children of divorce are also less likely to graduate and attend college, and when they do go for a B.A., they tend to go to less elite schools. Cornell professor Jennifer Gerner was baffled some years ago when she noticed that only about 10 percent of her students came from divorced families. She and her colleague Dean Lillard examined the records of students at the nation’s top 50 schools and, much to their surprise, found a similar pattern. Children who did not grow up with their two biological parents, they concluded when they published their findings, were only half as likely to go to a selective college. As adults, they also earned less and had lower occupational status.

To repeat the question: Why do educated women marry before they have children? Because, like high-status women since status began, they are preparing their offspring to carry on their way of life. Marriage radically increases their chances of doing that.

This all points to a deeply worrying conclusion: the Marriage Gap—and the inequality to which it is tied—is self-perpetuating. A low-income single mother, unprepared to carry out The Mission, is more likely to raise children who will become low-income single parents, who will pass that legacy on to their children, and so on down the line. Married parents are more likely to be visiting their married children and their grandchildren in their comfortable suburban homes, and those married children will in turn be sending their offspring off to good colleges, superior jobs, and wedding parties. Instead of an opportunity-rich country for all, the Marriage Gap threatens us with a rigid caste society.

So what is it about the nuclear family that makes it work so well for children decades after Americans have declared it optional? The economists and sociologists who study these things often answer that question with some variation of what might be called the strength-in-numbers theory. Kids with two parents are more likely to have two incomes cushioning them during their developing years. More money means more stability, less stress, better day care and health care, more books, more travel, and, most of all, a home in a good school district—all of which lead to educational and, eventually, workplace success. A husband and wife can support each other if one is laid off or if the other wants retraining or more education. They can take turns caring for the children. Or if they can afford to, they can specialize: the woman (yes, it’s still almost always the woman) can take over as homework helper and soccer-team and church-group chauffeur, while the man earns a salary. According to the strength-in-numbers theory, then, two parents are better than one much the way two hands are better than one: they can accomplish more.

But this theory finally doesn’t explain all that much. If two parents are what make a difference, then why, when a divorced mother remarries, do her children’s outcomes resemble those of children from single-parent homes more than they do those from intact families? Why do they have, on average, lower school grades, more behavior problems, and lower levels of psychological well-being—even when a stepparent improves their economic standard of living?

You could posit that children in stepfamilies may well have suffered through their parents’ divorce or have had a difficult spell in a single-parent home. But what, then, do we make of cohabiting parents? Two cohabiting parents also provide few of the benefits for kids that married couples do. The Urban Institute’s Robert Lerman has found that even when cohabiters resemble married couples in terms of education, number of children, and income, they experience more material hardship—things like an empty pantry or no phone or an electricity shutoff—and get less help from extended families when they do. And poverty rates of cohabiting-couple parents are double those of married couples. (Lerman’s study controls for education, immigration status, and race.)

Others take an alternative approach to the question of why children growing up with their own two married parents do better than children growing up without their fathers. It’s not marriage that makes the difference for kids, they argue; it’s the kind of people who marry. Mothers who marry and stay married already have the psychological endowment that makes them both more effective partners and more competent parents. After all, we’ve already seen that married mothers are more likely to be educated and working than single mothers; it makes sense that whatever abilities allowed them to write their Economics 101 papers or impress a prospective boss or husband also make them successful wives and mothers. Many low-income mothers may not have the skills—or, some would argue, the IQ—that would get them their B.A. or a good job, and this lack makes them less likely both to marry or stay married and to raise successful children. “Parents with limited cultural and material resources are unlikely to remain together in a stable marriage,” Frank Furstenberg, a famed family researcher, wrote in Dissent last summer. “Because the possession of such psychological, human and material capital is highly related to marital stability, it is easy to confuse the effects of stable marriage with the effects of competent parenting.”

The problem with this theory is that it merely tiptoes up to the obvious. There is something fundamentally different about low-income single mothers and their educated married sisters. But a key part of that difference is that educated women still believe in marriage as an institution for raising children. What is missing in all the ocean of research related to the Marriage Gap is any recognition that this assumption is itself an invaluable piece of cultural and psychological capital—and not just because it makes it more likely that children will grow up with a dad in the house. As society’s bulwark social institution, traditional marriage—that is, childbearing within marriage—orders social life in ways that we only dimly understand.

For one thing, women who grow up in a marriage-before-children culture organize their lives around a meaningful and beneficial life script. Traditional marriage gives young people a map of life that takes them step by step from childhood to adolescence to college or other work training—which might well include postgraduate education—to the workplace, to marriage, and only then to childbearing. A marriage orientation also requires a young woman to consider the question of what man will become her husband and the father of her children as a major, if not the major, decision of her life. In other words, a marriage orientation demands that a woman keep her eye on the future, that she go through life with deliberation, and that she use self-discipline—especially when it comes to sex: bourgeois women still consider premature pregnancy a disaster. In short, a marriage orientation—not just marriage itself—is part and parcel of her bourgeois ambition.

When Americans announced that marriage before childbearing was optional, low-income women didn’t merely lose a steadfast partner, a second income, or a trusted babysitter, as the strength-in-numbers theory would have it. They lost a traditional arrangement that reinforced precisely the qualities that they-and their men; let’s not forget the men!—needed for upward mobility, qualities all the more important in a tough new knowledge economy. The timing could hardly have been worse. At a time when education was becoming crucial to middle-class status, the disadvantaged lost a reliable life script, a way of organizing their early lives that would prize education and culminate in childbearing only after job training and marriage. They lost one of their few institutional supports for planning ahead and taking control of their lives.

Worst of all, when Americans made marriage optional, low-income women lost a culture that told them the truth about what was best for their children. A number of researchers argue that, in fact, low-income women really do want to marry. They have “white picket dreams,” say Kathryn Edin and Maria Kefalas in Promises I Can Keep: Why Poor Women Put Motherhood Before Marriage, and though the men in their lives cannot turn those dreams into reality, they continue to gaze longingly into the distance at marriage as a symbol of middle-class stability and comfort. What they don’t have, however, is a clue about the very fact that orders the lives of their more fortunate peers: marriage and childbearing belong together. The result is separate and unequal families, now and as far as the eye can see.

As family experts find themselves surrendering to their own research and arguing more and more that marriage is central to the overall well-being of children, they often caution that it is not a cure-all. “Is Marriage a Panacea?” is the illustrative title of a 2003 article in the scholarly journal Social Problems, and you know the answer to the question without reading a page. No, shrinking the Marriage Gap may not be a magic potion for ending poverty or inequality or any other social problem. But it’s hard to see how our two Americas can become one without more low-income men and women making their way to the altar.

Marriage may not be a panacea. But it is a sine qua non.