Donnerstag, 22. März 2007

Marriage Wage Premium

Universität Mannheim
Diplomarbeit im Studiengang
Dipl.-Sozialwissenschaften Erstgutachter: Prof. Dr. Josef Brüderl Zweitgutachter: Prof. Dr. Markus Gangl

Der Effekt der Heirat auf die Lohnprofile westdeutscher Männer und Frauen
Volker Ludwig

* Mannheimer sozialwissenschaftliche Abschlussarbeiten, Nr. 002/2007

Zusammenfassung

Zahlreiche empirische Studien haben gezeigt, dass verheiratete Männer deutlich höhere Löhne erzielen als ledige. Querschnittsstudien für die USA berichten eine solche ‚Marriage Wage Premium' in Höhe von 10 - 30%. Ergebnisse einer international vergleichenden Analyse (Schoeni 1995) lassen auf ein Lohndifferential dieser Größenordnung auch in anderen Gesellschaften, u.a. in Deutschland, schließen. Dieser systematische Unterschied in der Entlohnung wird meist durch geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in der Ehe erklärt. Der Befund könnte aber auch daraus resultieren, dass besonders produktive Männer eher heiraten. Studien, die sich mit dem Einfluss der Familiengründung auf die Löhne von Frauen befassen, kommen übereinstimmend zu dem Ergebnis eines negativen Effekts der Mutterschaft (‚Motherhood Wage Penalty'), der überwiegend auf Erwerbsunterbrechungen zur Kindererziehung zurückgeführt wird. Dem Einfluss der Ehe wurde hier bislang eine untergeordnete Rolle beigemessen. Aus Sicht der Familienökonomik erzielen verheiratete Männer höhere Löhne als ledige Männer, weil sie durch die Ehefrau von Familienarbeit befreit werden und ihre Zeit und Energie voll auf die berufliche Karriere konzentrieren. Umgekehrt sollte die Spezialisierung verheirateter Frauen auf Hausarbeit und Kindererziehung zu Lohneinbußen gegenüber ledigen Frauen führen. In Längsschnittanalysen des Sozioökonomischen Panels (SOEP 1984-2003) wird in dieser Arbeit ein kausaler Heiratseffekt auf die Löhne westdeutscher Männer und Frauen geschätzt. Mit Fixed-Effects-Modellen werden dabei Probleme der Selektion berücksichtigt. Direkte Produktivitätseffekte der Befreiung von bzw. Belastung durch Familienarbeit werden von indirekten Effekten der Investition in Humankapital unterschieden, indem der Einfluss der Zeitverwendung für Familienarbeit kontrolliert wird und die Entwicklung des Heiratseffekts im Verlauf der ersten Ehe analysiert wird. Um dem Wandel von Familienbiografien Rechnung zu tragen, werden neben der Heirat und Scheidung auch die Ereignisse des Auszugs aus dem Elternhaus, der Gründung nicht-ehelicher Lebensgemeinschaften und der Elternschaft berücksichtigt. Die Ergebnisse zeigen, dass verheiratete Männer zwar mehr verdienen als ledige, dass dieses Lohndifferential aber im Wesentlichen bereits vor der Heirat besteht und daher nur bedingt als kausaler Effekt familialer Arbeitsteilung zu interpretieren ist. Dagegen ist für Frauen eine Stagnation des Lohnes in der Ehe festzustellen. Dieser Karriereknick erweist sich als unabhängig von den negativen Konsequenzen der Mutterschaft und erklärt somit auch, warum die Lohneinbußen verheirateter Mütter im Vergleich mit ledigen und geschiedenen Müttern scheinbar besonders groß ausfallen. Dieser Befund steht im Einklang mit einer familienökonomischen Erklärung, nach der verheiratete Frauen sich im Verlauf der Familiengründung auf die Familienarbeit konzentrieren, sich zulasten eigener beruflicher Ziele auf die Rolle einer Zuverdienerin festlegen und langfristig weniger in arbeitsmarktrelevante Fertigkeiten investieren als vergleichbare Frauen, die nicht verheiratet sind.
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ARTIKEL
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9 Schlussfolgerungen und Ausblick

Verheiratete Männer verdienen auch in Westdeutschland mehr als ledige Männer. Im Querschnitt wurde hier ein Effekt von 12% geschätzt.
Dieser Lohnunterschied ist im Verlauf der 80er und 90er Jahre geschrumpft, von 25% auf 8%.
Der Schätzwert für den kausalen Heiratseffekt, der mit Panel-Regressionen ermittelt wird, ist sehr viel geringer und liegt bei etwa 4,5%. (Selbst-) Selektion erklärt somit rund zwei Drittel des Lohnunterschieds.

Die These eines direkten Produktivitätseffekts der Befreiung von Hausarbeit durch die Ehefrau hat sich hier nicht bewährt.

Zwar wirkt sich eine höhere Belastung durch Familienarbeit negativ auf den Lohn aus. Dieser Effekt geht jedoch hauptsächlich von der zeitlichen Belastung durch die Kinderbetreuung aus, an der verheiratete Männer sich stärker beteiligen als ledige oder geschiedene Männer.

Die Entwicklung des Heiratseffekts im Eheverlauf konnte nicht eindeutig bestimmt werden. Jedenfalls aber steigt der Lohnunterschied zu ledigen Personen, wenn überhaupt, nur geringfügig. Es zeigt sich, dass eine Probeehe und v.a. der Auszug aus dem Elternhaus mit Lohnsteigerungen verbunden sind, die den Lohnsprung zu Beginn der Ehe teilweise erklären.

Insgesamt spricht die Evidenz somit nicht für die Thesen, verheiratete Männer würden sich aufgrund geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung im Beruf mehr anstrengen, oder sich stärker fortbilden als Ledige. Die Tatsache, dass Männer mit guten Erwerbschancen eher heiraten, erklärt im wesentlichen die ‚Marriage Wage Premium'.

Künftige Studien sollten sich daher mit dem Einfluss des Einkommens auf das Auszugsverhalten und die Partnerwahl von Männern beschäftigen.

Für Frauen ergibt sich mit der Heirat ein „Karriereknick", der zu großen Lohneinbußen im Verlauf der Ehe führt (nach 10 Jahren etwa 15%) Dies stützt die These eines indirekten Effekts der Arbeitsteilung durch geringere Investitionen in die Karriere, ist aber auch mit einer Erklärung durch Diskriminierung seitens der Arbeitgeber vereinbar, die möglicherweise die Heirat als Signal für künftige Erwerbsunterbrechungen oder Betriebswechsel werten. Ferner ist die Belastung durch die Kinderbetreuung zwar ein Faktor, der höhere Lohneinbußen für Mütter erzeugt. Dies erklärt jedoch den „Karriereknick" verheirateter Frauen nicht. Stattdessen ist der negative Effekt der Ehedauer der Grund dafür, warum die Opportunitätskosten verheirateter Mütter scheinbar besonders groß sind.

Dieser Zusammenhang erklärt (in der hier verwendeten Stichprobe) einen Anteil von rund 10% der 100 (mittleren) ‚Motherhood Wage Penalty' aller Frauen, wenn Erwerbsunterbrechungen bereits kontrolliert wurden. Weitere 10% sind dann auf die Belastung mit Familienarbeit zurückzuführen. Interessant wäre hier ein Vergleich mit Ostdeutschland. Hier ist die Infrastruktur der Kinderbetreuung stärker ausgebaut, was sich positiv (bzw. weniger negativ) auf die Löhne von Müttern auswirken könnte. Außerdem sind mehr Frauen Vollzeit erwerbstätig als in Westdeutschland. Dies könnte weniger starke Lohneinbußen auch für verheiratete Frauen zur Folge haben. Der "Karriereknick" mit einer Heirat könnte auf die größere Sicherheit hinsichtlich der baldigen Realisierung des Kinderwunsches und der (finanziellen) Unterstützung durch den Lebenspartner zurückzuführen sein. Mit anderen Worten könnte die Heirat das einschneidende Ereignis für die Anpassung der beruflichen Planung sein.

Und eine Familienpolitik, die sich am Haupternährer-/Zuverdiener-Modell orientiert, würde durch relativ großzügige Erziehungszeiten mit anschließender Arbeitsplatzgarantie, durch die steuerlichen Vorteile des Ehegattensplittings und durch das mangelnde Angebot an öffentlicher Kinderbetreuung Anreize für eine Entscheidung gegen die Verfolgung eigener Karriereziele setzen.

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