Wie der Staat Geschlechterpolitik macht
Mit dem Elterngeld wird die klassische Familie zum Auslaufmodell Von Maria SteuerSeit Anfang des Jahres wurde mit der Einführung des Elterngeldes und der steuerlichen Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten für erwerbstätige Mütter ein deutliches Zeichen gesetzt: „Nicht Familienfreundlichkeit, sondern Doppelerwerbstätigkeit der Eltern“ ist gewünscht! Und sie wird finanziell belohnt. Doch nicht nur das – wer es anders möchte, der muss spätestens nach dem ersten Geburtstag des Nachwuchses zusehen, wie er seine Familie ernährt, denn dann ist Schluss mit der Unterstützung.
So geht den Familien nicht nur die finanzielle Entscheidungsfreiheit verloren. Wenn eine Familie erst freiwillig zur Doppelerwerbstätigkeit entschieden „wurde“, soll sie Dankbarkeit dafür zeigen, dass der Staat ihr fürsorglich unter die Arme greift. Er lässt in seiner Güte Krippen bauen, damit Familie sich ungestört der Doppelerwerbstätigkeit widmen kann – und nimmt ihr damit die nächste Freiheit, nämlich jene, über die Erziehung der Kinder selbst zu entscheiden.
Längst vergessen scheinen umstrittene Aussagen wie „die Lufthoheit über den Kinderbetten“. Das hatte wohl zu aggressiv geklungen, als Olaf Scholz dies vor Jahren formulierte. Der Ausbau der Kindertagesstätten hat offiziell ein viel edleres Motiv bekommen: Babys und Kleinkinder erhalten wertvolle frühkindliche Bildung von Erzieherinnen, die demnächst sogar mit Hochschulabschluss arbeiten sollen.
Unter der Flut von Studien und wissenschaftlichen „Beweisen“, die die scheinbar selbstlosen Motive der Regierung belegen sollen, erinnern sich immer weniger Menschen daran, dass noch vor Jahren frühkindliche Bindung statt Bildung im Vordergrund stand. Diese, so hieß es damals, wäre als Fundament für das Leben unverzichtbar. Familie als Ort des „liebevollen Lernen fürs Leben“ kommt nur noch dann vor, wenn die Staatserziehung versagt hat. Dann soll Familie es wieder richten.
Die subtile Art, wie die Menschen über Geldverteilung zu einer staatlich erwünschten Lebensform manipuliert werden, ist die eine Sache. Die vorsätzliche Beeinflussung durch Halbwahrheiten jedoch eine völlig andere. Wenn man der Regierung Glauben schenkt, geschehen alle Maßnahmen nur zu unserem Besten. Wenn Mütter erwerbstätig sind, seien sie unabhängig, könnten sich im Beruf verwirklichen und seien zufriedenere Menschen – belegt durch zahlreiche Zitate aus den skandinavischen Ländern und Frankreich. Wenn es nur genügend Kindertagesbetreuungsplätze gäbe, würden auch mehr Kinder geboren – Demografieproblem ade.
Auf die Wahrheit wird dabei verzichtet, etwa der aus Schweden, einem der so viel zitierten fortschrittlichen skandinavischen Länder. Rund 70 Prozent der modernen schwedischen Männer nehmen von den ihnen zustehenden 60 Tagen Väterzeit im Durchschnitt 17 Prozent, also ungefähr 10 Tage. Unterm Strich unterscheidet sich diese Situation nicht von der in Deutschland: Hier machen die Männer in der Regel genau dasselbe: Sie nehmen in der Geburtszeit ihres Kindes Urlaub.
Wenn man das Deckmäntelchen der oberflächlichen Mildtätigkeit und Fürsorge anhebt, kommen Ziele zum Vorschein, die mit Familienpolitik wenig zu tun haben: Es geht der Regierung in erster Linie um eine deutliche Erhöhung der Frauenerwerbsquote, also um die Gleichstellung der Frau oder, wie auf der Webseite des Familienministeriums nachzulesen ist, die Geschlechterungleichheiten von Mann und Frau zu beseitigen.
Aus diesem Blickwinkel betrachtet stehen Regierungsmaßnahmen wie Elterngeld oder die Schaffung von Vätermonaten in einem völlig anderen Licht: Wir Menschen sollen Gleichheit üben. Väter- oder mütterspezifische Rollen sind nicht mehr vorgesehen – oder, wie der „Spiegel“ es beschrieb: Der neue, gleiche Mensch soll beides können. Das Programm heißt Gender mainstreaming.
„Gender“ kommt aus dem Englischen und bezeichnet die gesellschaftlich, sozial und kulturell geprägten Geschlechterrollen von Frauen und Männern. Diese sind – so die Genderbefürworter – anders, als das biologische Geschlecht erlernt, und somit auch veränderbar. Familie aber und Kinderbedürfnisse leben vom Unterschied. Eine Familienpolitik, die vorsätzlich Genderpolitik macht, sollte so ehrlich sein und den Namen Familie aus der Bezeichnung ihres Ministeriums und Programms ersatzlos streichen.
Die Autorin ist Kinderärztin und im Vorstand von „Familiennetzwerk“.
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