Freitag, den 3. August 2007 um 11:31 Uhr von Sibylle Berg
Über Nacht bin ich, von mir unbemerkt, Mitglied der Paargeneration geworden. Mit leiser Melancholie denke ich nun, da mein Leben so perfekt und elegant ist, an die Zeiten jugendlichen Weltschmerzes und der Sehnsucht nach dem Menschen, der alles ändern würde. Schön war es doch, so haltlos unglücklich die Schreie der Schwalben zu verfolgen, in glibberigen, allein zugebrachten Sommernächten. Das ist vorbei. Für immer. Wer in einem gewissen Alter noch Liebeskummer hat, macht sich lächerlich.
Fast alle von mit gekannten Personen haben die träumerischen Ideen von einem perfekten, inhaltlich und äußerlich brillanten Partner zu Gunsten eines real existierenden Beat aufgegeben, und die Alleingebliebenen sind in Reha-Einrichtungen verschwunden. Die Evolution geht also ihren Gang, wenngleich auch der Charakter der Paarbeziehungen ein anderer geworden ist. Früher, als ich noch ein einsamer junger Mensch war, wurde dem Mann noch ein wenig die Illusion des Patriarchen gelassen. Er durfte mehr Geld verdienen, die Frauen gaben es aus, und dem Mann das Gefühl, ein toller Hecht zu sein. Heute sind meist die Frauen die Verdiener, die sich einen Mann leisten, der weniger unterhaltsintensiv ist als ein Kind, und weil allein sein nicht die Lösung ist.
Die Männer in den Beziehungen, die ich beobachte, befinden sich stets in einer Umorientierungsphase, was heißt, sie gehen der naturgegebenen Faulheit nach und haben gemerkt, dass es sehr viel angenehmer ist, die Frauen arbeiten zu lassen. Manchmal erziehen sie das Kind, oft das adoptierte oder artifiziell erzeugte, und die Frauen wären keine, wenn sie nicht ständig ein schlechtes Gewissen hätten darum. Der arme Mann könnte sich ja unwohl fühlen, dominiert, unterdrückt und so wird der arme Tropf mit Aufmerksamkeit bedacht, um die er gar nicht gebeten hat. Die Generation unserer älteren Schwestern begann mit der Unsitte, Männer am gebären teilhaben zu lassen, wo sie in Folge in Ohnmacht fielen, oder in die Impotenz (Ja, ich verstehe Bernd, es war halt ein Schock für ihn, all das Blut), die Ära der GEMEINSAMEN INTERESSEN war das, als man permanent irgendeinen Quality Time Käse mit seinem Partner machen musste. Um die Blocks rennen, Tandem fahren, Rückbildungsgymnastik - nur um die Illusion zu nähren, das Mann und Frau eigentlich aus dem selben Holz geschnitzt waren.
Er will nicht reden. Nicht mit Frauen.
Heute wissen wir es eigentlich besser, aber wir wissen ja auch, dass Autofahren die Umwelt verpestet. Und so wird der Mann überall mit hingezerrt, wo er nichts zu suchen hat. Jetzt hocken sie da. Überall hocken sie, die Partner. Ein Treffen allein mit einer Freundin ist nicht mehr möglich, sie könnte vor schlechtem Gewissen nicht entspannen, und so verspannt sie alle.
Die Frauen sind in Anwesenheit der Männer gekünstelt, als hätten sie ihr Baby dabei, huschen ihre Augen wie kleine Luchse immer wieder zu ihrem Partner. Hat er es warm, isst er, sind die Windeln noch frisch, fühlt er sich kommod? Fühlt er sich nicht. Der arme Mann, der eigentlich zu Hause glücklich wäre, am Computer, in Unterhosen, muss in ungemütlicher Runde unechte Gespräche belauschen. Und womöglich auch noch etwas sagen. Beat meinte auch, dass der neue Tarantino ein Scheiß sei… sagt sie. Und Beat bekommt einen roten Kopf. Er will nicht reden. Nicht mit Frauen. Mit seiner Frau daheim mag das angehen. Die meisten Paare haben sich untereinander auf einen Code geeinigt. Sie reden in Kindersprache, zwicken sich in den Bauch und haben es ganz angenehm. Bringt man das Paar jedoch in einen öffentlichen Raum, funktioniert nichts mehr. Die Frauen reden zu viel, die Männer gar nichts, oder Bullshit, weil ihnen unwohl ist.
Mit einem Freund wäre das etwas anderes. Mit einem Freund könnte er ein Bier trinken und Männerthemen bereden. Sport und Politik, oder gar nichts. Und sie wären froh dabei. Unfroh wären sie hingegen, wenn eine Frau anwesend wäre, die ihre ist.
Die ist aber da, hat ein schlechtes Gewissen, und so geht das Theater weiter. Überall sieht man sie stehen, in den Läden, Männer mit müden Gesichtern, Frauen mit verspannten Mienen. Denn einkaufen geht NICHT mit Männern. Und das ist gut so. Der Mann muss liegen, die Frau sammeln. So will es das Gesetz. Ich hörte von Männern, die mit auf Wellnessfarmen geschleppt wurden, oder in Hugh Grant Filme, und das alles nur, weil uns die Generation der älteren Schwestern erzählt hat, dass man Zeit mit dem Partner verbringen muss, und gemeinsame Interessen der Kitt der Beziehung sind.
Es gibt keine gemeinsamen Interessen von Mann und Frau…
…Auf der Liste dessen, was Paare aneinander bindet, stehen Kinder und gemeinsamer Besitz, stehen Humor und wenig Streit. Gemeinsame Interessen - gar nicht. Sicher kann man ab und an etwas mit seinem Partner machen, was über gemeinsame Nahrungsaufnahme, den Bericht über die tägliche Ausscheidung und die Kinderaufzucht hinausgeht. Aber doch bitte nicht alles! Das Geheimnis einer reizenden erwachsenen Beziehung ist doch, dass jeder sein Leben fortsetzt wie zuvor, das man jemanden hat, neben dem man einschlafen kann, und der bedingungslos zu einem hält. Es ist, einander Familie zu sein, und die schleppt man ja auch nicht überall hin.
Sollten Sie bisher noch nicht verstanden haben, was ich ihnen nahe bringen möchte, noch einmal einfach: Männer mögen keine Tanztheater, sie hassen Läden, die keine elektronischen Artikel oder Musik verkaufen, sie interessieren sich nicht für unsere Freundinnen, geschweige denn auf ganze Abende mit ihnen, sie haben eine Scheu vor Krankheiten aller Art, dazu gehört auch Kinderkriegen, sie schätzen Kunstausstellungen nur bedingt und Filme mit Hugh Grant - gar nicht. Warum wende ich mich so Frauenzeitungen-stereotyp und klischiert nur an Damen? Die Statistik des Elends, und mein ungeheurer Erfahrungsschatz.
Selten werden Männer betteln, dass ihre Partnerin sie zu einem Fußballspiel, in die Bar mit seinen Freunden, oder zu einem richtig netten Abend im Internet begleiten möge. Die Aufzählung männlicher und weiblicher Vorlieben hat nichts Wertendes, denn was den Menschen interessiert, ist von derselben Belanglosigkeit. Es gibt keine Bonuspunkte für gesteigertes Kunstinteresse, das uns nach unserem Ableben aufs A-Deck verbringt. Alles ist gleich unwichtig und niedlich, was Menschen treiben um ihre Zeit herumzubringen. Haben sie ihren Partner lieb und kraulen sie ihn, versorgen sie ihn gut, aber lassen sie ihn um Himmelswillen nicht an all dem Quatsch teilhaben, der ihnen so einfällt.
Wenn Sie, Mann und Frau jetzt empört tun, dass ich doch keine Ahnung hätte, und sehr wohl liebt Beat Gespräche über Kunst und TV Serien und Tanztheater, dann habe ich eine interessante Neuigkeit für sie: Einer von ihnen ist schwul. Na, wer das wohl sein mag?
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