Dienstag, 9. Oktober 2007

Für das Beste im Mann

Für das Beste im Mann

Angela und Juliana von Gatterburg und Felicitas von Lovenberg wissen, wie das geht mit der Liebe
Das Nörgeln am Manne ist einzustellen. Männer sind besser als ihr Ruf. Sie tun stumm und duldend Sklavendienste für ewig klagende Gattinnen und eine stets undankbare Brut, um sich dafür Gefühlskälte und Chauvitum vorhalten zu lassen. Sie ertragen klaglos, für das dümmere Geschlecht gehalten zu werden - und für roh, wenn sie nach 20 Jahren die Ehehölle mit einer unzufriedenen, lustlosen und unattraktiven Jammerliese gegen eine kuschelige Affäre eintauschen. Klar - "Männer sind Schweine. Aber Schweineherzen bluten auch.
Das hören viele Frauen nicht gern, die sich daran gewöhnt haben, als Opfer der bösen Männerwelt durchs Leben zu gehen. Aber macht Opfersein glücklich? Nein - und das ist der entscheidende Einwand gegen den Opferdiskurs. Die Spiegel-Redakteurin Angela von Gatterburg und ihre Schwester, die Stylistin Juliana von Gatterburg, lesen deshalb auch nicht den schlechtbeleumundeten Chauvinisten, sondern den ewig das Schlimmste annehmenden Schwestern die Leviten. "Es gibt auch Frauen, die kalt sind wie Fischschwänze. Frauen, die schöne Zeiten nicht würdigen können, die sich für Superfrauen halten und in ständiger Empörungsbereitschaft sind, wenn es um die Fehler der Männer geht. Unentwegt stellen diese Frauen ihre Ansprüche, laut, vernehmlich, nachdrücklich. Sie glauben, sie hätten ein Recht darauf, daß ihre Wünsche erfüllt werden." Während Männer Selbstzweifel und schlechtes Gewissen hätscheln, pflegen die Damen eine neue Weinerlichkeit, statt "ihr Hirn, ihre Herzen und ihren Blickwinkel" zu öffnen. "Nicht in das Gejammer und Anti-Männergeheul einstimmen, das ist Gift für Frauen", empfehlen die beiden.
Und in der Tat: daß negative Erwartungen die Wahrscheinlichkeit erhöhen, daß auch eintritt, was man fürchtet, gilt mehr noch als in der Ökonomie in der Beziehung zwischen Menschen, weshalb sie sich stets Regeln gegeben haben, die den Erwartungshorizont offen halten - auch Höflichkeit und Etikette genannt. Daß es an diesem Respekt ausgerechnet in der fragilsten aller menschlichen Kommunikationen fehlt, die man Liebe nennt, macht ihr Scheitern so wahrscheinlich.
Wer sich selbst schon mal dabei ertappt hat, in die Nörgelfalle geraten zu sein oder wer den gefühlsgestärkten Egoismus mancher Frauen nervig findet - dieses "ich brauch das jetzt einfach, das sagt mir mein Bauchgefühl" -, der wird den kritischen Blick beider Schwestern auf ihre Geschlechtsgenossinnen goutieren. Frauen, erklären die beiden, wollen jammern statt lernen. Sie wollen nicht glücklich sein, sie wollen Recht behalten. Und - Hauptsache, sie haben intensive Gefühle. Auch, wenn sie sich nicht gut dabei fühlen.
Doch die Schwestern lästern nicht nur - ihr Buch ist ein gelungener Ratgeber für Frauen, die aus der Falle des Nörgelns und Zweifelns herausfinden wollen. Der Rat ist simpel und doch so schwer zu befolgen: Wenn Frauen glücklich sein wollen, statt in ihren negativen Erwartungen recht zu behalten, sollte sie nicht die Bestie vermuten, sondern an das Beste im Manne glauben. Die meisten Männer sehen ihre Frauen gern glücklich und täten alles dafür - wenn die ihnen nicht immer das Gefühl vermittelten, sie könnten es ihnen nie recht machen. Wer ein positives Bild von der Welt entwirft, hat immerhin die Chance, daß selbst der störrischste Mann sich der Vorstellung von ihm anverwandelt - wenn man ihn nur lange genug liebevoll angesehen hat... Der Versuch lohnt sich.
Auch Felicitas von Lovenberg, Literaturkritikerin bei der FAZ und frisch geschieden, räumt mit der Vorstellung auf, Männer seien bindungsunwillige Trottel und Frauen nur zufrieden, wenn sie geheiratet werden - eine Vorstellung, die sich hartnäckig hält. Doch nichts ist tödlicher für die Liebe als die Ehe - oder, besser gesagt, nichts ist fataler für das Projekt Ehe und Familie als die romantische Liebe. Wer liebt, sollte nicht heiraten. Und wer heiraten will, sollte die Vernunftehe vorziehen.
Aber das Verhängnis der romantischen Liebe hat uns seit dem 19. Jahrhundert im Griff - und ausgerechnet der Roman, wie die Literaturkritikerin Lovenberg nur zu gut weiß, hat Schuld an der Überhöhung der Liebe. Hat nicht erst die Lektüre frommer Traktätchen mit ihrer fast schon frivolen Verehrung des gekreuzigten Jesus Emma Bovary ins Verhängnis, in die Suche nach dem Rausch der Liebe, gestürzt?
Die Ehe ist eine Erfindung des Adels und der Bauern, sie diente der Clanpolitik und der Sicherung des bäuerlichen Grundbesitzes. Lust und Liebe fanden woanders statt, was die Vernunftehe nicht notwendigerweise freudlos machte. Gegen sie spricht denn auch gar nichts - wenn man sie nicht verwechselt mit dem herrlichen Wahnsinn des Ausnahmezustandes Liebe, der als Ewigkeit nicht auszuhalten wäre. Das amüsante und gelehrte Buch läßt uns Sehnsüchtige nicht ohne Hoffnung zurück: wenn sich Respekt, Interesse, Aufrichtigkeit, Nähe, Vertrauen und eine Prise Distanz zur Sehnsucht gesellen, stehen die Chancen gut für die ideale Beziehung, deren Ziel indes nicht die Ehe ist. Die ideale Beziehung ist es deshalb, weil sie offen bleibt - "Liebe bedeutet, glauben zu können, daß es dauert, ohne zur Dauer verpflichtet zu sein."
Eine gescheiterte Ehe ist schlimm genug - aber nicht das Ende der Freundschaft, wie nicht nur von Gatterburg, sondern auch von Lovenberg vorzuleben versuchen. Vielleicht braucht man dafür ein großes Herz - vielleicht auch nur gute Manieren.

"Der Charakter einer Frau zeigt sich nicht, wenn die Liebe beginnt, sondern wenn sie endet." (Rosa Luxemburg)

Angela und Juliana von Gatterburg: Liebe - Drama - Wahnsinn. Wie Frauen endlich glücklich werden. Goldmann, München. 252 S., 12 EUR.

Felicitas von Lovenberg: Verliebe dich oft, verlobe dich selten, heirate nie? Die Sehnsucht nach der romantischen Liebe, Droemer, München. 303 S., 18 EUR.

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