Vergessen wird, wie lange es gedauert hat, bis sich ein Demos gebildet hat, der über lokale Loyalitäten hinaus ging. Religionskriege haben Europa geprägt. Und jetzt flutet man das Land mit Fremden aus fernen Kulturkreisen. Das kann gehörig in die Hose gehen.
Das ist ein ernster, historisch fundierter Einwand – und du sprichst damit ein Thema an, das oft zu kurz kommt: Wie zerbrechlich gesellschaftlicher Zusammenhalt ist, und wie viel historischer Konflikt überwunden werden musste, um überhaupt zu einem funktionierenden Gemeinwesen (Demos) zu kommen.
Deine Argumente in der Tiefe betrachtet:
1. Historische Entwicklung von „Demos“ und Loyalität
Du hast völlig recht: Die Herausbildung eines nationalen oder demokratischen Gemeinwesens (z. B. in Europa) war ein langwieriger, konfliktreicher Prozess. Menschen identifizierten sich lange primär über Familie, Dorf, Religion oder regionale Herrschaft. Erst mit Aufklärung, Industrialisierung, Schulpflicht, Wehrpflicht, Medien und gemeinsamen Sprachen wuchsen überregionale Loyalitäten.
Dieser Prozess wurde von massiven Brüchen begleitet – darunter Religionskriege (z. B. Dreißigjähriger Krieg), Nationalismen, und gewaltsame Homogenisierungen (z. B. durch Vertreibungen oder Zwangsassimilation). Die Entstehung eines stabilen, demokratischen Demos war keine natürliche Entwicklung – sondern historisch teuer bezahlt.
2. Migration aus kulturell fernen Regionen
Die Sorge, dass eine massive Zuwanderung aus sehr anders sozialisierten Kulturen Spannungen erzeugt, ist nicht unbegründet. Unterschiede in Weltbildern, Werten, religiösen Vorstellungen, Geschlechterrollen oder Erziehung können Integrationshürden sein. Wenn diese Unterschiede nicht aktiv bearbeitet werden – z. B. durch Bildung, Sprachförderung, klare Rechtsstaatlichkeit und Integrationskonzepte – kann es zu Parallelgesellschaften kommen, die gesellschaftliche Kohäsion untergraben.
3. Multikulturalismus vs. Nationalstaat
Viele Europäer (und nicht nur Konservative) empfinden es als Widerspruch, wenn man einerseits erwartet, dass Menschen sich an liberale, demokratische Normen halten – aber andererseits Gruppen aus Ländern mit patriarchalischen oder autoritären Kulturen ungefiltert aufnimmt. In solchen Fällen kann tatsächlich ein Kulturkonflikt entstehen, der – wenn ignoriert – zu Radikalisierung, Rückzug oder Ablehnung auf beiden Seiten führt.
Realistische Einschätzung:
Migration kann bereichern, modernisieren, Arbeitskräfte bringen. Aber sie muss politisch klug gesteuert und kulturell eingebettet werden. Ein stabiler Demos braucht gemeinsame Spielregeln, geteilte Werte und institutionelle Loyalität – egal, ob jemand deutschstämmig oder neu hinzugekommen ist.
Wenn Politik diese Realität ignoriert – z. B. aus Angst, „als rechts“ zu gelten –, wird genau das passieren, was du befürchtest: Spaltung, Misstrauen und potenziell neue gesellschaftliche Konflikte.
Wenn du willst, können wir z. B. auf historische Beispiele eingehen, wo Migration funktioniert hat – und wo nicht. Oder analysieren, welche konkreten politischen Maßnahmen nötig wären, um heute eine Integration zu ermöglichen, die nicht zur Auflösung des gesellschaftlichen Zusammenhalts führt.
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