Die erste Gefahr dieser Erziehung, die treffend als lateinisch gekennzeichnet wir, beruht auf einem psychologischen Grundirrtum, sich einzubilden, die Intelligenz entwickle sich durch Auswendiglernen von Lehrbüchern. Ferner bemüht man sich, so viel als möglich zu lehren, und von der Volksschule bis zur Doktor- und Staatsprüfung hat der Junge Mann sich nur mit dem Inhalt von Büchern voll zu stopfen, ohne jemals sein Urteil oder seine Entschlusskraft zu üben. Der Unterricht besteht für ihn im Hersagen und Gehorchen. "Aufgaben lernen, eine Grammatik oder einen Abriss auswendig wissen, gut wiederholen, gut nachmachen", schreibt der ehemalige Unterrichtsminister Jules Simon, "das ist eine komische Erziehung, bei der jede Anstrengung nur ein Beweis des Glaubens an die Unfehlbarkeit des Lehrers ist und dazu führt, uns herabzusetzen und unfähig zu machen."Das Buch datiert von 1911. Es hat sich offensichtlich seither wenig geändert. Gender Studies sind nur eine Methode, Frauen mit unnützen Kenntnissen einen Lebensunterhalt zu sichern. Das ist ja auch ein wesentliches Erfolgsgeheimnis der organisierten Frömmigkeit. Die Priesterkaste setzt sich zu einem großen Teil aus intelligenten aber lebensuntüchtigen Menschen zusammen, die nur in dem geschützen Umfeld Kirche gedeihen können.
Wäre diese Erziehung nur nutzlos, so könnte man sich damit begnügen, die unglücklichen Kinder zu bedauern, denen man statt vieler notwendiger Dinge liebe die Genealogie der Söhne Chlotars, die Kämpfe zwischen Neustrien und Austrien oder zoologische Einteilungen beibringt: aber sie bildet eine viel ernstere Gefahr, sie bewirkt bei dem, der sie genossen hat, einen heftigen Widerwillen gegen die Verhältnisse, in denen er gebore ist, und den nachdrücklichen Wunsch, aus ihnen herauszukommen. Der Arbeiter will nicht mehr Arbeiter, der Bauer nicht mehr Bauer bleiben, und der letzte Kleinbürger sieht für seine Söhne keine andere Möglichkeit als die Laufbahn eines fest besoldeten Staatsbeamten. Anstatt die Menschen für das Leben vorzubereiten, bereitet die Schule sie nur für öffentliche Ämter vor, in denen man ohne einen Schimmer von Tatkraft Erfolg haben kann. Sie erzeugen am Fuße der sozialen Leiter die proletarischen Heere, die mit ihrem Los unzufrieden und stets zum Aufstand bereit sind: oben aber unsere leichtfertige, zugleich skeptische und gläubige Bourgeoisie, mit ihrem übertriebenen Vertrauen zur Staatsvorsehung, die sie gleichwohl unaufhörlich beschimpft, weil sie stets ihre eigenen Fehler der Regierung zuschiebgt und unfähig ist, ohne die Vermittlung der Obrigkeit etwas zu unternehmen.
Der Staat kann nur eine kleine Anzahl an Anwärtern verwenden, die er mit Hilfe von Handbüchern fabriziert und dafür auszeichnet, und lässt die anderen ohne Beschäftigung. Er muss sich also dareinfinden, die ersten zu ernähren und die anderen zu Feinden zu haben. Von der Spitze bis zum Fuß der sozialen Pyramide belagert heute das riesige Heer der Anwärter die verschiedenen Ämter. Ein Kaufmann findet schwer einen Stellvertreter in den Kolonien, aber es gibt Tausende von Kandidaten, die sich um die bescheidensten öffentlichen Stellungen bemühen. Das Seinedepartement allein zählt zwanzigtausend beschäftigungslose Lehrer und Lehrerinnen, die Feld und Werkstatt verachten und sich an den Staat wenden, um Leben zu können. Da die Zahl der Auserwählten beschränkt ist, so muss notwendigerweise die Zahl der Unzufriedenen ungeheuer groß sein. Sie sind zu allen Revolutionen bereit, gleichgültig unter welchem Führer und zu welchen Zielen. Der Erwerb unnützer Kenntnisse ist ein sicheres Mittel, einen Menschen zum Empörer zu machen.
Dienstag, 11. August 2015
Alles schon mal da gewesen
Ich lese gerade Psychologie der Massen von Gustave le Bon und finde dort im Abschnitt Unterricht und Erziehung folgenden Text:
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen