Mittwoch, 23. April 2014

Sibylle Lewitscharoff - Exorzismusopfer


Sibylle Lewitscharoff, Büchnerpreisträgerin, hat am 2. März 2014 in Dresden einen Vortrag zum Thema "Von der Machbarkeit. Die wissenschaftliche Bestimmung über Geburt und Tod" gehalten, dessen letzter Teil sich mit Reproduktionsmedizin und künstlicher Befruchtung beschäftigt, und obwohl sich der gesamte Vortrag mit sensiblen Themen beschäftigt, so dem Tod, dem Selbstmord, der Abtreibung, hat nur dieser letzte Teil zu einem Aufschrei der rot-grün-lesbischen Fraktion und damit zu einem Rauschen im Blätterwald der Systemmedien geführt.
Ich will diesen letzten Teil, der den eigentlichen Aufreger liefert, erst einmal in Gänze wiedergeben, denn ob die Quelle, aus der er stammt, bald verschwindet, weiß ich nicht.
...
Ganz, ganz kompliziert wird die pränatale Diagnostik, wenn es deutliche Hinweise darauf gibt, dass ein Kind mit schwerem körperlichen Schaden geboren werden wird. Einer schwan­geren Frau wird in so einem Fall eine wahrhaft fürchterliche Entscheidung aufgebürdet. Ent­scheidet sie sich trotz der ärztlichen Warnungen für ein missgebildetes Kind, hat sie nicht nur ein kompliziertes, anstrengendes Leben vor sich, weil ein solches Kind eine viel umfassen­dere Fürsorge benötigt als ein gesundes, sie bekommt es obendrein mit einer scheeläugigen Gesellschaft zu tun, in der die Leute hinter vorgehaltener Hand einander zu raunen: So etwas ist heute aber wirklich nicht mehr nötig!


Nicht zu vergessen bei diesem Drama: Die Mediziner können sich irren. Gar nicht so selten, wie man gemeinhin annimmt, kommt es vor, dass Schwangere durch Warnungen verunsi­chert werden, die sich bei der Geburt eines gesunden Kindes dann als fehlerhaft herausstellen. Wer weiß, wie viele Embryonen aufgrund von solch falschen Diagnosen abgetrieben wurden. Wenn dem so ist, wird die Frau, die sich, obwohl sie sich ein Kind wünschte, auf ärztlichen Rat hin sich eines gesunden Embryos entledigt hat, gewiss nie davon erfahren. Entscheidet sich eine Schwangere für die Abtreibung eines voraussichtlich missgebildeten Kindes – und solche Abtreibungen sind bis zu einem sehr späten Zeitpunkt gestattet, wo ein Embryo regelrecht geschlachtet werden muss, um ihn aus dem Leib der Mutter zu entfernen –, wird sie mit einer solchen Entscheidung gewiss lange zu kämpfen haben.

Selbst Frauen, denen in jungen Jahren überhaupt keine derart komplizierte Entscheidung auf­erlegt wurde, sondern die einfach nur abgetrieben haben, weil sie zu diesem Zeitpunkt noch kein Kind wollten, erzählen häufig, dass diese damals recht unbeschwert getroffene Entschei­dung sie in späteren Jahren verfolgt hat, insbesondere, wenn sie im weiteren Verlauf ihres Le­bens kinderlos geblieben sind.


Verstehen Sie mich jetzt aber bitte nicht falsch. Ich zähle mich nicht zu den Abtreibungsgeg­nern, niemals würde ich ein Begehren unterschreiben, das den Paragraphen 218 wieder ein­führen möchte. Ganz gewiss nicht. Den jüngsten Fall eines Mädchens in Köln, das von einer Klinik in katholischer Hand abgewiesen wurde, weil es nach einer Vergewaltigung auf Num­mer sicher gehen wollte, dass aus diesem Frevel kein Kind entstehen kann, finde ich skandalös.

Als ich 1973 an der fu Berlin zu studieren begann, kam die Frauenbewegung voll in Fahrt und mit ihr die unsägliche Parole mein Bauch gehört mir! Eine Parole, die die eigensüchtige, humor-und kompromisslose Dynamik dieser Bewegung treffend wiederspiegelt. Obwohl ich in den ersten beiden Jahren meines Studiums der Frauenbewegung durchaus geneigt war, wurde diese Bewegung für mich mehr und mehr zu einem Schreckbild der verblendeten, zutiefst deutschen Frauentümelei mit unsauberen Ahnenfiguren wie der Reichsfrauenführerin Ger­trud Scholz-Klink und der in frauenbewegten Kreisen immer noch hoch verehrten Leni Rie­fenstahl. An der fu Berlin wurde die Frauenbewegung alsbald sehr mächtig, und sie zeichnete sich vor allem durch eines aus: ihre eingewurzelte Abneigung gegen jede Form differenzierter Geistigkeit, sprich: Intellektualität, gepaart mit Selbstironie und Humor. Die einzige Publika­tion von Frauen, die damals gewitzt und herausfordernd ungewöhnlich war, hieß Die schwarze Botin. Das war wirklich ein vergnüglich zu lesendes Blättchen, aber auch so ziemlich das ein­zige weithin.

Kurzum: Hätte sich in meinem Bauch je ein heranwachsendes Kind befunden, hätte dieser Bauch ganz gewiss nicht allein mir gehört, sondern mir, dem Kind und dem dazugehören­den Vater, ganz zu schweigen von der langen Reihe vorausgegangener Generationen, die ihren verschwiegenen Anteil ebenfalls daran gehabt hätten.

Nun aber wieder etwas näher an das gewählte Thema heran! Der eigentliche Horror resultiert für mich dabei nicht nur aus den vorher kurz umrissenen Fällen der ärztlichen Warnung vor einer möglichen Missbildung des Kindes, sondern aus den Methoden, auf künstlichen Wegen eine Schwangerschaft zustande zu bringen.

Frau Doktor und Herr Doktor Frankenstein, die weithin geschätzten Reproduktionsmediziner, haben ein sauberes Arztkittelchen an und wer­keln nicht mit brodelnden Glaskolben und in einer mit giftigen Dämpfen erfüllten mittelal­terlichen Bogenhalle. Es geht dabei sehr rein und fein und überaus vernünftig zu. Der Vorgang selbst ist darum nichts weniger als abscheulich.

Früher habe ich mich über das drastische biblische Onanieverbot gern lustig gemacht, inzwi­schen erscheint es mir geradezu als weise. Die Vorstellung, dass ein Mann in eine Kabine ge­schickt wird, wo er, je nach Belieben, mit oder ohne Hilfe von pornographischen Abbildungen, stimuliert wird, seine Spermien medizingerecht abzuliefern, die später in den Körper einer Frau praktiziert werden, ist mir nicht nur suspekt, ich finde sie absolut widerwärtig.

Gut, man mag denken, der Vorgang selbst ist nicht gerade besonders schön, aber wenn eine Frau, die unbedingt schwanger werden wollte und der dies bisher leider verwehrt war, wenn diese Frau nun ein Kind bekommen darf, also ein Wunschkind hernach das Licht der Welt erblickt, ist doch alles in Ordnung.

So simpel können nur Menschen denken, die auf die psychische Bedeutung von Ursprungskonstruktionen noch nie einen Gedanken verschwendet haben.

Wie verstörend muss es für ein Kind sein, wenn es herausbekommt, welchen Machinationen es seine Existenz verdankt. Das Gemachtwordensein auf künstlichen Wegen ist etwas anderes für die zu Verrücktheiten neigende Vorstellungskraft als das Gezeugt- und Geborensein auf die übliche Weise, wie sie seit Jahrtausenden vorkommt und in den Schöpfungsmythen bearbeitet und verhandelt wird.

Auch die herkömmliche Weise auf die Welt zu kommen, ist zweifellos unheimlich für ein Kind. Davon erzählen die gesammelten Bildnisse und Texte der Geisteskranken aus den Psy­chiatrien, für die das Rätsel der eigenen Geburt geheimnisvoll umzirkt ist mit Privatmytho­logien, wie etwa bei Adolf Wölfi, der ein Geburtshöhlenkünstler ersten Ranges war und dem schreckenerregen-den Vorgang durch wundersame ornamentale Einhegungen, geziert mit großäugigen, antennenbewehrten Beobachtungs- und Künderfigürchen, seine verstörende Gewalt nahm.


Ungleich komplizierter wird die Sache, wenn Reagenzgläser und Pipetten und allerlei sonsti­ges medizinisches Gerät mit im Spiele ist, nicht nur, um der Geburt selbst auf den Weg zu ver­helfen, sondern um die Zeugung und die darauf folgende Einpfanzung des befruchteten Eis erst ins Werk zu setzen.

Leben eine Frau und ein Mann zusammen und haben, obwohl beide es sich wünschen, kein Kind zu wege gebracht, und versuchen sie es nun mit medizinischer Unterstützung, mag der Vorgang selbst zwar fragwürdig sein – ich möchte auch an dieser Stelle noch einmal mit aller Schärfe wiederholen, wie froh ich bin, meine Existenz nicht solchen Maßnahmen zu verdanken –, aber man mag das vielleicht noch halbwegs verstehen können.

Grotesk wird es aber spätestens in anderen, inzwischen durchaus zahlreichen Fällen, in denen sich Frauen Spermien aus einem Katalog verschaffen, worin die Rasse und gewisse körper­liche Merkmale und soziale Eigenschaften des anonymen Samenspenders verzeichnet sind, oder in denen sich lesbische Paare ein Kind besorgen, indem entweder ebenfalls ein anonymer Spender oder ein naher Verwandter der Freundin der künftigen Mutter herangezogen wird, um sein Sperma abzuliefern.

Dabei ist eine Selbstermächtigung der Frauen im Spiel, die mir zutiefst suspekt ist. Im Grun­de liegt solchen Machinationen die Vorstellung zugrunde, Männer seien verzichtbar, oder ihr Einfuss sei auf das Notwendigste zu reduzieren, eben auf ihren Samen. Als Väter kommen sie jedenfalls nicht in Frage. Am Schönsten wäre es für diese Frauen gewiss, man könnte den Samen selbst auch noch künstlich erzeugen und mit einem im Voraus defnierbaren Bündel an erwünschten Merkmalen ausstatten, was bisher noch nicht möglich ist.

Absolut grauenerregend ist auch die Praxis, ein Kind durch eine Leihmutter austragen zu lassen. Sie kommt zwar selten vor, treibt die Widerwärtigkeit aber auf die Spitze. Nicht nur, dass dafür meistens Frauen aus armen Ländern als Gebärmaschinen herhalten müssen. Diese wahrhaft vom Teufel ersonnene Art, an ein Kind zu gelangen, verkennt völlig, welche Bedeu­tung das Erleben eines Embryos im Mutterleib hat. Man weiß inzwischen viel mehr, wie sen­sibel diese kleinen, noch im Bauch geborgenen Geschöpfe auf alles reagieren, was der Mutter widerfährt. Man weiß, wie der innere Resonanzraum beschaffen ist, in welchem der Embryo heranwächst und was davon in sein sich entwickelndes Gehör dringt, was ihn erschreckt, was ihn beruhigt, was ihn erfreut. Peter Sloterdijk, der sich als einziger Philosoph solchen Phäno­men ausgiebig widmet, hat darüber klug und anschaulich geschrieben.
Von Bedeutung ist dabei nicht nur, was die Mutter an Nahrung und Flüssigkeit zu sich nimmt, ob sie raucht oder nicht, von Bedeutung sind auch die Geräusche, ist die Musik, die in der Leibhöhle vernommen werden, und – wie könnte es anders sein – maßgeblich ist die mütterli­che Stimme. Natürlich wird der Embryo auch davon beeinfusst, wie die Gefühle geartet sind, welche die Mutter ihm gegenüber hegt, ob sie das heranwachsende Kind behütet, ob sie sich darauf freut, es bald in die Arme zu nehmen oder eben nicht. Eine Leihmutter, die sich aus ökonomischen Verzweifungsgründen zu so etwas hergibt, wird sich ganz gewiss nicht erlau­ben können, mütterliche Gefühle zu hegen, zumal sie ja weiß, dass ihr das Kind sofort nach der Geburt genommen werden wird.

Mit Verlaub, angesichts dieser Entwicklungen kommen mir die Kopulationsheime, welche die Nationalsozialisten einst eingerichtet haben, um blonde Frauen mit dem Samen von blonden blauäugigen ss-Männern zu versorgen, fast wie harmlose Übungsspiele vor.
Ich übertreibe, das ist klar, übertreibe, weil mir das gegenwärtige Fortpfanzungsgemurkse derart widerwär­tig erscheint, dass ich sogar geneigt bin, Kinder, die auf solch abartigen Wegen entstanden sind, als Halbwesen anzusehen. Nicht ganz echt sind sie in meinen Augen, sondern zweifelhafte Geschöpfe, halb Mensch, halb künstliches Weißnichtwas.
Das ist gewiss ungerecht, weil es den Kindern etwas anlastet, wofür sie rein gar nichts können. Aber meine Abscheu ist in solchen Fällen stärker als die Vernunft.
Die Hypothek, die auf Mutter und Kind bei solchen Manövern lastet, ist enorm. Besonders in den Fällen, in denen der Samenspender nicht der Mann ist, mit dem die Mutter zusammen das Kind aufzieht.

Wer sich sein Wunschkind anhand gewisser Merkmale aussucht, hat präzise Vorstellungen, wie so ein Kind werden soll. Überspitzt gesagt, eine Mutter, die sich einen gut aussehenden Nobelpreisträger mit hohem iq-Wert als Samenspender aussucht, geht zwang­haft davon aus, ihr Kind müsse ebenfalls zu einem gut aussehenden Nobelpreisträger heran­wachsen. Ich weiß, ich weiß, man wird gleich einwenden, ich hätte keine Ahnung von der re­alen Praxis, in denen nur gewisse Merkmale der Samenspender aufgelistet seien, diese selbst jedoch anonym blieben. Aber in den Vereinigten Staaten wurden durchaus Fälle bekannt, in denen das oben beschriebene Katalogverfahren zum Austrag kam, welches dann natürlich auch – wie könnte es anders sein – in Filmen mit fackerndem Mordhintergrund genüsslich verarbeitet wurde.

Was mich hauptsächlich an all diesen Verfahren stört, sind allerdings nicht nur die Extreme, in denen eine ungebremste Vorausberechnungs- und Definitionsgier gegenüber dem eigenen Kind zum Ausdruck kommt, womit dubiose Firmen ihr Geschäft betreiben, es ist die Macht und zugleich die kaum zu tragende Bürde, die damit in die Hand der Frauen gegeben wird.

Hat das Schicksal seine Hand im Spiel, ob und in welcher Form ein Kind zur Welt kommt, sind die Eltern, ist die Mutter wenigstens ein klein wenig entlastet, wenn das Kind nicht gar so hübsch aussieht, wie gewünscht, wenn es nicht gar so intelligent seine Schulaufgaben löst, wie erhofft.

Die Verantwortung, die Eltern heute in unserer modernen Gesellschaft tragen müssen, die fortlaufend bestrebt ist, keine höhere Macht mehr anzuerkennen als nur die Macht des Menschen, ist sowieso enorm. Bleibt nur ein Mensch für diese Verantwortung übrig, nämlich die Mutter, ist der krankmachende Schaden für ein Kind fast programmiert.

Nach dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg, als sehr viele Männer starben, mussten viele Frauen ihre Kinder allein großziehen und die Restfamilie ernähren. Das war oftmals ein sehr hartes Leben mit hoher Eigenverantwortung der Frauen, aber dieses Leben war einer Notsitu­ation von extremen Ausmaßen geschuldet, es entstand nicht als eine selbst gewählte Lebens­form.

Hat das Schicksal, hat der Zufall, hat Gott oder haben die Götter es nun mal so gewollt, wie es gekommen ist, ist von den Schultern eines einzelnen Menschen etwas von seiner Last genom­men. Wurde Höhererseits entschieden, dass ein Kind krank geboren wird, hat eine Frau das Pech, von einem Mann ein Kind zu bekommen, der sich der Verantwortung entzieht, so mag das eine schwere Bürde sein. Aber die Annahme, es geschehe durch höhere Gewalt und nicht vermittels eigener Entscheidung, ist ungleich bekömmlicher für das Leben, das wir alle füh­ren müssen, in dem sich Glück und Unglück, Gelingen und Misslingen als undurchschaubare Wechselbälger zeigen.

Heiteres Gewährenlassen und nicht über alles, wirklich alles bestim­men zu wollen, ist geradezu der Garant für ein in Maßen gelingendes Leben. Das Glück ist eh ein füchtiges Bürschle im Flatterhemd, welches schneller flieht, als dass man es festhalten könnte. An einem vorfrühlingsfackernden Sonntagmorgen ziemt es sich eigentlich, über etwas Schönes zu sprechen. Deshalb, meine sehr verehrten Damen und Her­ren, muss ich Sie um Verzeihung bitten, Sie mit eher düsteren Gedanken behelligt zu haben. Aber seien Sie versichert, ich denke für gewöhnlich keineswegs schwarz.

Wir alle zusammen führen ein ungleich besseres Leben als es den Menschen im Herzen Europas je vergönnt war. Dank dem Frieden, der hier herrscht, und dank der vorzüglichen medizinischen Versorgung, die uns zur Verfügung steht, sollten wir uns glücklich schätzen und das Leben genießen.
 So viel zum Text. Und hier die Reaktionen der  Redaktionen

 Mir war die Autorin bisher unbekannt und ich frage mich, was die Veranstalter bewogen haben mag, eine Autorin, welche Religionswissenschaften studiert hat, zu diesem Thema sprechen zu lassen.

Gut, der Selbstmord des Vaters mag die Beziehung zum Thema Tod herstellen. Wer den Tod so früh und so intensiv erlebt, besonders auch die Folgen für die Überlebenden, der sieht den Tod mit anderen Augen.

Aber warum das Thema Geburt, wo die Autorin nach eigenem Bekunden keine emotionale Beziehung zu Kindern und dazu auch keine eigenen Kinder hat. Worin besteht also ihre Expertise? Sie ist nicht vorhanden! Zumindest der Teil der Rede, welcher sich mit diesem Thema beschäftigt ist ein Meinungsbeitrag, und jeder Mensch hat das Recht zu jedem Thema eine Meinung zu haben und diese auch zu äußern, auch wenn sie anderen nicht passt.

Wenn mir diese Meinung nicht passt, dann ist die Meinung diskussionswürdig, nicht jedoch derjenige, welcher sie äußert. Ad personam Angriffe sind sehr beliebt, vor allem bei Salonlinken, die sofort die Integrität einer Person in Frage stellen, wenn sie mit deren Meinung nicht zurecht kommen.

Was mir an der Rede nicht gefällt, dass auch die Autorin sofort den Bezug zum Dritten Reich und den Nationalsozialisten herstellt. Über einen toten Riesen zu lästern ist wohlfeil. Wäre der Riese noch lebendig, würde man den Flor der Medienschaffenden und Intellektuellen im Gefolge des Goebbelsnachfolgers finden. Maxim Gorki lässt schön grüßen.

Andererseits ist der Bezug zum Lebensborn der Nationalsozialisten nicht daneben, denn sowohl bei der Reproduktionsmedizin als auch beim Lebensborn geht es um Menschenzüchtung, vor allem wenn nicht das Sperma des Partners, sondern eines nach Wahl eingesetzt wird. Die Sache mit der Menschenzüchtung ist übrigens kein Alleinstellungsmerkmal des Nationalsozialismus, denn der sozialisitische Mensch wächst auch nicht im Freiland, nur dass hier die Züchtung eher durch Ausrottung erfolgt, Ausrottung aller bourgeoisen Menschen.

Bourgeoise Menschen sind solche, die lieber ihr Ding in eigener Verantwortung durchziehen, als ohne Verantwortung in einem Kollektiv unterzutauchen. Solche Menschen wollen dann aber auch die Früchte ihrer Arbeit mit denen verzehren, die ihnen lieb und teuer sind, und nicht mit dem unbeteiligten Kollektiv. Der Bourgeois schätzt die Privatsphäre. Vertreibt oder tötet man die Bourgeoisie, dann bleibt eine graue Masse zurück, ohne Eigeninitiative, ohne Verantwortungsgefühl, ohne Mut, der Traum aller Funktionäre. Nur einen Staat kann man so nicht am Leben erhalten, das Ende aller Systeme, die meinten, auf die Bourgeoisie verzichten zu können.

Erstaunlich die Empörung bei den Grünen über Frau Lewitscharoff, ausgerechnet der Fraktion, die doch so sehr auf Bio steht, auf biologischen Landbau und vor allem gegen genmanipuliertes Gemüse. Gerade diese Fraktion müsste doch ein besonderer Gegner der künstlichen Befruchtung sein, ein Gegner der Technisierung der Reproduktion.

Sympathisch finde ich, dass Frau Lewitscharoff eine geradezu liebevolle Einstellung zu Männern hat, die sie als Väter sieht und nicht als entbehrliche Samenspender. Hierin ist sie geradezu fortschrittlich, modern, zukunftsgewandt. Sie spürt das Loch, das der fehlende Vater in ihrem Leben gelassen hat.

Dagegen ist mir die Abneigung gegen die Onanie unverständlich. Sexuelle Akte sind an und für sich unästhetisch und irgendwie igitt. Wenn da nicht dieser Gefühlsnebel wäre, käme niemand auf die Idee solches zu tun. Aber selbst Tiere tun es, sofern sie es können. Elefanten, z.B. können das und tun das. Auch der Essvorgang ist nicht ästhetisch, aber notwendig.

Dass die Autorin die Produkte der Reproduktionsmedizin als Halbwesen bezeichnet, ist so falsch nicht, jedenfalls wenn der Gametenspender im Leben dieser Menschen nicht mehr vorkommt, was bei Homosexuellen die Regel ist. Dann haben diese nämlich ein Stiefelternteil. Und man kann mir sagen, was man will, die Biologie ist stets stärker als jede soziale Konstruktion. Ich habe drei Kinder und etliche Nichten und Neffen, und das Verhältnis zu meinen Kindern ist erheblich anders, als das zu meinen Nichten und Neffen, selbst wenn ich diese auch gern habe. Aber meine Kinder habe ich gerner. Und das, ohne dass mich das Mühe kostet, ohne den Kant'schen Imperativ bemühen zu müssen, ohne Moral, einfach reines Gefühl.

Das Glück der Autorin: sie ist eine Frau.

Hätte ein Mann ähnliche Thesen vertreten, wäre er dem Anathema verfallen. Ich sage nur: Sarrazin.

Wenn die bessere Gesellschaft nur noch Korrektsprech hören möchte, dann sollen sie doch eine Sammlung von Textbausteinen zu allen möglichen Themen verfassen, die man dann zu politisch korrekten Reden zusammenstellen kann. Neusprech kommt immer mehr in Mode. Das Reden um den heißen Brei herum, politisch korrekt, wohlklingend, grammatikalisch einwandfrei, aber nichts als lauwarmer Blubber.

Dann endet jede Diskussion und jede Auseinandersetzung und die Demokratie stirbt den Entropietod, den Tod durch das Ende aller Meinungsunterschiede.

Keine Kommentare: