Es gibt, und es gab, bei nüchterner Betrachtung, keinen deutsch-russischen Interessenkonflikt, wenn wir die Zeit nach dem 2. Weltkrieg bis zu Wiedervereinigung mal außer Betracht lassen.
Der 2. Weltkrieg ist eine direkte Folge des Ersten. Das Streben der deutschen Führung nach Autarkie und damit nach dem Land im Osten gründet sich in den Erfahrungen der Hungerblockade der Alliierten im 1. Weltkrieg und der Abschottung der Märkte in der Nachkriegszeit.
Dagegen beruhte der 1. Weltkrieg auf einem Irrtum der russischen Seite. Man hatte sich finanziell von den Franzosen abhängig gemacht und politisch vor deren Karren spannen lassen. Und dann glaubte das Zarenregime, sich keinen weiteren außenpolitischen Gesichtsverlust leisten zu können.
Wäre Russland mit dem Deutschen Reich verbündet gewesen, hätten die beiden Mächte ihre Politik abgestimmt, so hätte weder Frankreich noch Österreich einen Krieg anzetteln können.
Denn das Deutsche Reich und Russland hatten keinen relevanten Interessengegensatz. Wie es ein bedeutender russischer Minister dieser Zeit, Graf Witte, formulierte: Wir brauchen Galizien nicht, wir haben schon genug Juden, und wir brauchen Ostpreußen nicht, denn wir haben schon genug Deutsche.
Hätte das Deutsche Reich Russland als Bündnispartner gehabe, hätte es wesentlich entspannter auf Krisen reagieren können. Und mit Deutschland als Bündnis- und Handelspartner, hätte das Zarenreich nicht so viel Niederlagen einstecken müssen.
Nun, es ist anders gekommen. Schade!
Leider war das Verhalten der Deutschen in Russland und das Verhalten der Russen in Deutschland nicht dergestalt, dass da der Wunsch nach enger Freundschaft entsteht. Die beiden Völker haben sich wechselseitig Entsetzliches angetan.
Der Nutznießer sind die USA, die von der russische-deutschen Entfremdung profitieren.
Es ist die deutsche Wirtschaftsmacht, welche Mitteleuropa aus dem russischen Einflussbereich herausgerissen hat. Es ist die deutsche Wirtschaftsmacht, welche diesen Raum zwischen den Mächten stabilisiert. Russland hat sich mit seiner unüberlegten Nachkriegspolitik gegenüber den Deutschen einen mächtigen Feind geschaffen. Es hat sich durch die Gebietsverschiebungen und die Exzesse bei der Eroberung als Bündnispartner endgültig desavouiert, zum eigenen Schaden.
Wenn Russland die Braut in sein Bett ziehen will, dann muss es was Konkretes geben, nicht nur Machogehabe und dumme Sprüche: Nordostpreußen mit Königsberg, Abgrenzung der Interessensphären, atomare Bewaffnung Deutschlands.
Der Dank: Ökonomisches, militärisches Bündnis mit Russland, Wilhelmshafen wird russischer Kriegshafen. Gründung einer mitteleuropäischen Freihandelsunion mit Russland als Mitglied und einer mitteleuropäischen Verteidigungsgemeinschaft mit Russland als Mitglied.
A propos, deutsches Interessengebiet. Wir kennen es schon: Polen, Slowakei, Tschechien, Österreich, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und die Nachfolgestaaten Jugoslaviens. Um den Rest der Welt mag sich Russland kümmern. Interessengebiet heißt: da hält sich der Partner politisch raus. Handel und Wandel ist überall frei.
Aber es wird ein Traum bleiben! Ja, denn die Russen sind naturdoof, jedenfalls politisch! Sonst hätten sie die Allianz mit Frankreich gelassen, die Verbindung eines autokratischen mit einem revolutionären Regime, die Verbindung eines saturierten Reiches mit einem Kriegsstreiber. Nun Russland hat für diese Dummheit einen hohen Preis gezahlt und zahlt noch. Und eine Besserung ist nicht in Sicht.