Freitag, 9. Dezember 2016

Sind wir ein Volk ?

Maybrit Illner stellte diese Frage in Ihrer Talkshow anlässlich des 25. Jahrestages der Deutschen Wiedervereinigung.
Die Frage ist nicht banal, denn was soll das sein, ein Volk. In der nahen Vergangenheit war es auf dem Land nicht ungefährlich, eine Freundin im Nachbardorf zu haben, obwohl die Dorfbewohner sich wohl alle als Deutsche bezeichneten. Andererseits war es zur Zeit des ersten und zweiten Weltkriegs gängig, dass sich diejenigen, die sich heute vielleicht als Angehörige eines Volks bezeichnen, dieses Volk als eine Rasse, also eine Sonderform von Mensch, verstanden. Der Rassegedanke stammt nicht von den Nazis, wurde von denen nur weiter verwendet.
Uns so wie wir von dem Schäferhund, dem Berhardiner, dem Pekinesen sprechen, so war es gängig von dem Deutschen, dem Franzosen, dem Russen zu sprechen. Mit Dekonstruktion hatten es unsere Vorfahren nicht so.
Denken wir daran, dass ab etwa 10.000 v.Chr. die Menschen begannen, Landwirtschaft zu betreiben und sesshaft wurden somit nicht besonders mobil waren, es sei denn die Not trieb sie dazu. Dadurch war die Verweildauer der Sippen in bestimmten Regionen lang, so dass sich abgegrenzte Vermehrungsgemeinschaften bildeten, und so auch charakteristische physische und psychische Eigenheiten. Und so war schon augenfällig, dass sich der Westphale von dem Rheinländer unterschied, jedenfalls meist, der Allemanne vom Franken. Selbst die Kultur konnte von Dorf zu Dorf, von Region zu Region stark differieren und der Begriff der Natio bezog sich auf das nähere Lebensumfeld, wie auch das Heimatgefühl.
So ewas wie Nationalgefühl, ein Zusammengehörigkeitsgefühl aller Franzosen, aller Deutscher, aller Italiener, das gab es nicht.
Gemeinschaft entsteht nämlich durch regelmäßigen Austausch, durch Klatsch und Tratsch und persönliches Kennenlernen. Das Gemeinschaftsgefühl, das wir Nationalismus nennen entsteht durch Mythen, durch Erzählungen und ist ein Glaube, wie jede Religion es ist.
Der Begriff  "Volk" wird unterschiedlich gebraucht.

Ursprünglich bezeichnete das Wort „Volk“ schlicht eine Menschenmenge, also viele Leute, so wie heute noch im Englischen von a lot of people die Rede ist. Wendungen des Typs „Es war viel Volk anwesend“ werden im Deutschen zunehmend ungebräuchlicher.
Wikipedia

Im Spanischen bedeutet Volk el pueblo, und pueblo heißt auch Dorf.
Es war die französische Revolution, welche die Bevölkerung des Königreichs Frankreich zum Staatsvolk erklärte und den Bürger (Bourgueois) zum Staatsbürger (Citoyen).

Es sind Mythen, Rituale und Gewohnheiten, welche aus einer  Bevölkerung ein Staatsvolk machen. Und wie ein Konzern, eine juristische Person, etwas Virtuelles ist, so ist auch ein Staat etwas Virtuelles.

Wenn dem aber so ist, so handelt unklug, wer die Mythen angreift, welche die Basis der Nation, des Staates und des inneren Friedens sind. Wenn sich die Bewohner der BRD nur noch als diejenigen empfinden, welche schon länger hier wohnen, dann verliert der Staat jede Legitimation. Und die Interessengegensätze der Regionen sind groß genug, eine Trennung zu rechtfertigen.

Wenn wir also kein Volk sind, dann ist es nicht länger einzusehen, wieso ferne in Berlin Angelegenheiten der Süd-, Ost- oder Westdeutschen geregelt werden sollten.

Keine Kommentare: