Im Jahr 1377 saß der arabische Historiker Ibn Chaldun auf einer Bergfestung in der nordafrikanischen Wüste und räsonierte über den geistigen Verfall in den islamischen Reichen und dessen Ursachen. Es war dieselbe Zeit, als die oberitalienischen Handelsstädte einen bedeutenden wirtschaftlichen Aufstieg nahmen und zugleich einen gewaltigen Aufschwung der Künste und Wissenschaften einleiteten – das, was wir heute Renaissance nennen. „Wir hören, dass die philosophischen Wissenschaften jetzt im Lande Roms und längs der anschließenden nördlichen Küsten im Land der europäischen Christen sehr kultiviert werden. Die vorhandenen systematischen Darstellungen sollen umfassend sein, und die Leute, die sich darin auskennen, sollen zahlreich sein, der Studenten viele.“84 Die umfassenden systematischen Darstellungen, von denen Chaldun spricht, hatten die „nördlichen Länder“ von den Arabern erhalten. Es waren meist lateinische Übersetzungen arabischer Schriften, die ihrerseits wiederum aus dem Griechischen ins Aramäische und Arabische übersetzt worden waren. Ibn Chaldun sieht sich in seinem Selbstverständnis als Angehöriger einer Kultur, die das Wissen vergangener Kulturen in sich vereint und weiterentwickelt hat. Dass die ungläubigen Barbaren womöglich jetzt dieses Erbe antreten, irritiert ihn. Er ahnt, dass die große Zeit der arabischen Wissenschaften zu Ende geht. Er weiß aber nicht, dass er der Letzte seiner Zunft ist.
Pressburg, Norbert G.. Good Bye Mohammed: Das neue Bild des Islam (S.156-157). BoD – Books on Demand. Kindle-Version.
Am Anfang, ja ganz am Anfang, der gab es keinen Islam, keinen Propheten Muhamad (der Gepriesene), keine Kalifen. Am Anfang da gab es im fruchtbaren Halbmond und in dem Land, das wir heute als Arabien verstehen, arabische Christen, die sich von den römisch/byzantinischen Christen vor allem dadurch unterschieden, dass sie die Gottessohnschaft und die Vergöttlichung des Joshua Ben Miriam (Jesus) nicht nachvollzogen, wie die Juden an den einen Gott glaubten und sich auf das Alte Testament und die vier Evangelien stützten. Ihr Glaubensbekenntnis kann am Felsendom aus der von Abd-al Malik, dem damaligen arabischen Herrscher und Erbauer des Felsendoms, nachgelesen werden. Darauf auch ein Bezug auf Muhamad Abd Allah, den gepriesenen Knecht Gottes, also Jesus. Für ihre Gottesdienste nutzten diese, syro-aramäisch sprechenden Christen ein in dieser Sprache geschriebenes Lektionar, in ihrer Sprache Qeryan genannt.
Quran kommt vom aramäischen Qeryan, was „Lektionar“, bedeutet, also ein liturgisches Buch, das ausgewählte Texte aus der Schrift, dem Alten und dem Neuen Testament, enthält. Man darf als Ausgangsmaterial das Diatessaron annehmen, ein Liturgiebuch der syrischen Christen, in dem jedoch die vier Evangelien quasi in Kurzform zu einem zusammengezogen waren.
Pressburg, Norbert G.. Good Bye Mohammed: Das neue Bild des Islam (S.44). BoD – Books on Demand. Kindle-Version.
Zu Beginn des 7. Jahrhunderts n.Chr. wurden viele dieser Christen Opfer des Krieges der Perser unter den Sassaniden gegen Ostrom. Schwäche der Byzantiner führte dazu, dass die Gebiete, die heute den Irak, Syrien, Palästina, Jordanien und sogar Ägypten bilden, von den Persern überrannt wurden, worauf diese die Bewohner ganzer Städte nach Persien verschleppten, um dort neue Städte bauen und bevölkern zu lassen. Auch kämpften arabische Heere sowohl auf der Seite der Perser, als auch auf der Seite der Byzantiner (Oströmer).
613 n.Chr. begann die Gegenoffensive der Byzantiner unter Kaiser Heraklios, welche 622 mit der endgültigen Niederlage der Perser endete. Da Heraklios eine Reichsreform durchführte und die Grenzen auf die der heutigen Türkei begrenzte, wurden die arabischen Emire die bisher seiner Herrschaft unterstanden und die arabischen Emire in Persien frei. Es war das Jahr 1 der Araber und in der Folgezeit schufen diese ein arabisches Reich, das auch Persien umfasste.
Doch diese Verschleppungen hatten Folgen. Die verschleppten Araber kamen mit der persischen Religion (dem Zoroastrismus) und der persischen Kultur in Kontakt, was ihre religiösen Vorstellungen veränderte. Man erinnere sich, wie das Christentum aus dem Judentum entstand. Religionen sind Geschichten, die immer weiter erzählt werden. Denken Sie an die Mormonen in Amerika.
Jedenfalls veränderten diese Neuerzählungen die Gestalt des Muhamad, des Gepriesenen, der im weiteren Verlauf zu einer Person, Mohammed, wurde, wie auch aus dem Hohen, Erhabenen die Person des Ali wurde, jetzt Schwiegersohn von Mohammed. Es ist als ob aus benedictus (gepriesen sei) die Person mit dem Namen Benedikt würde. Und war erst mal der Protagonist Mohammed in der Welt, gab es sogleich Erzählungen zu diesem, massenhaft Erzählungen. Mag es im Christentum hunderte von Evangelien (Jesusgeschichten) gegeben haben, bevor vier kanonisiert wurden, so gibt es tausende, ja hunderttausende Mohammedgeschichten, die Hadithen.
Auch das Lektionar, das Queryan wurde umgeschrieben und ergänzt, leider von Leuten, die des Syro-aramäischen nicht mehr kundig waren, weswegen viele Suren im Koran, dem Nachfolgebuch, unverständlich und mißverständlich sind. Wer ein Buch nach der länge der Kapitel sortiert, hat den Inhalt wahrscheinlich nicht verstanden. Da Gott vollkommen und allwissend ist, kann dessen Autorenschaft stark bezweifelt werden. Und das trifft auch auf die Bibel zu.
Nirgendwo in Relikten oder Dokumenten des 7. und 8. Jahrhunderts, islamische oder nichtislamische, kommt die Nennung von Muslimen oder Islam im Sinne einer neuen Religion in Arabien vor. Und das, obwohl nach islamischer Tradition zu dieser Zeit bereits der gesamte Orient islamisch gewesen sein soll. Gerne wird als Beleg für die Existenz des Islam im 8. Jahrhundert Johannes Damascenus genannt. Der spricht aber nicht – man muss einfach nur mal hinschauen – von „Muslimen“,sondern von der „Häresie der Ismaeliten“. Häretiker sind diejenigen, die die offizielle Glaubenslinie verlassen haben – das war von der Reichskirche aus gesehen bei der arabischen Kirche Maliks der Fall –, es sind aber niemals Anhänger einer anderen Religion. Es ist Usus geworden, „Araber“ mit „Muslimen“ gleichzusetzen, obwohl es dafür keine historische Rechtfertigung gibt. Der Begriff „Muslime“ ist zum ersten Mal für das Jahr 753 auf einer persischen Münze nachgewiesen. Diese „Muslime“ sind jedoch nicht die Angehörigen der Religion des Islam, wie wir es heute als selbstverständlich verstehen, sondern es sind aramäisch die meshlem, die Orthodoxen, die Rechtgläubigen (was auch die Griechisch-Orthodoxen von sich behaupteten).
Pressburg, Norbert G.. Good Bye Mohammed: Das neue Bild des Islam (S.119-120). BoD – Books on Demand. Kindle-Version.
Die Hauptstadt der Marwaniden (Omayaden) war Damaskus, ihr Reich ein von Arabern dominiertes Reich. Dagegen erhoben sich die Perser, stürzten die Dynastie und ersetzten sie durch eine neue, die als Abbassiden überliefert wurden, nach einem Abu Abbas, der auch aus der Prophetenfamilie stammen soll (749 n.Chr.). Die neue Hauptstadt wurde Bagdad. Hier veränderte sich die Jesuserzählung unter dem Einfluss aus dem Osten (Persien). Der Muhamad und der Ali wurden zu realen Personen, denen ein Leben angedichtet wurde. Aber noch war der Islam nicht zur eigenen Religion geronnen. Aber die frommen Erzählungen wandelten sich und sogar Mythen der Beduinen flossen mit ein. Das Symbol der Muslime, der Halbmond und der Morgenstern gehen auf zwei heidnische Göttinnen zurück.
Zur Zeit als der Islam (was Übereinstimmung mit den Schriften bedeutet) noch im Entstehen war, war eine Zeit großer geistiger Freiheit, und arabische Intellektuelle übertrugen antike römische und griechische Literatur ins Arabische, das begann das bisher dominierende Aramäisch zu verdrängen. Man kann sagen, der Koran und das Arabische entstanden parallel.
Aber im zwölften Jahrhundert war alles vorbei. Jetzt war aus dem arabischen Christentum der dogmatische Islam entstanden, und er hatte auch seinen "Philosophen"
Mit Ibn Ruschd ist die Zeit der unabhängigen Denker der arabischen Geistesgeschichte zu Ende. Es bleibt also nur noch jene Person vorzustellen, die dieses Ende in Jahreszahlen fassen lässt: al-Ghazali, um 1058 in Tuz im östlichen Iran geboren, 1111 ebendort gestorben. Seine beiden Hauptwerke sind „Die Nichtigkeit der Philosophie“ und „Das Wiedererstehen der religiösen Wissenschaften“. In der islamischen Literatur wird Ghazali als großer Philosoph gefeiert. In Wirklichkeit hatte er mit der Philosophie selber absolut nichts am Hut. Im Gegenteil, sein Lebenswerk war ihre Abschaffung. Dies ist auch der Inhalt der „Nichtigkeit“. Er stellt darin dar, warum die Philosophie keine Existenzberechtigung habe. Im krassen Gegensatz zu Aristoteles und allen seinen arabischen Vorgängern lehnt Ghazali das Kausalitätsprinzip ab, also das Prinzip von Ursache und Wirkung. Es gebe daher auch keine Logik und keine Naturgesetze, alles geschehe durch einen besonderen Willensakt Gottes.
Pressburg, Norbert G.. Good Bye Mohammed: Das neue Bild des Islam (S.172). BoD – Books on Demand. Kindle-Version.
So wurde der Islam das, was er heute ist: ein Glaubenssystem, das jedes eigenständige Denken unterdrückt. Und so blieben die Araber und die Muslime als Ganzes zurück hinter der Entwicklung, die in Europa einsetzte.
Und darum wird auch aus Syrien nichts werden. Die Illusion, ein idealisiertes Gesellschaftssystem aus dem Mittelalter könne zu Wohlstand führen, wird platzen, und die Not wird den Bürgerkrieg neu anfeuern. Wenn man ein Land ruinieren will, überlässt man es Gotteskriegern oder linksgrünen Ideologen, was auf das Gleiche hinausläuft.