Sonntag, 31. Januar 2010

Gender mainstreaming - Gegenperspektive

Gender mainstreaming - nette Gegenperspektive - und Hintergründe

verfasst von moneymind E-Mail, 30.01.2010, 02:56
(editiert von moneymind, 30.01.2010, 03:22)

Hallo,

um mal so richtig ins Wespennest reinzustechen:

Eine erfrischend deftige Gegenperspektive, dann ein Versuch, ein paar tiefere Hintergründe auszuleuchten.

Die Gegenperspektive:

Crevelds provokante These lautet: Die Unterdrückung der Frau ist eine in die Irre führende Legende des Feminismus. Warum bezeichnet sich in den Vereinigten Staaten nur eine von drei Frauen als Feministin, während viele andere diesem Begriff extrem ablehnend gegenüberstehen? Warum haben von Florence Nightingale bis Simone de Beauvoir viele berühmte Frauen gesagt, daß sie nie unter den Benachteiligungen litten, die angeblich mit ihrem Geschlecht verbunden sind? Und weshalb ergeben Umfragen unter Frauen der verschiedensten Nationalitäten, daß die meisten von ihnen sich nicht diskriminiert fühlen?

Martin van Creveld hat mit seinem jüngsten Buch eine antifeministische Polemik verfaßt. Seine provokante These lautet: Frauen werden nicht unterdrückt und sind nie unterdrückt worden. Sie sind das eigentlich privilegierte Geschlecht und sind dies auch in der Vergangenheit immer gewesen.

Dazu führt Creveld zahlreiche Beispiele aus Geschichte und Gegenwart an. Als Kinder werden Frauen sanfter behandelt. Als Erwachsene stehen sie unter geringerem Druck, sich zu behaupten und ihren Verpflichtungen nachzukommen. Im Berufsalltag übernehmen sie weniger als die Hälfte der Arbeit. Und im Wirtschaftsleben sind sie oft in der beneidenswerten Situation, Geld ausgeben zu können, ohne es verdienen zu müssen.

Vor diesem Hintergrund ist es für Creveld plausibel, daß die meisten Frauen mit ihrem Los offenbar mehr und weniger zufrieden sind und daß nicht mehr Frauen ihre Kosmetika weggeworfen und ihre BHs verbrannt haben, um in die Blaumänner zu steigen und männliche Berufe auszuüben.

Die Botschaft am Ende seines Buches: Jede Medaille hat zwei Seiten. Wenn Frauen Männern auch nicht in jeder Hinsicht gleichkommen, so sind sie ihnen gegenüber doch in vielen anderen Dingen bevorzugt. Für jeden Nachteil, den sie erleiden müssen, gibt es ein Privileg, das sie allein genießen. Dafür sollten sie ein Bewußtsein entwickeln, um das Zusammenleben und das Verständnis zwischen den Geschlechtern zu erleichtern.
(M.v.Creveld: Das bevorzugte Geschlecht)


"Der Krieg als Domäne der männlichen Aggressivität einerseits, eine Welt in Frieden, wenn Frauen die ganze politische Macht besäßen, andererseits: Martin van Creveld legt energisch Widerspruch gegen dieses Dogma ein und entlarvt in diesem Buch eine der großen politischen Illusionen unserer Zeit. Eine Welt ohne Krieg? Wenn die politische Führung nur in den Händen von Frauen läge, die für Frieden sorgten? In diesem Werk klärt der international angesehene Kriegstheoretiker Martin van Creveld kritisch über diese These auf.
Trotz der vorhandenen weiblichen Aggressionsbereitschaft nahmen Frauen von der Antike bis zum Ende des 2. Weltkriegs zwar nur sehr vereinzelt und in Ausnahmesituationen direkt am Krieg teil. Dieser blieb die bei weitem wichtigste Domäne des Mannes. "Mann" und "Krieger" waren so eng miteinander verknüpft, dass die beiden Wörter in einigen Sprachen austauschbar sind. Dennoch haben Frauen für den Krieg von jeher eine große und entscheidende Bedeutung gehabt. Sie spielten ihren Part in der Mythologie ebenso wie in der wirklichen Geschichte: als Anstifterinnen von kriegerischen Auseinandersetzungen, als Kriegsursachen, als Gegenstand und Opfer von Kriegen. Die Frauen waren es, die Schutz und Verteidigung von ihren Männern einforderten, die ihnen zujubelten, wenn sie in den Kampf zogen, die für sie beteten, wenn sie im Feld waren, und die auf ihre Rückkehr warteten. Sie umarmten die Sieger und trösteten die Verlierer. Frauen dienten über Jahrhunderte als Vergrößerungsspiegel, ausgestattet mit der Magie und Kraft, die Gestalt der Männer in doppelter Größe zurückzustrahlen. Diese Spiegel waren bestimmend für alle kriegerischen und heroischen Handlungen.
Martin van Creveld hat mit "Frauen und Krieg" ein grundlegendes und zugleich provokatives Geschichtswerk vorgelegt. Der Eintritt von Frauen in die Streitkräfte der entwickelten Länder, so argumentiert der Autor, hat mit der weiblichen Emanzipationsbewegung nichts zu tun. Vielmehr ist die Präsenz von Frauen im Militär ein weiteres Zeichen dafür, dass die Bedeutung der großen staatlichen Armeen für die Kriegführung mehr und mehr verschwindet."
( Martin van Creveld: Frauen und Krieg. )

Wonach aber sowohl Gender Mainstreamer als auch der unkonventionelle Militärhistoriker van Creveld genausowenig fragen wie Feminismus-basher:

Wieso und wozu gibt es überhaupt die Frauenbewegung, was macht(e) sie eigentlich notwendig und so zwanghaft?

Interessante Thesen zu den Hintergründen der Frauenbewegung gibt es (seit 35 Jahren) hier:

G. Heinsohn/R. Knieper: Theorie des Familienrechts. Geschlechtsrollenaufhebung, Geburtenrückgang, Kindesvernachlässigung. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1974.

G. Heinsohn (1979): Frauen und Mütter im israelischen Kibbutz. Familien- und Bevölkerungstheorie einer hochentwickelten Kommunegesellschaft.

Heinsohn geht von der These aus, daß Lohnarbeiter mangels vererbbaren Produktionsmitteleigentums zur Existenzsicherung keinen Nachwuchs benötigen und deshalb - sobald ihnen Geburtenkontrolle zugänglich wird und ihre traditionelle religiös geprägte Einstellung schwindet, dazu tendieren, kinderlos zu bleiben

Heinsohn belegt anhand statistischer Daten, daß dies sowohl in modernen kapitalistischen wie auch sozialistischen Gesellschaften der Fall war.

Auf der Basis dieser ökonomisch fundierten Familientheorie, die natürlich der modernen Familienideologie völlig zuwiderläuft, von einem traditionellen Standpunkt aus aber wohl als "gesunder Menschenverstand" erscheint, erklärt Heinsohn die moderne Entwicklung von Feminismus, Geschlechtsrollenaufhebung, Geburtenrückgang etc. auf eine sehr differenzierte Weise. Ich kann hier die Vielfalt der Themen, die er so im Zusammenhang verständlich macht, nur streifen und den Bezug zum Gendermainstreaming herstellen:

Männer sind zunehmend nicht mehr auf eine Ehefrau angewiesen, weshalb Frauen sich nicht mehr darauf verlassen können, auf traditionelle Art einen Familienversorger zu finden und daher gezwungen sind, sich selbst ebenfalls für die Arbeitsmärkte fitzumachen. Dafür benötigen sie natürlich all die zivilen Rechte, die Männer schon haben, müssen also um ihre Anerkennung als freie und gleiche Rechtsperson kämpfen, um ihre wirtschaftliche Überlebensfähigkeit herstellen und aufrechterhalten zu können. Dieser Zwang führt zur Gründung der Frauenbewegung und zur Ideologie des Feminismus, die dann natürlich auch sozialistische "Gleichheits"-Interpretationen ideologisch für sich nutzt.

Kämpfen müssen die Feministinnen dabei gegen konservative und religiöse Indoktrination, die trotz mangelnder ökonomischer Angewiesenheit weiter Fortpflanzungs- und Familienmoral propagieren, der aber ihre ökonomische Basis (vererbbares Produktionsmitteleigentum) fehlt. Sie wird so zur leeren, immer unglaubwürdigeren Hülle und zur bloßen Machtideologie, die jedoch weiterhin Einfluß auf das Reproduktionsverhalten der Lohnarbeiter hat. Nicht nur in den USA kennt man das. Auch Marxisten hielten - wie Heinsohn in "Menschenproduktion - allgemeine Bevölkerungstheorie der Neuzeit" zeigt, die Lohnarbeiter zu fleißiger Reproduktion an, da sie sich ja Nachwuchs für eine machtvolle "proletarische Revolution" wünschten.

Anhand der Kibbutzim, einer modernen Kommune und "kollektivistischen Stammesgesellschaft", in der die Frauen sich von selbst aufs Kinderkriegen und das Zuhause verlegen zurückziehen, obwohl die kollektivistische Kibbutzideologie das Gegenteil von ihnen verlangt, und auf Feminismus pfeifen, belegt er den Zusammenhang von Feminismus und Lohnarbeit (Kurzzusammenfassung hier).

Doch nicht nur Feminismus ist ein Produkt der Lohnarbeit. Auch staatliches Bildungs- und Erziehungssystem und die staatliche Sozial- und Rentenversicherung übertragen Funktionen an den Staat, die früher die Familie übernommen hatte, die die Lohnarbeiterfamilie aber mangels Produktionsmitteleigentums nicht mehr ausüben konnte.

Woher also kommt die Lohnarbeiterklasse - DAS zentrale Unterscheidungsmerkmal des modernen Kapitalismus im Vergleich zu antiken?

Heinsohn/Steiger/Kniepers These dazu: sie stammt aus dem bevölkerungspolitischen Versuch der frühmodernen Staaten, nach der "kleinen Eiszeit" ab ca. 1300 und den Pestwellen ab 1348 entvölkerte Landstriche "wiederzubevölkern", indem Geburtenkontrolle systematisch verfolgt wurde.

Diese Bevölkerungspolitik ("Menschenproduktion") wurde im Merkantilismus fortgesetzt. Hier liegen auch die historischen Wurzeln der "Bevölkerungswissenschaft" (heute "Demographie" genannt), die als Teil der modernen "Disziplinen" (wie sie Foucault in "Überwachen und Strafen" fürs Gefängnis und in "Die Geburt der Klinik" für die moderne Medizin untersucht hat), und der "Humanwissenschaften" (Medizin, Psychologie, Psychiatrie, Erziehungswissenschaft), die ursprünglich alle im Dienst dieser "staatlichen Menschenproduktion" standen.

Heinsohn sieht also keine "Verschwörung" am Werk, wie Zentralsteuerungsfreaks gerne glauben, sondern sieht Naturkatastrophen als Auslöser für gesellschaftliche Umwälzungen, die dann aber auch eine Eigendynamik entfalten.

Ausführlich dargestellt und belegt haben Heinsohn, Knieper und Steiger diese These in Heinsohn/Knieper/Steiger: Menschenproduktion. Allgemeine Bevölkerungstheorie der Neuzeit. (Zusammenfassung), und weiterentwickelt wird sie in Heinsohn/Steiger: Die Vernichtung der weisen Frauen (dort Möglichkeit, Inhaltsverzeichnis und Vorwort zu lesen).

Würde diese Texte gern diskutieren, wer hat sie gelesen?

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"Einem Club, der Leute wie mich aufnimmt, möchte ich lieber nicht angehören" (Marx ... Groucho, nicht Karl)

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

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