Die Familienmanagerin: Familie als Beruf
Der Artikel analysiert den demographischen Wandel aus  soziologischer, biologischer und ökonomischer Sicht. Ein Ergebnis ist,  dass die Wirtschaftsfunktion der Familie nicht zur Gleichberechtigung  der Geschlechter passt. Ferner wird gezeigt, dass sich männliche und  weibliche Fortpflanzungsinteressen schon aus biologischen Gründen  erheblich voneinander unterscheiden, und dass eine Nichtberücksichtigung  der spezifischen männlichen Interessen erhebliche gesellschaftliche  Folgewirkungen nach sich ziehen könnte. Es wird ein ergänzendes  Familienmodell vorgeschlagen, welches die aufgeworfenen Probleme lösen  könnte.  
Inhalte
- 1. Die Gleichberechtigung der Geschlechter
- 2. Geburtenrate und Sterblichkeit
- 3. Familienmodelle
- 4. Biologie
- 5. Ökonomie
- 6. Individualisierung
- 7. Was tun?
- 8. Literatur
1. Die Gleichberechtigung der Geschlechter
 In modernen, der  Gleichberechtigung der Geschlechter unterliegenden Gesellschaften (im  Folgenden einfachheitshalber gleichberechtigte Gesellschaften  genannt) gilt allgemein die Vorstellung, sowohl Männer als auch Frauen  sollten im Regelfall einer Erwerbsarbeit nachgehen und sich eventuelle  Familienarbeiten dann paritätisch teilen. Staat und auch Unternehmen  sollten gleichzeitig für eine möglichst optimale Vereinbarkeit von  Familie und Beruf und einen angemessenen Familienlastenausgleich sorgen.
  Die zentralen Fragen der vorliegenden Arbeit sind: 
  -  Können sich gleichberechtigte Gesellschaften, in denen beide Geschlechter praktisch die gleichen Lebensentwürfe besitzen, bestandserhaltend reproduzieren?
-  Können sich gleichberechtigte Gesellschaften unter dem aktuell gültigen Familienmodell bestandserhaltend reproduzieren?
Dabei wird der Begriff bestandserhaltend  wie folgt verwendet: Eine Gesellschaft reproduziert sich quantitativ  bestandserhaltend, wenn die nachfolgende Generation die  Elterngeneration zahlenmäßig ersetzen kann, kompetenzerhaltend (qualitativ  bestandserhaltend), wenn die nachfolgende Generation im  Durchschnitt über gleiche oder höhere gesellschaftlich nutzbare  Kompetenzen (z. B. Bildung) wie die Elterngeneration verfügt und bestandserhaltend,  wenn sie sich sowohl quantitativ bestandserhaltend als auch  kompetenzerhaltend reproduziert.
 Ferner wird angenommen, dass sich  gemäß dem aktuell gültigen Familienmodell Familien vom Grundsatz  her selbst zu ernähren haben (Wirtschaftsfunktion der Familie).
  Die Hauptthese der Arbeit ist: Die  beiden obigen Fragen sind unter den genannten Voraussetzungen zu  verneinen.
 1.1 Modellannahmen einer gleichberechtigten Gesellschaft
Um die These zu belegen, sollen  zunächst einige einschränkende "Idealisierungen" angenommen werden:
  -  Die untersuchte gleichberechtigte Gesellschaft ist in sich abgeschlossen. Mit anderen Worten: Es findet weder eine Zu/Abwanderung noch ein Außenhandel mit anderen Gesellschaften statt.
-  Die gleichberechtigte Gesellschaft verfügt über ähnliche sozialstaatliche Einrichtungen wie zurzeit die Bundesrepublik Deutschland.
Wir stellen uns also vereinfacht vor, es gäbe nur Deutschland  und das wäre die Welt. Eine solche Idealisierung ist im Rahmen der  genannten Fragestellungen sinnvoll, denn ein gesellschaftliches Problem  lässt sich nicht bereits dadurch lösen, indem man es in Gesellschaften  mit abweichenden Organisationsformen, die man aber selbst nicht mehr für  zeitgemäß hält, verschiebt[1].
  2. Geburtenrate und Sterblichkeit
2.1 Der demographische Wandel
Die  fortgeschrittenen Industrienationen befinden sich mehrheitlich im demographischen  Wandel, der sich allgemein in drei unabhängigen Teilaspekten  ausdrückt:
 -  Es werden zu wenige Kinder geboren, oder etwas präziser ausgedrückt: die gesellschaftliche Reproduktion ist insgesamt mengenmäßig nicht bestandserhaltend (Fertilitätsrate < 2,1).
 Analysen zeigen: Der Geburtenrückgang in Deutschland ist wie auch in den übrigen europäischen Ländern einschließlich der Länder Nordeuropas in erster Line das Ergebnis des zunehmenden Verschwindens der Mehrkindfamilie mit drei oder mehr Kindern (Bertram/Rösler/Ehlert 2005: 10) und weniger das Resultat einer zunehmenden Kinderlosigkeit.
-   In sozial schwachen beziehungsweise bildungsfernen Schichten werden mehr Kinder geboren als in Schichten mit hohem sozioökonomischem Status beziehungsweise Bildungsniveau. Anders gesagt: Es besteht ein negativer Zusammenhang zwischen Kinderzahl und sozialer Position beziehungsweise Bildungsniveau (Kopp 2002: 89). Dieser Zusammenhang besteht in analoger Weise auch länderübergreifend: In den entwickelten Industrienationen werden pro Frau meist viel weniger Kinder geboren als in den Entwicklungsländern. Man nennt dieses Phänomen das demographisch-ökonomische Paradoxon (Birg 2003: 30).
 Auch diese Erscheinung könnte als fehlende Bestandserhaltung bezeichnet werden, diesmal aber nicht bezüglich der Zahl an Menschen, sondern den Kompetenzen und Qualifikationen. Im Laufe der Arbeit wird dies noch näher begründet.
-  Die allgemeine Lebenserwartung steigt. Dieser Aspekt wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit als gegeben angenommen und nicht weiter thematisiert.
Einige Länder, wie etwa die USA, sind nur vom zweiten und dritten Teilaspekt des demographischen Wandels betroffen, die meisten entwickelten Länder allerdings von allen dreien.
2.2 Der Rückgang der Sterblichkeit
Während der gesamten Geschichte der Menschheit mussten Frauen  eher durchschnittlich fünf bis acht Kinder in die Welt setzen, damit  sich eine Population mengenmäßig erhalten konnte (Joas 2001: 483). Der  Grund: Die Säuglings-, Kinder- und Müttersterblichkeit waren hoch, und  auch noch im Erwachsenenalter konnten Krankheiten, Seuchen, Hunger,  Kriege, Unfälle oder Verbrechen zu einem frühen Tod bei nur sehr wenigen  Nachkommen führen.
 Dies änderte sich in  Europa schlagartig zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgrund einiger  Errungenschaften der Medizin - insbesondere der Hygiene -, einer  besseren Nahrungsversorgung der Bevölkerung und weiterer  Modernisierungsprozesse. In der Folge ging die Sterblichkeit zurück und  es entstand ein dramatischer Bevölkerungszuwachs, der den demographischen  Übergang einläutete.
 Als demographischer  Übergang wird in der Demographie allgemein der  Transformationsprozess von hohen zu niedrigen Geburten- und Sterberaten  verstanden. In Deutschland ist damit meist der Zeitraum von etwa 1880 -  1930 gemeint. 
 Im Jahr 1816 lebten auf dem Gebiet des  späteren Deutschen Reichs 25 Millionen Menschen, am Vorabend des Ersten  Weltkriegs dagegen bereits 68 Millionen (Ehmer 2004: 6f.). Weitere fünf  Millionen waren - vor allem nach Übersee - ausgewandert (Ehmer 2004:  9). Zwischen 1900 und 1910 erreichte die jährliche deutsche  Bevölkerungszuwachsrate mit rund 1,5 Prozent ihren Höhepunkt. Die  Bevölkerung nahm in dieser Periode schneller zu als jemals zuvor und  jemals danach in der deutschen Geschichte (Ehmer 2004: 7). Der Zuwachs  war auch stärker als in den meisten anderen europäischen Ländern. Einige  Wissenschaftler führen die beiden dann folgenden Weltkriege auf diese  Entwicklung zurück (Neirynck 2006: 242ff.; Heinsohn 2006). 
  Ab etwa 1970 traten sehr viele moderne Gesellschaften in den demographischen  Wandel. Als vermutliche Hauptgründe können angeführt werden:  Zuverlässige Kontrazeptiva (die Pille), weibliche Emanzipation,  gesicherte Altersversorgung (Rentenversicherung etc).
  Heute reichen durchschnittlich ca. 2,1 Kinder pro Frau aus,  damit sich eine Bevölkerung mengenmäßig erhalten kann. Im 18.  Jahrhundert lag diese Zahl noch deutlich über vier. Man kann deshalb  durchaus behaupten: Der Rückgang der Sterblichkeit war die Voraussetzung  für die Emanzipation der Frauen. So würde eine in sich abgeschlossene  Gesellschaft (es existieren weder Zu- noch Abwanderungen) mit 80  Millionen Einwohnern, einer Fertilitätsrate von 1,4, einer  Generationendauer von 30 Jahren und einer Bestandserhaltungsrate von 2,1  (niedrige Sterblichkeit) binnen 120 Jahren auf ca. 25 Millionen  Einwohner schrumpfen, bei einer Bestandserhaltungsrate von 4,2 (hohe  Sterblichkeit) dagegen auf ca. 4 Millionen. Unter solchen Verhältnissen  würde sich eine Gesellschaft bereits innerhalb der Lebenszeit von  Menschen erkennbar zu Tode schrumpfen, was gesellschaftlich wohl kaum  hingenommen würde.
 3. Familienmodelle
3.1 Kernfamilie
Im westlichen Kulturkreis wird heute  unter Familie in der Regel die sogenannte Kernfamilie aus Vater,  Mutter und deren Kindern verstanden. Sie ist in modernen Gesellschaften  die weiterhin häufigste Familienform. Alternative Modelle wie  Alleinerziehung, Wohngemeinschaften, das Zusammenleben zweier  Elternteile mit nichtgemeinsamen oder gar jeweils eigenen Kindern nehmen  zwar anteilsmäßig zu, bleiben aber vorläufig noch in der Minderheit.
  3.2 Ernährermodell
Die Industriegesellschaft mit ihrem  hohen Kapitaleinsatz und ihrer starken Verlagerung der Produktion aus  dem häuslichen Bereich machte es erforderlich, dass ein Elternteil -  üblicherweise der Mann - das Haus (das "ganze Haus") verließ, um einer  Erwerbsarbeit nachzugehen. Diese wurde mit Geld und/oder Waren vergütet,  womit der Familienvater dann Frau und Kinder ernährte.
  Als Familienform setzte sich das patriarchalische  Ernährermodell durch, bei dem der Vater als Ernährer der Familie  fungierte (Wirtschaftsfunktion der Familie), während sich die  Mutter als Hausfrau um Haus und Kinder kümmerte.
  Beim Ernährermodell besteht eine Hierarchie an sozialen  Funktionen. Es kann wie folgt beschrieben werden.
 -  Der Mann geht arbeiten und verdient dafür Geld, die Frau zieht die Kinder auf und verdient dafür kein Geld.
Das  patriarchalische Ernährermodell erwies sich in der Praxis als äußerst  erfolgreich, zumal es ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Produktion  und Reproduktion etablierte, was es dem Staat erlaubte, sich  weitestgehend aus der gesellschaftlichen Reproduktion herauszuhalten und  diese als ausschließliche Angelegenheit seiner Bürger zu definieren.  Allerdings hatte es einen entscheidenden Nachteil: Die Frauen wurden auf  eine Rolle festgelegt und verblieben dabei in ökonomischer Abhängigkeit  von ihren Männern, was aber mit modernen Gleichheitsgrundsätzen nicht  mehr zu vereinbaren war.
 3.3 Familienmodell bei weiblicher Emanzipation
Die Frauenbewegung hat das patriarchalische Ernährermodell  erfolgreich bekämpft und ein anderes Familienmodell (Vereinbarkeitsmodell)  dagegen gestellt (Träger 2007), welches in unserer Gesellschaft  mittlerweile auf breiteste Akzeptanz stößt. Es basiert auf der Annahme  einer grundsätzlichen Vereinbarkeit von Familie und Beruf.
  -  Mann und Frau gehen beide arbeiten und verdienen dafür Geld. Außerdem teilen sie sich die Familienarbeit und verdienen dafür beide kein Geld.
Vielen Familien erscheint die prinzipielle Vereinbarkeit dieser  völlig unterschiedlichen und zeitaufwendigen Aufgaben jedoch als  Mythos; sie erleben beides als Addition (Radisch 2007: 139ff.). Auch  scheint die Reduzierung der Arbeitszeiten bei beiden Ehepartnern zwecks  einer gerechteren Aufteilung der Familienarbeit aus ökonomischer Sicht  für die betroffenen Familien häufig die schlechteste Lösung zu sein, da  dann beide Ehepartner auf eine Karrieremöglichkeit und somit zusätzliche  Verdienstmöglichkeiten verzichten müssen. Ferner schließen zahlreiche  Berufe Vereinbarkeitsszenarien von vornherein weitestgehend aus  (Pilot, Flugbegleiter, Matrose, Bergmann, Lokführer, Schaffner,  Fernfahrer, Manager, Vertreter, Dachdecker, Monteur etc.).
  Bei einer größeren Familie mit drei oder mehr Kindern nimmt die  Familienarbeit meist eine solche Größenordnung an, dass ein Elternteil  (in der Regel die Mutter) über einen Zeitraum von zehn oder mehr Jahren  keiner oder nur einer geringfügigen gleichzeitigen Erwerbsarbeit  nachgehen kann. Damit verfügt die Familie fast ausschließlich über das  Einkommen des Familienvaters und damit über deutlich geringere Einkünfte  bei gleichzeitig wesentlich höheren Kosten gegenüber berufstätigen  Kleinfamilien beziehungsweise Kinderlosen (siehe die Ausführungen im  folgenden Abschnitt). Solche Familien sind dann gezwungen, für einen  längeren Zeitraum zu einer modernen Abwandlung des patriarchalischen  Ernährermodells - dem sogenannten Phasenmodell - zurückzukehren,  was aber eigentlich nicht mehr dem Zeitgeist entspricht:
  -  Mann und Frau gehen beide arbeiten und verdienen dafür Geld. Die Frau unterbricht ihre berufliche Tätigkeit für eine längere Familienphase und verdient in dieser Zeit kein/kaum Geld.
Konkret  heißt das: Während der Familienphase kommt das patriarchalische  Ernährermodell zur Anwendung. Die Frau verzichtet dann auf  nennenswerte Rentenansprüche, vor allem aber auf Kernerrungenschaften  der weiblichen Emanzipation, nämlich Berufstätigkeit und ökonomische  Selbstständigkeit. Die Alternativen lauten jetzt: Ökonomische  Abhängigkeit vom Ehemann oder von der Sozialhilfe. Daneben besitzt das  Modell weitere Nachteile. Speziell für gut ausgebildete Frauen dürfte es  wenig attraktiv sein.
 Das klassische Ernährermodell  inklusive seiner modernen Variante Phasenmodell hat in diesem  Sinne also auch für größere Familien längst ausgedient. An die Stelle  des Ehemanns als Ernährer der Familie tritt mehr und mehr der Staat  (Bolz 2006: 35f.).
 3.4 Das Dilemma des Vereinbarkeitsmodells
Familien sind in unserer Gesellschaft ökonomisch autarke  Einheiten, die sich vom Grundsatz her selbst zu ernähren haben. Anders  gesagt: Familien besitzen eine Wirtschaftsfunktion. Eine solche  gesellschaftliche Vorgabe ist aber alles andere als selbstverständlich,  denn viele Naturvölker kennen etwas Vergleichbares nicht.
  Im Patriarchat galt unter dem Paradigma der familialen  Wirtschaftsfunktion noch die einfache Regel: Familien, die mehr  Ressourcen (Geld) erlangten, konnten sich mehr Kinder "leisten", sofern  sie nur wollten.
 Im Rahmen der Gleichberechtigung der  Geschlechter wurde die Wirtschaftsfunktion der Familie unbesehen  beibehalten. Nun beschaffen also im Rahmen des gesellschaftlich  präferierten Vereinbarkeitsmodells beide Elternteile gleichermaßen die  erforderlichen Ressourcen, während sie sich gleichzeitig die  Familienarbeit paritätisch teilen.
 Leider ist dies prinzipiell nicht möglich. Denn spätestens ab  dem dritten oder vierten Kind nimmt die Familienarbeit ein solches  Ausmaß an, dass entweder ein Elternteil oder gar beide ihre  Arbeitszeiten signifikant reduzieren müssen, und zwar selbst dann, wenn  sie auf eine optimale Vereinbarkeitsinfrastruktur zurückgreifen  können. Mit jedem weiteren Kind dürfte sich die Situation weiter  verschärfen. Dies führt dann zu dem folgenden, bemerkenswerten - und im  Patriarchat nicht bekannten - Dilemma:
 -  Mit zunehmender Kinderzahl steigen die Ausgaben für die Familie, während gleichzeitig ihre Einkünfte sinken.
Ich möchte das an einem - allerdings stark vereinfachenden -  Beispiel verdeutlichen: 
 Ehepaar Müller ist beruflich qualifiziert und erfolgreich. Die beiden Ehepartner verdienen monatlich jeweils 3.000 Euro nach Steuern. Mit jedem Kind würden ihnen 500 Euro an zusätzlichen Kosten entstehen, bei vier Kindern also 2.000 Euro. Gleichzeitig hätten sie dann soviel Familienarbeit, dass sie beide nur noch halbtags arbeiten gehen könnten. In der Folge reduzierten sich ihre Einkünfte auf jeweils 1.500 Euro pro Monat, das heißt, auf insgesamt 3.000 Euro. Verdienten sie also vorher zusammen 6.000 Euro im Monat, die ihnen allein zur Verfügung standen, hätten sie mit ihren vier Kindern noch 3.000 Euro, während ihre Kosten gleichzeitig um 2.000 Euro angestiegen wären. Im Endeffekt würden sich ihre persönlichen Einkünfte durch die Familiengründung von 6.000 Euro auf 1.000 Euro pro Monat reduzieren.
Ich werde im Rahmen der Arbeit zeigen, dass das gerade  geschilderte Dilemma mit den bislang öffentlich diskutierten  familienpolitischen Maßnahmen nicht einmal ansatzweise behebbar ist.  Aufgrund dessen verschwinden die größeren Familien, oder sie werden  systematisch in die Sozialhilfe abgedrängt, wo die Wirtschaftsfunktion  der Familie nicht mehr greift, denn dort versorgt ja der Staat.
  Dies wäre alles noch hinnehmbar, wenn die gesellschaftliche  Reproduktion auch ohne größere Familien funktionieren könnte. Diverse  Analysen konnten jedoch zeigen: Dies ist nicht möglich. Tatsächlich ist  der Geburtenrückgang in Deutschland, aber auch in vielen anderen  entwickelten Ländern, in erster Linie auf das Verschwinden der  Mehrkindfamilie zurückzuführen (Bertram/Rösler/Ehlert 2005: 10), denn  unter der Rahmenbedingung der Gleichberechtigung der Geschlechter gibt  es für solche Familien zurzeit kein passendes Familienmodell.
  4. Biologie
Biologische Argumente werden in den  Sozialwissenschaften manchmal als Biologismus diskreditiert. Solche  Einwände sind aber nur dann stichhaltig, wenn eine Argumentation alles  auf die Biologie zurückführt ("es ist alles in den Genen"). In einer  umfassenden interdisziplinären Analyse dürfen biologische Gesichtspunkte  keineswegs außer Acht gelassen werden. Im Folgenden soll deshalb der  Frage nachgegangen werden, ob den beiden Geschlechtern bereits aus  biologischen Gründen bestimmte Rollen zukommen. Dies lässt sich  tatsächlich zeigen. Geschlecht ist folglich nicht nur ein kulturelles  Konstrukt (Gender), sondern besitzt ein bedeutendes biologisches  Fundament.
 4.1 Warum gibt es Männer?
In "Das andere Geschlecht" schrieb Simone de Beauvoir  noch, "dass der eigentliche Sinn der Unterteilung der Arten in zwei  Geschlechter nicht klar ist." (De Beauvoir 2000: 28) Und weiter (De  Beauvoir 2000: 33):
 Vielleicht wird die Mitwirkung des Mannes in der Fortpflanzung eines Tages überflüssig: das ist anscheinend der Wunsch zahlreicher Frauen. (…) Die Phänomene der ungeschlechtlichen Vermehrung und der Parthogenese sind ebenso ursprünglich wie die geschlechtliche Fortpflanzung. Diese ist, wie gesagt, nicht a priori bevorzugt, doch weist keine Tatsache darauf hin, dass sie auf einen elementareren Mechanismus zurückzuführen ist.
Alice Schwarzer ergänzt, "dass der Mensch ursprünglich eine  'polymorphe Sexualität' (Sigmund Freud) hat, die nicht festgelegt ist,  und dass die vorherrschende Heterosexualität ein Resultat der  kulturellen Priorität ist." (Schwarzer 2007: 41) Entsprechend  fordert sie einen "neuen Menschen" (Schwarzer 2007: 168): 
  Ja, es stimmt, die schlimmsten Albträume der Fundamentalisten und Biologisten müssten wahr werden: Das werden nicht mehr die gewohnten "Frauen und Männer" sein (…), sondern herauskommen wird ein "neuer Mensch". Ein Mensch, bei dem die individuellen Unterschiede größer sein werden als der Geschlechtsunterschied.
Judith Butler geht noch einen Schritt weiter, indem sie  behauptet, Geschlecht stelle ausschließlich eine soziale Kategorie dar,  wobei sie gleichzeitig die biologische, binäre Konstruktion der  Zweigeschlechtlichkeit radikal in Frage stellt (Butler 2007).
  Ich werde die Auffassungen De Beauvoirs, Schwarzers und Butlers  auf den nächsten Seiten falsifizieren und insbesondere den  "elementareren Mechanismus" der geschlechtlichen Fortpflanzung  beschreiben, den Simone De Beauvoir noch vermisste.
 Biologen weisen meist darauf hin, dass der wesentliche Vorteil  der Sexualität in der genetischen Rekombination liege, die eine  ungeheure genetische Vielfalt erzeuge (Wuketits 2005: 55 ff.). Umgekehrt  sei die genetische Rekombination die Voraussetzung für das Entstehen  komplexer Lebensformen auf der Erde gewesen (Eigen 1987: 114).
  Allerdings erklärt dies noch nicht, warum es bei höheren  Tierarten keine Hermaphroditenpopulationen gibt. Es wäre für die  Evolution viel einfacher gewesen, pro Art nur ein gemeinsames Geschlecht  (mit beiden Fortpflanzungsfunktionen) zu konstruieren, so dass sich  jedes Individuum mit jedem anderen paaren und jedes dann auch Nachkommen  hinterlassen kann. Hermaphroditenpopulationen sind bezüglich der Zahl  ihrer potenziellen Nachkommen (quantitativ) viel leistungsfähiger  als getrenntgeschlechtliche (Männchen/Weibchen) Populationen, trotzdem  haben sie sich bei höheren Tierarten nicht durchsetzen können.
  Den eigentlichen Grund für die Geschlechterdifferenzierung  haben die Soziobiologen längst sicher ermitteln können, nämlich die  grundsätzlich unterschiedliche Fruchtbarkeit von männlich versus  weiblich (Voland 2007: 49).
 Diese simple Tatsache steht am Anfang jeder geschlechtlichen Differenzierung und sie führt zu einer folgenreichen und soziokulturell höchst dynamischen Angebots-Nachfrage-Asymmetrie auf dem Markt sexueller Transaktionen: Die Pro-Kopf-Investitionen in Fortpflanzung ist zwischen den Geschlechtern grundverschieden.
Anders gesagt: Männer könnten potenziell 100x so viele  Nachkommen wie Frauen haben, allerdings auch nur dann, wenn die von  ihnen erbrachten Elterninvestments pro Kind deutlich geringer sind als  bei den Frauen.
 Während der gesamten Geschichte der  Menschheit hatten reiche oder mit Macht ausgestattete Männer eine  größere Zahl an Sexualpartnerinnen und setzten auch mehr Kinder in die  Welt als Männer mit einem niedrigeren Sozialstatus (Betzig 1986). Diese  Aussage konnte in zahlreichen Untersuchungen mit unterschiedlichen  Gesellschaftsformen (vormoderne Bauerngesellschaften, Wildbeuter etc.)  bestätigt werden (Voland 2000: 89f.; Hopcroft 2006: 105).  Beispielsweise konnte bei den matriarchalisch organisierten  südamerikanischen Yanomami beobachtet werden, dass Häuptlinge im  Durchschnitt mit mehr Frauen verheiratet sind als Nichthäuptlinge, und  dass die Häuptlingsfrauen im Mittel besonders fruchtbar sind (Voland  2000: 89). Würden die Yanomami dagegen erwarten, dass sich Frauen und  Männer die Familienarbeit pro Kind paritätisch teilen, dann hätten  Häuptlinge besonders viel Familienarbeit zu leisten, und zwar sogar  deutlich mehr als ihre Frauen, denn sie haben die meisten Kinder.
  Auch in modernen menschlichen Gesellschaften lässt sich  nachweisen: Nichts steigert die Attraktivität eines Mannes gegenüber dem  anderen Geschlecht so sehr wie der soziale Status beziehungsweise der  berufliche Erfolg (Weber 2003: 77). Diese Präferenzen sind weltweit in  allen Kulturen so einheitlich anzutreffen, dass einige Autoren dafür  biologische Ursachen vermuten (Kanazawa 2003).
 Die viel höhere potenzielle Fruchtbarkeit des männlichen  Geschlechts in Kombination mit dem weiblichen Partnerwahlverhalten (im  Tierreich meist anhand sogenannter Fitnessindikatoren) führt nun aber zu  einer deutlich beschleunigten Verbreitung von (insbesondere sozial  nutzbaren) Erfolgsmerkmalen innerhalb einer Population. Viele Männer  werden dann keine oder nur sehr wenige Nachkommen haben, andere dafür  vergleichsweise viele. Getrenntgeschlechtliche Populationen sind also  Hermaphroditen in der Reproduktion zwar quantitativ unterlegen,  doch qualitativ überlegen: dies ist letztlich ihr entscheidender  Vorteil, wie im folgenden Abschnitt noch einmal anhand eines Beispiel  verdeutlicht werden soll. Aus diesem Grund haben sie sich bei höheren  Tierarten vollständig durchgesetzt.
 4.2 Weitergabe von genetischen Erfolgsmerkmalen
In diesem Zusammenhang fällt zunächst auf, dass Männer häufiger  von genetischen Mutationen betroffen sind als Frauen, was  möglicherweise auf die männliche XY-Chromosomen-Asymmetrie  zurückzuführen ist (Zechner et al. 2001). Beispielsweise sind sechs von  sieben Inselbegabten (Savants) Männer. Der bekannte Savant Kim Peek  ("Rain Man") verfügt zwar über außergewöhnliche geistige Fähigkeiten,  die sich auf ein gegenüber Vergleichspersonen völlig anders  strukturiertes Gehirn zurückführen lassen, gleichzeitig ist er aber auch  geistig behindert. Die meisten Mutationen dieser Art wirken sich  nämlich in der Summe eher ungünstig aus. Dennoch kann der Natur dabei  gelegentlich ein "Volltreffer" gelingen. So behauptet der Hirnforscher  Michael Fitzgerald etwa, selbst bei Genies wie Einstein, Newton,  Beethoven oder Mozart habe eine mehr oder weniger starke Ausprägung von  Autismus vorgelegen.
 Stellen wir uns nun  in einem Gedankenexperiment vor, ein Mensch habe durch eine genetische  Mutation die Gabe erhalten, durch zehnminütiges, äußerst konzentriertes  Handauflegen Krebs zu heilen. Die Mutation wäre erblich, sodass im  Mittel 50 Prozent seiner Nachkommen über die gleichen Fähigkeiten  verfügten. Zu beachten ist: Es handelt sich hierbei um ein Merkmal,  welches ausschließlich sozial nutzbar ist, in der freien Natur  (im Rahmen der natürlichen Selektion) aber keine unmittelbaren  Vorteile bietet.
 Wir können drei Fälle unterscheiden:
  -  Die Person ist eine Frau.
 Vermutlich würde die Frau ihre Bestimmung darin sehen, möglichst viele Krebskranke zu heilen. Sie würde zwar viel Geld verdienen, aber kaum Zeit für eigene Kinder haben. Gegebenenfalls würde sie kinderlos bleiben. In der nächsten Generation wäre die genetische Mutation wahrscheinlich bereits wieder verschwunden.
-  Die Person ist ein Mann in einer patriarchalischen Gesellschaft.
 Der Mann würde ebenfalls seine Bestimmung darin sehen, möglichst viele Krebskranke zu heilen. Er würde viel Geld verdienen, eine Ehefrau, viele Freundinnen und viele Kinder haben. In der nächsten Generation gäbe es wahrscheinlich bereits fünf oder mehr Menschen mit der gleichen genetischen Mutation.
-  Die Person ist ein Mann in einer gleichberechtigten Gesellschaft.
 Der Mann würde gleichfalls seine Bestimmung darin sehen, möglichst viele Krebskranke zu heilen. Er würde zwar viel Geld verdienen, aber kaum Zeit für eigene Kinder haben, da er für jedes Kind die Hälfte der Familienarbeit zu leisten hätte. Gegebenenfalls würde er kinderlos bleiben. In der nächsten Generation wäre die genetische Mutation wahrscheinlich bereits wieder verschwunden.
Während die Natur also dem weiblichen Teil den Hauptteil der  Fortpflanzungsarbeit zugewiesen hat, ist eine Hauptaufgabe des  männlichen Geschlechts, die Evolution zu beschleunigen und für eine  möglichst rasche Anpassung an den Lebensraum zu sorgen (Zechner et al.  2001), das heißt, die Evolutionsfähigkeit zu verbessern (Malsburg 1987).  Es ist folglich von Vorteil, wenn das männliche Geschlecht stärker von  Mutationen betroffen ist, denn dann können ungünstige Mutationen  leichter "eliminiert" und günstige gefördert werden, und zwar alles auf  ganz natürliche Weise. Möglicherweise ist sogar ein Großteil des  menschlichen Intellekts auf genau diese Weise entstanden (Miller 2001).  Insgesamt ist das männliche Geschlecht so etwas wie ein "Turbolader" der  Evolution, denn es unterliegt aufgrund der aus seiner Sicht knappen  weiblichen Ressourcen einem erhöhten Selektionsdruck, und zwar selbst  dann, wenn der Lebensraum nicht begrenzt ist.
 Von Bedeutung ist in diesem Zusammenhang auch, dass die  Sexualität eine neue Wettbewerbskommunikation hervorgebracht hat, die  sogenannte Gefallen-wollen-Kommunikation (Mersch 2008b: 16ff.),  bei der die Verteilung der Ressourcen aus der Sicht der aktuellen  Ressourcenbesitzer erfolgt (Recht des Besitzenden). Davor ging es  in der Natur ausschließlich dominant zu: Fressen und gefressen  werden, d. h. die Ressourcenverteilung erfolgte aus der Sicht  derjenigen, die an den Ressourcen interessiert waren (Recht des  Stärkeren). Doch spätestens mit der sexuellen Selektion mussten die  Männchen lernen, den Weibchen zu gefallen, um von ihnen erhört zu werden  ("mein Bauch gehört mir"). Die Sexualität hat also letztlich unser  modernes Leben erst möglich gemacht: Alle modernen Märkte, und selbst  Zivilisation und Demokratie (Mersch 2008b: 249ff.) basieren maßgeblich  auf der sich aus der sexuellen Selektion ableitenden Gefallen-wollen-Kommunikation  (Recht des Besitzenden).
 Den beiden  Geschlechtern kommen also bereits aus biologischen Gründen  unterschiedliche Aufgaben zu. Nivellierte man die Lebensentwürfe beider  Geschlechter, entfiele der eigentliche Sinn des männlichen Geschlechts.  Möglicherweise ist die zunehmende Orientierungslosigkeit der männlichen  Jugend bereits Ausdruck dieser Entwicklung. Mittlerweile wünschen sich  Frauen in Deutschland durchschnittlich nur noch 1,75 Kinder, Männer  sogar nur 1,59 (Robert Bosch Stiftung 2006). Ein solches Resultat ist  alarmierend, denn der männliche Kinderwunsch müsste aus biologischen  Gründen (aufgrund der bereits erwähnten "Angebots-Nachfrage-Asymmetrie  auf dem Markt sexueller Transaktionen", die die Basis des biologischen  Vorteils getrenntgeschlechtlicher Populationen ist) stets höher sein als  der weibliche. Offenbar wurden die spezifischen männlichen  Fortpflanzungsinteressen in den Gesellschaftswissenschaften und der  Familienpolitik bislang nicht ausreichend evaluiert und berücksichtigt.
  Es kann heute kein Zweifel mehr daran bestehen, dass ein  nennenswerter Teil des menschlichen Denkens, Fühlens und Verhaltens eine  biologische Basis besitzt, die im Überlebenskampf während der  Menschwerdung entstanden ist (Eibl-Eibesfeldt 2004). Auch bei der  Intelligenz kann von einer erheblichen erblichen Komponente ausgegangen  werden, wie die Zwillings- und Adoptionsforschung belegt (Borkenau 1993;  Riemann/Spinath 2005: 616 ff.; Shaffer/Kipp 2007: 105 ff.; Roth 2003:  110ff.). Ferner scheint hier das Gleiche zu gelten, was bereits bei der  Geschlechterverteilung von Inselbegabten festgestellt wurde: die Varianz  der Intelligenzverteilung bei Männern ist deutlich höher als bei Frauen  (Deary et al. 2007; Zechner et al. 2001). Beispielsweise ergab ein Test  unter 2.500 Geschwistern, dass sich unter den "klügsten" und "dümmsten"  zwei Prozent einer Bevölkerung offenbar doppelt so viele Männer wie  Frauen befinden (Deary et al. 2007). Gemäß anderen Untersuchungen  (Irwing/Lynn 2005; Lynn/Irwing 2004) haben doppelt so viele Männer wie  Frauen einen IQ oberhalb von 125 Punkten. Ab einem IQ von 155 kommt auf  5,5 Männer nur noch eine Frau (sueddeutsche.de 2005).
  In modernen menschlichen Gesellschaften korreliert der IQ mit  Bildungsniveau und beruflichem Erfolg. Beruflicher Erfolg geht meist mit  dem Erreichen verantwortungsvoller Positionen einher, wofür aber  wiederum ein besonders starkes persönliches Engagement und das  Einbringen umfangreicher zeitlicher Ressourcen erforderlich ist. Dies  hat dann aber zwangsläufig zur Konsequenz, dass beruflicher Erfolg einem  hohen Engagement bei anderen sozialen Aufgaben eher im Wege steht, was  auch für die Familienarbeit gilt. 
 Und genau hier kommt nun das Problem der weiblichen  Emanzipation ins Spiel. Wenn sowohl die berufliche Karriere als auch die  Familienarbeit mit hohen zeitlichen Aufwänden und damit mit jeweils  hohen Opportunitätskosten verbunden sind, und beide Geschlechter beide  Aufgaben anteilsmäßig gleich erfüllen sollen, dann wird im statistischen  Mittel eine bessere Ausbildung und darauf aufbauend eine größere  berufliche Verantwortung immer mit einer geringeren Kinderzahl  korrelieren. Daran werden Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit  von Familie und Beruf nichts Entscheidendes ändern können.
  Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass sich mit einem  Fortschreiten der weiblichen Emanzipation und insbesondere einer  weiteren Steigerung der Frauenerwerbsquote die Verhältnisse für Frauen  und Männer immer stärker angleichen werden, da es dann selbst für  beruflich erfolgreiche Männer immer schwerer werden dürfte, eine  adäquate Lebensgefährtin zu finden, die bereit ist, für die Gründung  einer größeren Familie für eine längere Zeit auf ihren Beruf zu  verzichten. Dafür sprechen allein schon die festgestellte  Bildungshomogamie bei Paaren (Eggen/Rupp 2006: 56) und IQ-Korrelation  bei Ehepaaren (Bouchard/McGue 1981). Ferner übertragen sich die hohen  Opportunitätskosten von Kindern bei einer gesellschaftsweit angestrebten  paritätischen Aufteilung der Familienarbeit unmittelbar auch auf die  Männer. Obwohl Männer oftmals bis ins hohe Alter fortpflanzungsfähig  sind, entsteht dann für beide Geschlechter eine maximal 25-jährige  "Rushhour des Lebens" (Bertram/Rösler/Ehlert 2005), in der sowohl die  Karriere aufgebaut als auch die Familie gegründet werden muss.
  Man kann mit einfachen Modellen zeigen, dass es unter solchen  Verhältnissen zwangsläufig zu einem langfristigen Nachlassen der  durchschnittlichen Intelligenz der Bevölkerung (und damit von aktuellen  Erfolgsmerkmalen) kommen muss, wobei der männlichen - und nicht der  weiblichen - Fertilität eine herausragende Bedeutung zukommt (Mersch  2007a: 94ff.). Und in der Tat ist in den meisten entwickelten Ländern  seit Ende der 1990er Jahre ein Absinken des durchschnittlichen IQs der  Bevölkerung feststellbar (Sundat et al. 2004; Teasdale/Owen 2005;  wissenschaft.de 2005). Da IQ-Verluste auch mit Wohlstandsverlusten und  erhöhter Arbeitslosigkeit einherzugehen scheinen (Lynn/Vanhanen 2002) -  ein Zusammenhang, der auch innerhalb Deutschlands nachweisbar ist -,  dürfte dies zu einer signifikanten Verletzung der  Generationengerechtigkeit führen (Tremmel 2005: 98).
  Auf Basis des Prinzips der natürlichen Selektion der  Evolutionstheorie könnte man geneigt sein zu fordern, in menschlichen  Gesellschaften müsse sozialer Erfolg mit Reproduktionserfolg  korrelieren. Eine solche Forderung gilt aber allgemein als sozialdarwinistisch  (Vogel 2000: 183f.). Allerdings lässt sich argumentieren, dass die  Evolution des Lebens nicht durch das Prinzip der natürlichen Selektion,  sondern primär durch die Reproduktionsinteressen von Individuen  vorangetrieben wird (Mersch 2008b: 59ff.). Daraus ließe sich dann aber  ableiten, dass sozialer Erfolg nicht zu einer prinzipiellen und  statistisch nachweisbaren Reduzierung des Fortpflanzungsinteresses (bzw.  Kinderwunsches) führen darf. Eine entsprechende Forderung scheint  regelrecht ethisch geboten zu sein, denn es ist den Menschen nicht  zumutbar, sich einerseits um sozialen Erfolg zu bemühen, dafür dann  allerdings den Preis eines statistisch signifikant niedrigeren  Fortpflanzungsinteresses zahlen zu müssen. Moderne  Industriegesellschaften erfüllen diese Forderung üblicherweise nicht  (Klein 2006: 76), und zwar aus den in diesem Artikel genannten  ökonomischen und organisatorischen Gründen.
 Nun lassen sich die Zusammenhänge dieses Abschnittes naturgemäß  nicht "beweisen". Beweisen kann man nur in der Mathematik. Sie aber  kaum begründet als nicht existent abzutun, könnte sich für die nächste  Generation als fatal erweisen. Auch hat ein Hinweis auf biologische  Zusammenhänge nichts mit einer Ablehnung von gezielten Fördermaßnahmen  für sozial benachteiligte Schichten zu tun. Im Gegenteil: Damit diese  gefördert werden können, muss es vor allem eine ausreichende Zahl an  Menschen geben, die andere fördern können und nicht selbst auf Förderung  angewiesen sind.
 Ein häufiger Einwand gegenüber der vorgebrachten Argumentation  ist der Folgende:
 In unserer Gesellschaft bestehen Schicht- und Klassenunterschiede. Kinder aus sozial schwachen Schichten werden nicht nur durch ihr Umfeld benachteiligt, sondern auch in den Bildungsprozessen systematisch diskriminiert. Hierdurch erlangen sie geringere Bildungsabschlüsse und schneiden in den Intelligenztests schlechter ab. Durch Aufhebung der Benachteiligungen könnte man die berichtete ungünstige Entwicklung aufhalten oder gar umkehren.
Selbst wenn die  angenommenen Voraussetzungen des Einwands (soziale Unterschiede,  fehlende Chancengleichheit) zutreffen würden, sind die daraus gezogenen  Schlüsse keineswegs richtig, und zwar aus den folgenden Gründen:
  -  Schafft ein Kind aus einer sozial schwachen und bildungsfernen Schicht dennoch den Aufstieg und den beruflichen Erfolg, dann unterliegt es in gleichberechtigten Sozialstaaten dem gleichen Opportunitätskostendilemma für Nachkommen, wie alle anderen beruflich engagierten Menschen auch. Es dürfte dann ebenfalls keine oder nur wenige Nachkommen haben.
-  Stellen wir uns einen "idealen" gleichberechtigten Sozialstaat ohne soziale Benachteiligungen vor. In diesem wären beispielsweise alle Kinder gleich nach der Geburt in gemeinsame Erziehungseinrichtungen abzugeben (vergleichbar etwa den Kinderhäusern der Kibbuzim), wo sie gleichermaßen und ihren jeweiligen Fähigkeiten, Interessen und Neigungen gemäß optimal gefördert würden. Ihre Herkunft wäre den Erziehern und Erzieherinnen nicht bekannt. Dann ist aber zu erwarten, dass ein späterer sozialer Erfolg sehr häufig auf individuellen, genetisch vermittelten Kompetenzen beruht. Aufgrund des in einer solchen Gesellschaft weiterhin bestehenden Opportunitätskostendilemmas (beruflich engagierte und sozial erfolgreiche Menschen hätten höhere Opportunitätskosten für Kinder als sozial weniger erfolgreiche Menschen), würden sich Erfolgsmerkmale sukzessive eliminieren. Der obige Einwand ist folglich allein schon deshalb zurückzuweisen, weil das festgestellte Dilemma auch nach Aufhebung der bemängelten angeblichen Ursachen weiterhin bestehen würde.
4.3 Die ökonomische Theorie der Fertilität
Biologen behaupten meist, Lebewesen ginge es primär um  Selbsterhalt und Fortpflanzung (Maturana/Varela 1970: 129):
  Genau so sind wir alle entstanden, ohne einem anderen Gesetz zu folgen, als dem der Erhaltung einer Identität und der Fähigkeit zur Fortpflanzung.
Ganz nüchtern betrachtet ist jedoch die Erbringung der  aufwendigen und kräftezehrenden Nachwuchsarbeit aus Sicht eines  Individuums alles andere als selbstverständlich (Mersch 2008b: 59ff.).  Damit die Fortpflanzung trotzdem zuverlässig geschieht, musste die  Natur/Evolution den Individuen ein biologisch fundiertes  Reproduktionsinteresse verordnen. Anders gesagt: Lebewesen waren so zu  konstruieren, dass sie nach Fortpflanzung "strebten".
  Dies erfolgt nun aber offenkundig in erster Linie über die  sexuelle Lust, denn seitdem es moderne Verhütungsmittel gibt, lassen  sich Paarungs- und Reproduktionserfolg präzise voneinander trennen: Die  Fortpflanzung generiert dann zu einem ökonomisch abschätzbaren Vorgang,  der sich der Konkurrenz anderer Interessen des Individuums ausgesetzt  sieht. Es sind dann Fragen möglich wie: "Berufliche Karriere, neues  Auto, Urlaubsreise oder Kind?" Und seitdem hat die ökonomische  Theorie der Fertilität (Klein 2005: 81; Hill/Kopp 2004: 198ff.)  ausreichende Substanz, um das Fortpflanzungsverhalten moderner Menschen  relativ präzise beschreiben zu können. 
 Gemäß der ökonomischen Theorie lassen sich drei verschiedene Nutzenarten  für Kinder unterscheiden (Klein 2005: 81; Hill/Kopp 2004: 198ff.): Konsumnutzen,  Einkommensnutzen, Sicherheitsnutzen. Diesen Nutzenarten stehen zwei Kostenarten gegenüber: Opportunitätskosten,  direkte Kosten.
 Mit Wertedebatten oder Vorstellungen wie "Kinder kriegen die  Menschen immer" (Konrad Adenauer) - beziehungsweise dessen moderner,  abgeschwächter Variante "Kinder wollen die Menschen immer" - ist dem  Nachwuchsproblem moderner Gesellschaften nicht beizukommen. Stattdessen  ist nun bei jeder familien- oder bevölkerungspolitischen Maßnahme zu  prüfen, ob sie den ökonomischen Anforderungen der adressierten Eltern  gerecht wird oder nicht. Zurzeit wird genau dies nicht getan, wie noch  aufgezeigt wird.
 Die sichere Beherrschung des eigenen  Fortpflanzungsinteresses stellt ein einmaliges Ereignis in der bereits  mehr als drei Milliarden Jahre währenden Geschichte des Lebens auf der  Erde dar. Obwohl der Begriff Bevölkerungsplanung durch  Erfahrungen mit der Vergangenheit äußerst negativ besetzt ist, darf  dennoch prognostiziert werden, dass Familienplanung und weibliche  Emanzipation langfristig so etwas wie Bevölkerungsplanung zur  Folge haben wird. Die zu niedrigen Geburtenraten der entwickelten Länder  sind dafür von Vorteil, denn das im Abschnitt "Familie als Beruf"  vorgestellte und in allen Ländern ganz ähnlich implementierbare  Verfahren erlaubt die zielgenaue Erhöhung von Geburtenzahlen, das heißt,  eine präzise und gegebenenfalls international abstimmbare Bevölkerungsplanung,  und zwar ohne dabei in Persönlichkeitsrechte einzugreifen. Dies ist mit  keiner anderen bislang vorgeschlagenen familien- oder  bevölkerungspolitischen Maßnahme möglich. Alle anderen bislang  diskutierten familien- oder bevölkerungspolitischen Maßnahmen scheinen  der Größe des aktuellen Familienproblems nicht gerecht zu werden.
  5. Ökonomie
Wenn in gleichberechtigten  Gesellschaften - anders als im Patriarchat - neben den Männern auch alle  Frauen einer Erwerbsarbeit nachgehen, wird es zwangsläufig zu einem  deutlichen Anstieg der Zahl an Arbeitskräften kommen. Denkbare negative  Folgen sind: Arbeitskräfteüberangebot, Langzeitarbeitslosigkeit,  Frühverrentungen, Jugendarbeitslosigkeit, vermehrte Teilzeitjobs,  prekäre Arbeitsverhältnisse und Lohneinbußen. Tatsächlich nahm die Zahl  der Erwerbspersonen von 1970 bis 2007 - umgerechnet auf die heutige  Bevölkerungsgröße - um ca. 7 Millionen zu (Statistisches Bundesamt  Deutschland: 2009), da der Anteil der Erwerbspersonen an der  Gesamtbevölkerung im genannten Zeitraum von ca. 44 Prozent auf ca. 53  Prozent anstieg, ein Effekt, der maßgeblich auf eine erhöhte  Frauenerwerbsquote zurückzuführen ist.
 Ferner dürfte die Kaufkraft des durchschnittlichen Einkommens  pro Arbeitnehmer sinken, denn man kann den produzierten Warenkorb nicht  mehrfach teilen. Für die Mehrkindfamilie hätte dies fatale Konsequenzen,  da sie aufgrund des enormen Aufwands bei der Familienarbeit  üblicherweise nur einen Ernährer hat: Konnte im Patriarchat ein  einzelner Mann mit einem leicht überdurchschnittlichen Gehalt noch seine  Frau und beispielsweise vier Kinder ernähren, so kann er das in  gleichberechtigten Gesellschaften nun möglicherweise nicht mehr. Die  gesellschaftsweite Priorisierung von Erwerbsarbeit (Produktion)  gegenüber der Nachwuchsarbeit (gesellschaftliche Reproduktion)  bei beiden Geschlechtern dürfte auf diese Weise zu einer Entwertung von  Familienarbeit und einer generellen Verarmung größerer Familien führen.
  Und schließlich kommt es durch  niedrige Geburtenraten zu einer Absenkung des Binnenbedarfs und damit  zu einer weiteren möglichen Erhöhung der Arbeitslosigkeit. Werden die  entstehenden Humankapitallücken später durch Migranten aus der Dritten  Welt aufgefüllt, dann handelt es sich bei der Absenkung der  Geburtenraten letzlich um eine Verlagerung von (Familien-)Arbeit in  Niedriglohngebiete (bzw. um Kolonialismus, wie es der  Bevölkerungsforscher Herwig Birg einmal ausdrückte), im Grunde also um  die gleiche Vorgehensweise, die man gelegentlich den global operierenden  Unternehmen vorwirft.
 Nun kennen aber auch Unternehmen die  Unterscheidung von Produktion und Reproduktion. Betrachten  wir dazu einmal einen Pharmakonzern wie Bayer HealthCare. 
  Medikamente besitzen üblicherweise einen Patentschutz von bis  zu zwanzig Jahren. Wenn der Patentschutz eines umsatzstarken  Medikamentes ausläuft, dann dürfte die Vermarktung des Produktes  schwieriger werden, es altert sozusagen. Oft kann der Hersteller noch  kleinere Verbesserungen vornehmen, die die Konkurrenz wieder etwas auf  Abstand halten. Man könnte solche Produktinnovationen mit  Qualifizierungsmaßnahmen beim Menschen vergleichen.
 Aber irgendwann dürfte es dann auch bei dem besten Medikament  soweit sein: es können kaum noch Gewinne erzielt werden. Das Produkt  geht "in Rente". Doch wovon sollte Bayer HealthCare dann leben?  Selbstverständlich von den Produkten, die in der Zwischenzeit in den  Forschungs- und Entwicklungslabors herangereift sind.
  High-Tech-Unternehmen, die es gewohnt sind, auf Märkten mit  anderen Unternehmen um Kunden zu konkurrieren, wissen, dass sie in ihre  zukünftigen Produkte investieren müssen, das heißt, in Forschung und  Entwicklung, oder abstrakter ausgedrückt: in ihre Produkt-Reproduktion.  Tun sie dies nicht, laufen sie Gefahr, den technologischen Anschluss  und damit Kunden an andere Anbieter zu verlieren. Mit zunehmender  Konkurrenz steigt die Bedeutung der Reproduktion. Innovativen  Unternehmen waren diese Zusammenhänge schon immer bewusst.
  Bei Produktion und Reproduktion handelt es sich um  eigenständige und gleichgewichtige Aufgaben. Das folgende Beispiel macht  deutlich, dass diese nur schwer miteinander vereinbar sind.
  Unternehmen investieren in neue Produkte häufig ähnlich lange  vor, wie dies menschliche Gesellschaften beim Aufziehen von Nachwuchs (Reproduktion  von Humankapital) tun. Ein neues Medikament hat in der  Pharmaindustrie heute üblicherweise eine Entwicklungszeit von 12 bis 15  Jahren. Rechnet man die Grundlagenforschung dazu, dann führen neue  Erkenntnisse manchmal erst in 25 Jahren zu neuen Produkten, wobei die  Produkteinführung nicht selten nochmals mehrere Jahre andauern kann.  Erst dann können endlich Gewinne eingefahren werden. Und kommt es im  Rahmen von Produktzulassungsprozessen zu Problemen, dann muss  gegebenenfalls eine neue Produktlinie, deren Entwicklung 20 Jahre vorher  hoffnungsfroh begonnen wurde, am Ende sogar vollständig eingestellt  werden.
 Betrachten wir deshalb einmal das  folgende fiktive Pharmaunternehmen: Die eigentliche Produktion besteht  in der Herstellung und Vermarktung von verschiedenen Medikamenten. Damit  wird letztlich das Geld verdient. In der Produktion arbeiten  ausschließlich Frauen, die für ihre Tätigkeit auch entlohnt werden. In  der Forschung (Produkt-Reproduktion) sind dagegen ausschließlich Männer  beschäftigt. Diese erhalten kein Gehalt, da mit der Forschung keine  Einnahmen erzielt werden.
 Irgendwann ist  es den Forschern zu bunt. Aber anstatt auf einer angemessenen Bezahlung  für ihre reproduktiven und auf lange Sicht für das Unternehmen  bedeutsamen Tätigkeiten zu bestehen, beharren sie auf ihrem Recht, nun  ebenfalls in der Produktion beschäftigt zu werden, um Geld verdienen zu  können. Aus Gründen der Geschlechtergleichstellung kann man ihnen diesen  Wunsch nicht verwehren, so dass nun massenhaft Männer in die Produktion  drängen. Die Folge ist: Die Reproduktion liegt danieder, die Zukunft  des Unternehmens steht auf dem Spiel. 
 Gleichzeitig ist jetzt das Arbeitsangebot für die Produktion zu  groß, so dass Frauen ab 50 in Frührente geschickt werden und weniger  qualifizierte entlassen. 50-jährige Männer werden erst gar nicht  übernommen und bei den weniger qualifizierten gilt das Gleiche. Ebenso  sinken die Gehälter, während die Anforderungen steigen, denn die Auswahl  an potenziellen Arbeitnehmern ist groß. Es passieren also ziemlich  genau die Dinge, an die wir uns in unserer Gesellschaft auch längst  gewöhnt haben.
 Die Forderung nach einer besseren  Vereinbarkeit von Familie und Beruf entspricht in unserem  Pharmakonzern-Beispiel dem Anliegen, Frauen und Männer sollten neben der  Produktion auch noch ein wenig Forschung betreiben: Tagsüber Herstellen  von Pillen, abends unentgeltliches Forschen im Labor. In ernsthaften  Unternehmen wäre man sich sehr schnell im Klaren darüber: Dies kann und  wird nicht funktionieren.
 Wir stellen  fest: Hart kalkulierende und durch und durch ökonomisch denkende,  gewinnorientierte Unternehmen investieren Milliardensummen in ihre  Reproduktion, obwohl sich diese nicht unmittelbar "rechnet". Sie  beschäftigen in diesen Bereichen üblicherweise ihre fähigsten  Mitarbeiter. Oft repräsentieren solche Abteilungen sogar die eigentliche  Kernkompetenz des Unternehmens, während fast alles andere ausgelagert  werden könnte und zum Teil auch wird.
 Dabei fällt aber vor allem eins auf: Leistungsfähige  Unternehmen organisieren sowohl ihre produktiven als auch reproduktiven  Bereiche marktwirtschaftlich, Staaten tun dies dagegen nicht. Oder  anders gesagt: Moderne, gleichberechtigte Gesellschaften weisen einen  massiven Organisationsfehler auf.
 6. Individualisierung
Die in der Soziologie sehr weit  akzeptierte Individualisierungsthese besagt, dass sich der  Einzelne in modernen Gesellschaften immer stärker aus übergeordneten  Vorgaben bezüglich Geschlecht, Alter beziehungsweise sozialer oder  regionaler Herkunft löst, so dass es zu einer drastischen Zunahme der  individuellen Entscheidungsspielräume und einer Reduzierung des Grads  der Außensteuerung kommt: Das Individuum wird zentraler Bezugspunkt für  sich selbst und die Gesellschaft (Junge 2002: 7).
 Die erste Phase der Individualisierung, die im Wesentlichen auf  Männer beschränkt blieb, bezeichnet die Zeit vom Beginn des  Industrialisierungsprozesses bis Mitte des 20. Jahrhunderts (Peuckert  2005: 362f.).
 Seit den 60er Jahren des 20.  Jahrhunderts findet ein neuer Individualisierungsschub statt, der nun  auch - unterstützt durch leistungsfähige und durch die Frauen selbst  kontrollierbare Empfängnisverhütungsmittel - die Frauen mit einschließt.  Auslöser war aber wohl auch die wohlfahrtsstaatliche  Nachkriegsentwicklung mit weit vorangetriebenen sozialen  Sicherungssystemen, gepaart mit einem hohen materiellen Lebensstandard,  der die Menschen aus ihren traditionalen Bindungen riss und sie  verstärkt auf sich selbst und ihr individuelles Arbeitsmarktsrisiko  verwies (Peuckert 2005: 363f.).
 Individualisierung  bewirkt nicht nur eine stärkere Abhängigkeit des Einzelnen von  Leistungen Dritter und dabei zum Teil auch von (wohlfahrts)staatlichen  Funktionen (Bildungseinrichtungen, innere Sicherheit, Rechtsprechung,  Altersversorgung etc.) (Beck 1986: 109f.), sondern setzt  diese geradezu voraus. Dies hat aber umgekehrt zur Konsequenz, dass der  Wohlfahrtsstaat immer mehr Funktionen übernehmen und garantieren muss,  die gemeinhin dem Kollektivverhalten zuzurechnen sind (Lange/Braun 2000:  20).
 Individualisierungsprozesse - wie sie  im Rahmen der weiblichen Emanzipation auf Seiten der Frauen  stattgefunden haben - gehen folglich meist mit einer Auslagerung von  Kollektivaufgaben, die ja einen Teil der vormaligen gesellschaftlichen  Rolle ausmachten, an Dritte, häufig an den Wohlfahrtsstaat, einher.  Beispielsweise hatte die Verlagerung der Produktion aus dem häuslichen  Bereich in die Fabriken im Rahmen der Industrialisierung nicht die  optimale Vereinbarkeit von männlicher Schutzleistung und Beruf zur  Folge, sondern den Beruf des Polizisten. Es ist also nur folgerichtig,  wenn der Wohlfahrtsstaat nun die Finanzierung größerer Familien in seine  Verantwortung übernimmt: Frauen und Männer als Individuen sind unter  den heutigen Verhältnissen dazu offenkundig nicht mehr in der Lage. Das Prinzip  der ökonomisch autarken Familie (Wirtschaftsfunktion der Familie)  war eine Eigenart des Patriarchats, welche unter der Gleichberechtigung  der Geschlechter in der bisherigen Form nicht mehr bestehen bleiben  kann.
 In unserer Gesellschaft sind die  Aufwände für das Erziehen von Kindern im Wesentlichen privat zu  erbringen (Wirtschaftsfunktion der Familie), während die Ergebnisse der  Erziehungsarbeit sozialisiert werden. Ganz besonders deutlich zeigt sich  dies bei der aktuellen Konstruktion des deutschen Rentensystems:  Kinderlose können die höchsten Rentenansprüche erwerben, weil sie sich  voll und ganz auf die Arbeit konzentrieren können. Ihre späteren Renten  sind dann aber - gemäß Generationenvertrag - von den Kindern anderer -  die nun meist geringere Rentenansprüche besitzen - zu erwirtschaften.
  Unter solchen Verhältnissen kommt es aber meist zur sogenannten  Tragik der Allmende (Mersch 2008a: 43f.). Entsprechend könnte man  argumentieren, dass es sich beim demographischen Wandel um die Tragik  der Allmende bei der gesellschaftlichen Kollektivaufgabe  "Nachwuchsarbeit" handelt (Mersch 2008a: 47f.).
 Damit es bei Individualisierungsprozessen nicht zur Tragik der  Allmende kommt, laufen diese - vereinfacht dargestellt - ganz häufig  etwa wie folgt ab:
 -  In traditionellen Gesellschaften hatten die Menschen neben ihren individuellen Aufgaben auch kollektive Pflichten zu erfüllen. Dazu dienten unter anderem gesellschaftliche Rollenvorgaben.
-  Im Rahmen der Individualisierung verselbstständigt sich der Einzelne nun immer mehr gegenüber der Gemeinschaft. Dabei löst er sich von den traditionalen Rollenvorgaben. Als Handelnder sucht er seinen individuellen Erfolg zum Beispiel bei einer Erwerbsarbeit, wo er umso mehr Einkommen erzielen kann, je geringer seine Aufwände (inklusive Opportunitätskosten) bei den Gemeinschaftsaufgaben sind, denn er hat ja dann mehr Zeit für die Erwerbsarbeit. Für ihn lohnt es sich also ganz besonders, bei den Gemeinschaftsaufgaben "faul" zu sein, weswegen es dort zwangsläufig zur Tragik der Allmende kommen wird.
-  Die verbindliche Ausführung von notwendigen Gemeinschaftsaufgaben muss nun also auf andere Weise gewährleistet werden. Dazu dient die Institutionalisierung. Statt die Kollektivaufgaben weiterhin dem Einzelnen anteilsmäßig aufzubürden, werden sie an Dritte ausgelagert, und zwar ganz häufig an den Wohlfahrtsstaat. Dieser erwartet dann aber von seinen Bürgern einen Obolus, üblicherweise in Form von Steuern oder eines sogenannten Parafiskus. Die Steuern müssen wiederum verpflichtend erhoben werden, andernfalls dürfte es bei der Steuerzahlung selbst zur Tragik der Allmende kommen. Steuern stellen somit gewissermaßen ein Äquivalent für die Summe aller Kollektivaufgaben des Individuums dar.
-  Der Wohlfahrtsstaat wird dann neue Institutionen schaffen, die die freigesetzten Gemeinschaftsaufgaben in seinem Sinne und Auftrag erfüllen.
-   Finanziert werden die Institutionen durch die Steuerzahlungen der Bürger. Die Mitarbeiter der neu erschaffenen Organe rekrutiert der Staat wie jedes andere Unternehmen über den Arbeitsmarkt, so dass auch diese von den Vorteilen der Individualisierung profitieren können. Die bisherige Kollektivaufgabe wird auf diese Weise professionalisiert und damit indirekt aufgewertet. Am Ende ist sie ganz häufig ein integraler Bestandteil der arbeitsteiligen Wirtschaftswelt.
Die Individualisierung auf Seiten der Männer hatte  Staatenbildung, staatliches Gewaltmonopol, Polizei und Schulen zur  Folge. Im Rahmen der weiblichen Individualisierung, bei der es sich  möglicherweise um die größte soziale Umwälzung der letzten zwei  Millionen Jahre handelt, dürfte deshalb deutlich mehr erforderlich sein,  als die Einführung einiger weniger zusätzlicher  Vereinbarkeitsmaßnahmen.
 Die  Individualisierungsthese geht unter anderem von einer zunehmenden  gesellschaftlichen Arbeitsteilung aus. Im Rahmen der weiblichen  Individualisierung wird aber seit Jahrzehnten in die umgekehrte Richtung  ("Zusammenführung der allerersten menschlichen Arbeitsteilung")  argumentiert. Man könnte deshalb auch sagen: Die Vereinbarkeitsthese  ("Familien bekommen heute deshalb so wenige Kinder, weil die  Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch nicht ausreichend gegeben ist,  obwohl dies prinzipiell möglich wäre.") steht im Widerspruch zur Individualisierungsthese.
  7. Was tun?
Bevor ich auf mögliche Maßnahmen zu  sprechen komme, möchte ich noch einmal die wesentlichsten bisherigen  Befunde zusammenfassen:
 -  Der Geburtenrückgang in Deutschland (aber auch in den meisten anderen entwickelten) Ländern ist in erster Linie auf das Verschwinden der Mehrkindfamilie (drei oder mehr Kinder) zurückzuführen und weniger auf die Zunahme der Kinderlosigkeit. Anders gesagt: Familienpolitische Maßnahmen sollten auch und gerade die Interessen der Mehrkindfamilie adressieren.
-  Für die Mehrkindfamilie gibt es unter der Gleichberechtigung der Geschlechter kein funktionierendes Familienmodell. Dies liegt ganz wesentlich an der Wirtschaftsfunktion der Familie, an der man im Rahmen der Emanzipation der Frauen nicht gerüttelt hat. Da in gleichberechtigten Gesellschaften mit zunehmender Kinderzahl sowohl die Familienkosten steigen als auch die Familieneinnahmen sinken, können sich größere Familien praktisch nicht mehr selbst finanzieren. Die Wirtschaftsfunktion der Familie ist mit der Gleichberechtigung der Geschlechter inkompatibel. Damit ist die zweite der beiden Eingangsfragen negativ beantwortet.
-   Eine gesellschaftsweite Angleichung der Lebensentwürfe beider Geschlechter ist aus biologischen Gründen nicht möglich. Gesellschaften, die die Geschlechter auf diese Weise gleichstellen, würden sich sukzessive vieler ihrer Erfolgsmerkmale entledigen. Empirische Daten scheinen zu belegen, dass dieser Prozess in den entwickelten Ländern längst begonnen hat. Die erste der beiden Eingangsfragen konnte damit ebenfalls negativ beantwortet werden. Allerdings reicht der folgenden Argumentation bereits die negative Beantwortung der zweiten Eingangsfrage.
Doch nun zu den verschiedenen familienpolitischen Maßnahmen und Optionen.
7.1 Vereinbarkeit von Familie und Beruf
Selbstverständlich sollte eine moderne Gesellschaft alles dafür  tun, damit auch Berufstätige eine Familie haben können. Mit anderen  Worten: Vereinbarkeitsmaßnahmen sind erforderlich. Allerdings - und das  wird in der Öffentlichkeit meist nicht ganz korrekt dargestellt - können  Vereinbarkeitsmaßnahmen das Nachwuchsproblem gleichberechtigter  Gesellschaften nicht einmal ansatzweise lösen, und zwar unter anderem  aus den folgenden Gründen (es gibt noch zahlreiche weitere, aber das  würde hier zu weit führen):
 -  Der Geburtenrückgang ist in erster Linie auf das Verschwinden größerer Familien zurückzuführen. Diese können aber mit Vereinbarkeitsmaßnahmen wenig anfangen, da bei ihnen meist so viel Familienarbeit anfällt, dass eine Person ohnehin zu Hause bleiben muss. Größeren Familien fehlt es dagegen an Einkommen.
-  Den einzigen Nutzen, den Eltern heute aus ihren Kindern ziehen können, ist der sogenannte Konsumnutzen. Als Konsumnutzen von Kindern wird in erster Linie die Erfüllung emotional-expressiver Elternschaftsmotive verstanden: Man hat Kinder, weil man ihnen Liebe geben kann und durch sie Liebe erfährt (Mayer 1999: 228).
 Der Konsumnutzen von Kindern erlaubt bei Abwägung gegenüber anderen Kosten eine Einschränkung der Kinderzahl (Schimany 2004: 224; Mayer 1999: 230). Dieser sich so trocken anhörende Satz heißt nichts anderes als: Alles das, was einem an Kindern Freude bereitet, kann man eigentlich auch schon mit ein bis zwei Kindern erfahren. Wenn man nur über begrenzte zeitliche oder finanzielle Mittel verfügt, dann dürfte der Konsumnutzen von weiteren Kindern in der Regel nicht groß genug sein, um die durch zusätzliche Kinder verursachten Kosten zu rechtfertigen, denn die Kosten für die Kinder steigen fast linear mit der Kinderzahl, der Konsumnutzen üblicherweise dagegen nicht. Die Konsequenz daraus ist: Selbst wenn Deutschland das Schlaraffenland der Kinderbetreuung wäre, werden sich berufstätige Eltern im Normalfall auf maximal zwei Kinder beschränken.
-  Beruflich sehr erfolgreiche Paare, die so viel Geld verdienen, dass sie sich problemlos ein oder mehrere Kindermädchen leisten könnten (das heißt, die Vereinbarkeitsmaßnahmen selbst finanzieren könnten), haben meist keine oder nur ganz wenige Kinder. Sie verfügen zwar über die finanziellen Mittel, nicht jedoch über ausreichende Zeit für Kinder (Opportunitätskosten).
7.2 Steuersenkungen für Familien
Größere Familien leben meist nur von einem Einkommen, weswegen  sie dann ohnehin kaum Steuern zahlen. Man kann aber nur die Steuern  einsparen, die man auch verdient.
 Oftmals werden Steuersenkungen für Familien wie folgt begründet  (Borchert 2002: 78):
 Gerechtigkeit statt Geschenke! Es muss darum gehen, die Familien in die Lage zu versetzen, ihre Kinder aus dem selbst erwirtschafteten Einkommen zu unterhalten, statt dies aus einer Position eines Almosenempfängers heraus zu tun.
Wie die vorliegende Arbeit zeigen konnte, ist eine solche  Forderung für gleichberechtigte Gesellschaften nicht länger zutreffend.  Sie hält an der Wirtschaftsfunktion der Familie fest, bei der es sich  jedoch um eine Eigenart des patriarchalischen Ernährermodells handelt.
  7.3 Bedingungsloser Lastenausgleich für Familien
Hierunter sollen alle Maßnahmen  zusammengefasst werden, bei denen Familien bedingungslos (pro Kind) die  gleichen Ansprüche auf finanzielle Zuwendungen erhalten. Darunter  fallen: Kindergeld, Erziehungsgehalt, bedingungsloses Grundeinkommen.
  Obwohl alle diese Maßnahmen das grundsätzliche Problem größerer  Familien, nämlich über kein ausreichendes Einkommen zu verfügen,  adressieren, weisen sie zwei entscheidende Systemfehler auf:
  -  Jeder potenzielle Leistungserbringer kann den Bedarf selbst erzeugen.
 Eine Frau müsste nämlich lediglich - ungefragt - ein Kind in die Welt setzen, und schon hätte sie Anspruch auf die staatlich zugesagten Mittel. Dies widerspricht aber den sonstigen gesellschaftlichen Gepflogenheiten (derjenige der zahlt, bestimmt den Gesamtbedarf), zumal hierdurch bedenkliche Seiteneffekte entstehen können.
 Für Erwerbsarbeiten gelten üblicherweise drei Bedingungen: Bedarfsmeldung (wobei sich Bedarfsmelder und Leistungserbringer unterscheiden), Tauschbarkeit der Leistung (zum Beispiel auf Basis vorgegebener Qualifikationen), vertragsmäßige Freiwilligkeit. Normale Hausarbeit erfüllt keine der genannten Bedingungen, weswegen man (unprofessionellen) Hausfrauen auch kein Erziehungsgehalt zahlen kann.
-  Die Maßnahmen benachteiligen Berufstätige.
 Stellen wir uns beispielsweise vor, der Staat würde jeder Familie für jedes Kind drei Jahre lang ein Erziehungsgehalt von 1.500 Euro pro Monat zahlen. Für eine 4.000 Euro im Monat verdienende Chemikerin bedeutete dies einen monatlichen Verlust von 2.500 Euro bei gleichzeitig höheren Kosten, von den langfristigen beruflichen Risiken einmal ganz abgesehen. Für eine Frau ohne Beruf, Berufsausbildung und schlechter Schulausbildung dürften die 1.500 Euro dagegen eine willkommene zusätzliche Einnahme sein. Das Angebot ist also für Berufstätige wenig attraktiv, für sozial schwache, berufslose Familien dagegen sehr.
7.4 Elterngeld
Das Elterngeld geht zwar von der Idee  her in die richtige Richtung, es ist aber konzeptionell so angelegt,  dass es primär die berufstätige Kleinfamilie (mit mittlerem  Einkommen) adressiert. Eine Förderung sozialisatorisch erfolgreicher  größerer Familien ist damit nicht möglich.
 7.5 Familie als Beruf
Es soll nun ein alternatives  Familienmodell und eine alternative Familienfinanzierung gemäß den im  Abschnitt "Individualisierung" beschriebenen Prinzipien vorgeschlagen  werden (Mersch 2008a): Jeder Bürger müsste gemäß seiner individuellen  Leistungsfähigkeit für ein Kind Unterhalt zahlen. Allerdings könnte er  sich von dieser Verpflichtung durch das Aufziehen eines eigenen Kindes  befreien. Der eingenommene Unterhalt könnte wie folgt verwendet werden:  Wenn viele Menschen kinderlos bleiben, kommen insgesamt zu wenig Kinder  auf die Welt. Die Differenz zu einer bestandserhaltenden Geburtenrate  könnte dann von staatlich beschäftigten Familienmanagerinnen  abgedeckt werden, die in aller Regel größere Familien mit drei oder mehr  Kindern gründen. Da die Familienarbeit dabei zum Fulltimejob generiert,  würden solche Familienfrauen (oder auch -männer) vom Staat für die von  ihnen geleistete Erziehungsarbeit - in Abhängigkeit von der Zahl ihrer  Kinder - bezahlt[2].  Allerdings benötigten sie entsprechende Qualifikationen, da sie einen  Beruf mit sehr hoher Verantwortung ausüben. Auch müssten sie sich  regelmäßig fortbilden. Sie gingen einer echten Erwerbsarbeit nach. Für  sie würde das folgende ergänzende Familienmodell zum Einsatz kommen:
  -  Der Mann geht arbeiten und verdient Geld, die Frau zieht die Kinder auf und verdient dafür ebenfalls Geld.
Dieses  Familienmodell trägt den Namen Familienmanager-Modell. Es dürfte  das einzige Familienmodell sein, welches einen nennenswerten Anteil gut  ausgebildeter Frauen unter der Rahmenbedingung der Gleichberechtigung  der Geschlechter zur Gründung einer Mehrkindfamilie bewegen könnte.  Natürlich würde auch die umgekehrte Variante (Die Frau geht arbeiten  und verdient Geld, der Mann zieht die Kinder auf und verdient dafür  ebenfalls Geld) funktionieren, allerdings dürften solche  Konstellationen eher selten sein. Ferner würde das Modell  Alleinerziehung (Die Frau zieht die Kinder auf und verdient dafür  Geld) - gegebenenfalls im Zusammenleben mit unterschiedlichen  Partnern - unterstützen, was für moderne Gesellschaften unerlässlich zu  sein scheint. Es umgeht die Problematik der Vereinbarkeit von Familie  und Beruf, indem es Familie zum Beruf macht.
  Grundlage des Familienmanager-Modells könnte die folgende  "Norm" beziehungsweise modifizierte verantwortete Elternschaft  sein, die die Nachwuchsarbeit als eine gesellschaftliche  Kollektivaufgabe versteht, die prinzipiell von allen Bürgern  anteilsmäßig in direkter oder indirekter Form zu erbringen ist[3]:
  -  Jedem steht es in unserer Gesellschaft frei, Kinder in die Welt setzen. Doch bitte beachten Sie: Die Welt ist bereits überbevölkert und hat ihre maximale Tragekapazität erreicht. Ein unkontrollierter Bevölkerungszuwachs sollte deshalb unbedingt vermieden werden. Beschränken Sie sich nach Möglichkeit auf maximal zwei Kinder pro Paar ("ersetzet euch" statt "mehret euch"). Der Staat wird Maßnahmen ergreifen und fördern, die für eine möglichst optimale Vereinbarkeit einer kleineren Familie mit bis zu zwei Kindern mit einem Beruf und für einen relativ fairen Familienlastenausgleich sorgen werden.
-  Allerdings ist die Gesellschaft auf eine annähernd bestandserhaltende Reproduktion angewiesen. Deshalb ist es in unserer Gesellschaft zusätzlich Ihre Aufgabe, als Paar für zwei Kinder zu sorgen, als Einzelperson für ein Kind. Damit leisten Sie Ihren Beitrag zu einer bestandserhaltenden gesellschaftlichen Reproduktion. Sie müssen das Aufziehen eigener Kinder aber nicht selbst erbringen, sondern Sie könnten dies anderen Fachleuten überlassen, die anstatt Ihnen eigene Kinder großziehen. Dafür müssten Sie dann aber regelmäßig einen bestimmten Betrag abführen, damit diese das auch in der entsprechenden Qualität für Sie tun können.
Vereinfacht ausgedrückt: Entweder man zieht selbst ein Kind  auf, oder man zahlt Unterhalt, damit größere - ausreichend  qualifizierte - Familien ihre eigenen Kinder in Würde aufziehen können. 
  Additiv oder alternativ zu den Unterhaltszahlungen könnte auch  eine (Teil-)Finanzierung über die Renten- und Pensionsansprüche von  Kinderlosen, die über ausreichend hohe Leistungsbezüge  verfügen, erfolgen.
 Man kann nun zeigen,  dass die Maßnahme mit einem Finanzierungsbedarf deutlich unter 100  Milliarden Euro pro Jahr binnen weniger Jahre eine gesicherte  bestandserhaltende Reproduktion bewirken könnte (Mersch 2008a: 60ff.).  Gleichzeitig dürften dabei etwa vier Millionen neue Arbeitsplätze  entstehen (Mersch 2008a: 62ff.). Auch kann man zeigen, dass sich bei  Scheidungen (selbst ohne Beteiligung einer Familienmanagerin) viele der  heute bekannten Unterhaltsproblematiken entschärfen ließen (Mersch  2008a: 64f.). Und schließlich könnten die Familienmanagerinnen einen  Großteil der von berufstätigen Eltern benötigten  Vereinbarkeitsinfrastruktur stellen, und zwar in einer viel  umfassenderen Weise, als dies mit staatlichen Einrichtungen möglich ist  (Mersch 2008a: 65).
 Wenn es gemäß  Präferenzmodell (Hakim 2005) Frauen jedes Qualifikationsniveaus gibt,  die lieber eine größere Familie gründen würden als einer sonstigen  Erwerbsarbeit nachzugehen (Hakim 2005; Bertram/Rösler/Ehlert 2005:  27ff.), dann ist die grundsätzliche Nichtkommerzialisierbarkeit dieser  für unsere Gesellschaft so eminent wichtigen Familienarbeit nicht mit  den Prinzipien der Geschlechtergleichberechtigung vereinbar, weil  sonst solche Frauen in ihrer Lebensplanung massiv benachteiligt werden.
  Moderne Gesellschaften erwarten von ihren Menschen immer mehr  Flexibilität (Sennett 2006), was aber mit deren natürlichen  Reproduktionsinteressen kollidiert, da beim Aufziehen von Nachwuchs  nicht Flexibilität, sondern ganz im Gegenteil dazu vor allem  Verlässlichkeit verlangt wird. Dies gilt ganz besonders für größere  Familien. Auch aus diesem Grund dürfte die zukünftige Erweiterung der  vorhandenen Familienmodelle um ein spezialisiertes Familienmodell für  Mehrkindfamilien geradezu unerlässlich sein.
 8. Literatur
-  Beck, Ulrich, 1986: Risikogesellschaft. Auf dem Weg in eine andere Moderne. Frankfurt: Suhrkamp
-  Bertram, Hans/Rösler, Wiebke/Ehlert, Nancy, 2005: Nachhaltige Familienpolitik. Zukunftssicherung durch einen Dreiklang von Zeitpolitik, finanzieller Transferpolitik und Infrastrukturpolitik. Berlin: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
-  Betzig, Laura L., 1986: Despotism and Differential Reproduction. A Darwinian View of History. New York: Aldine Publishing Company
-  Birg, Herwig, 2003: Strategische Optionen der Familien- und Migrationspolitik in Deutschland und Europa, in: Leipert, Christian (Hrsg.): Demographie und Wohlstand. Neuer Stellenwert für Familie in Wirtschaft und Gesellschaft. Opladen: Leske + Budrich
-  Bolz, Norbert, 2006: Die Helden der Familie. München: Fink
-  Borchert, Jürgen, 2002: Der "Wiesbadener Entwurf" einer familienpolitischen Strukturreform des Sozialstaats, in: http://www.familienatlas.de/ca/b/bsf/
-  Borkenau, Peter, 1993: Anlage und Umwelt. Eine Einführung in die Verhaltensgenetik. Göttingen: Hogrefe
-  Bouchard TJ/McGue M, 1981: Familial studies of intelligence. A review, in: Science, 212, 1055-1059
-  Butler, Judith, 2007: Das Unbehagen der Geschlechter. Gender Studies. Frankfurt: Suhrkamp
-  De Beauvoir, Simone, 2000: Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau. Hamburg: Rowohlt
-  Deary IJ/ Irwing P/ Der G/ Bates TC, 2007: Brother-sister differences in the g factor in intelligence: analysis of full, opposite-sex siblings from the NLSY1979, in: Intelligence 35, 451-456.
-  Eggen, Bernd/Rupp, Marina (Hrsg.), 2006: Kinderreiche Familien. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften
-  Ehmer, Josef, 2004: Bevölkerungsgeschichte und historische Demographie 1800-2000. München: Oldenbourg
-  Eibl-Eibesfeldt, Irenäus, 2004: Die Biologie des menschlichen Verhaltens. Grundriss der Humanethologie. München: Piper
-  Eigen, Manfred, 1987: Stufen zum Leben. Die frühe Evolution im Visier der Molekularbiologie, München: Piper
-  Hakim, Catherine, 2005: Work-Lifestyle Choices in the 21st Century. Preference Theory. Oxford: Oxford University Press
-  Heinsohn, Gunnar, 2006: Söhne und Weltmacht. Terror im Aufstieg und Fall der Nationen. Zürich: Orell Füssli
-  Hopcroft, Rosemary L., 2006: Sex, status, and reproductive success in the contempory United States, in: Evolution and Human Behaviour, 27, 104-112
-   Irwing, Paul/Lynn, Richard, 2005: Sex differences in means and variability on the progressive matrices in university students: A meta-analysis, in: British Journal of Psychology, 96, 505-524
-  Joas, Hans (Hrsg.), 2001: Lehrbuch der Soziologie. Frankfurt: Campus
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Verweise
- Etwa in der folgenden Form: "Es gibt weltweit noch genügend patriarchalische Gesellschaften, in denen Frauen nicht gleichberechtigt sind und somit deutlich zu viele Kinder geboren werden. Einige dieser Kinder könnten wir - in Ergänzung zu unseren eigenen, niedrigen Geburtenraten - im Erwachsenenalter in unser Land holen."
- Für den  Gleichheitsfeminismus gehörte bezahlte Familienarbeit noch nie zu den denkbaren Optionen. Besonders eindeutig äußerte sich Simone de Beauvoir in dieser Frage: "No woman should be authorized to stay at home to raise her children. Society should be totally different. Women should not have that choice, precisely because if there is such a choice, too many women will make that one." (Sex, Society and the Female Dilemma: A Dialog between Simone de Beauvoir and Betty Friedan, in: Saturday Review, 14.06.1975, 13, S. 16-20, 56). Ähnliche Vorstellung sind bei Alice Schwarzer vorzufinden: "Hausfrauenlohn würde Hausarbeit verstärkt als Frauenarbeit institutionalisieren , Frauen ans Haus binden und die Diskussion um die Teilung der Hausarbeit zwischen Frau und Mann ersticken." (S. 278) Und: "Die Hausfrauenlohnforder ung basiert auf einer Missachtung der emanzipatorischen Elemente in JEDER Frauenberufstätigkei t." (S. 279, Hervorhebungen im Original) Aus: A. Schwarzer: Der kleine Unterschied und seine großen Folgen, Frankfurt 2002 
- Man vergleiche dazu den von Prof. Hans Hass formulierten,  und von der Intention her durchaus ähnlichen - allerdings auf deutlich  mehr Zwang setzenden - Vorschlag: "Ich überlegte mir eingehend, wie es  angestellt werden könnte, diese Geburtenexplosion zu bremsen. Bei allen  Lebewesen ist die Ausrichtung auf Wachstum und Vermehrung die wichtigste  Aufgabe. Deshalb ist es fast unmöglich etwas zu sagen, dass sich gegen  diese Grundeinstellung richtet. Trotzdem ist es mir letztendlich  gelungen auf einen Vorschlag zu stoßen, der in knappen drei Sätzen das  Problem der Überbevölkerung lösen kann. Diese lauten: 1. Jeder Frau auf  dem Planeten Erde wird das Recht bescheinigt zwei Kinder zu gebären –  aber nicht mehr. 2. Stirbt eines der beiden Kinder unter dem 12.  Lebensjahr, so wird ihr das Recht auf ein weiteres, drittes Kind  zugestanden. 3. Ist eine Frau besonders kinderlieb, und möchte sie gern  noch ein weiteres Kind, dann ist auch dies möglich, unter der  Voraussetzung, dass sie über die notwendigen Mittel verfügt, es  angemessen zu ernähren und zu erziehen. Da es zahlreiche Frauen gibt,  die aus gesundheitlichen oder sonstigen Gründen gar keine Kinder haben  wollen, kann von diesen das Recht auf ein Kind übernommen werden,  entweder in freundschaftlichem Einvernehmen oder über eine entsprechende  Zahlung. Diese drei Sätze müssten in allen Ländern der Welt zum Gesetz  erklärt werden." (http://www.hans-hass.de) 
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