Montag, 19. Februar 2007

Ja, ich will mit Dir schlafen!

Ausgabe 07/07

Magazin

Ja, ich will mit dir schlafen

Thomas Meyer


Die Wünsche, die Männer an Frauen haben, sind übersichtlich, präzis und fair. Eine abschliessende Ausführung in zehn Punkten.

Kennen Sie den Begriff «Cinderella-Komplex»? Er umschreibt das rätselhafte Leiden vieler Frauen, niemals zufrieden sein zu können. Die Betroffenen leben im festen Glauben, hochwohlgeboren zu sein und prinzipiell mehr verdient zu haben, als sie bekommen. Sie sind daher meist nicht sehr guter Laune, ungeachtet der Anzahl Schmuckschatullen, die einer schuldbewusst vor ihnen aufschichtet.

Einer solchen Frau könnte der vieldiskutierte Prinz zu Füssen sinken, hübsch, klug, sensibel, lustig und wild; tausend Tage und Nächte ist er ihrer Schönheit entgegengeritten, um mit ihr Königreich und Himmelbett zu teilen, und nun kniet er hier, ihren Namen süss auf den Lippen. Doch sie würde mit gezogener Augenbraue sagen: «Nett, aber das Pferd stinkt. Und die Schuhe sind zu spitz. Und überhaupt geht mir das alles zu schnell.»

Männer kennen diese Art der Wahrnehmung nicht. Ihre Wünsche an die Frau sind übersichtlich, präzis und fair. Und es sind auch immer gleich viele, nämlich exakt zehn.

1. Eine Frau muss sexy sein


Schimpfen Sie ruhig über all die aufreizend gekleideten Hühner, meine Damen, orientieren Sie sich aber bitte auch daran. Schliesslich ist «sexy» das Adjektiv zu «Sex». Sexy finden Männer alles, was nach Geschlechtsverkehr aussieht. Oder wie mein Freund Stefan gerne sagt: «Die perfekte Frau trägt kein Höschen und möglichst auch keine Hosen.»

Nun reicht es nicht, einfach nackt herumzurennen. Eine Frau muss schön sein (nach Geschlechtsverkehr aussehen). Gewiss ist dies Sache der persönlichen Empfindung, jedoch existieren einige Rahmenbedingungen: Ein sportlicher Popo beispielsweise ist obligatorisch. Nur weil gesetzlose Modehäuser für buchstäblich jeden Hintern ein Paar Jeans bereitstellen, heisst das nicht, dass jeder Hintern okay ist.

2. Eine Frau muss sich gernhaben


Viele Frauen weigern sich, sich als so hinreissend und liebenswert zu betrachten, wie sie sind. Permanent finden sie sich dick und unförmig und nennen jeden Widerspruch eine Lüge, die nur darauf abziele, sie ins Bett zu kriegen. So kann man ihnen sagen, sie sähen fantastisch aus, und bekommt dann zur Antwort: «So ein Scheiss! Ich bin nicht mal richtig geschminkt!»

Dieselben Frauen lösen ihre Probleme grundsätzlich mit einer neuen Haarfarbe. Offenbar glauben sie, das Schicksal erkenne sie so nicht mehr und verschone sie fortan mit seinen Schlägen. Einst verriet mir ein Coiffeur, wie man darauf ein komplettes Geschäftsmodell aufbaut: «Zuerst empfiehlst du Strähnen. Und das nächste Mal eine ganze Farbe. Und dann müssen sie immer wieder kommen. Hähä!»

Eine Frau muss sich gernhaben, denn das ist der Inbegriff von Sexiness. Beschuldigen Sie nicht Ihr Haar, wenn Sie sich langweilig und fad finden, sondern erstellen Sie eine Liste mit zwanzig Dingen, die Sie an sich mögen. Lesen Sie die Liste jeden Morgen, und fragen Sie sich: Sind Sie wirklich langweilig? Sind Sie wirklich dick und unförmig? Und lügt einer wirklich, wenn er sagt, Sie seien liebenswert und hin-reissend?

3. Eine Frau muss es ernst meinen


Kein Mann schätzt es sonderlich, wenn Sie ihm Ihre Telefonnummer geben, nur weil Sie Ihr ramponiertes Ego defibrillieren wollen. Schon gar nicht, wenn Sie es damit erklären, dass Sie den Herren «eine Chance geben» möchten – und sauer werden, wenn diese auch genutzt wird. Es ist erstaunlich, wie oft gewisse Frauen mit dem klingelnden Telefon in der Hand rufen: «Ou, nein, der wieder!» Immer melde der sich, dabei wolle man gar nichts von dem! Und der checke das einfach nicht! Gefragt, weshalb der Unerwünschte in den Besitz der Nummer gekommen sei, verkünden diese Sirenenn gönnerhaft, man könne doch einen möglicherweise interessanten Kandidaten nicht von vornherein abweisen.

Sehen Sie, das ist nicht nett. Natürlich reagieren wir auf Ihre Reize, das ist unsere Natur. Aber Sie können nicht Ihre Bluse bis zum BH aufknöpfen und dann empört die freudige Sichtung solcher Angelegenheiten beanstanden. Oder werfen Sie etwa den Blumen vor, dass sie sich nach der Sonne ausrichten?

4. Eine Frau muss eine Rakete sein im Bett


Es gibt eine einfache Wahrheit: Wenn ein Mann mit Ihnen zu tun haben will, begehrt er Sie. Er mag es in freundschaftliche oder sachliche Worte kleiden, aber eigentlich spricht er bereits mit Ihren Brüsten. Und, seien Sie ehrlich: Kann man mit Ihnen über den richtigen Auspuff für ein Motorrad reden?

Es ist deshalb ungemein wichtig, dass eine Frau nicht nur nach Geschlechtsverkehr aussieht, sondern diesen auch in all seinem Reichtum beherrscht. Seien Sie also die beste Geliebte der Welt, und tun Sie all die Dinge, von denen Sie glauben, nur schlimme Mädchen täten sie. Wenn Sie sich fragen, ob Sie noch eine Dame seien, haben Sie den Ton getroffen.

Für weitere Informationen wenden Sie sich an die Hochglanz-Pornografie. Da finden Sie schon auf dem Titelblatt mehr Wahrheit als in einem ganzen Jahrgang Ihrer Frauenpostillen!

5. Eine Frau muss lustig sein


Wohl die häufigsten Gründe, warum Frauen lachen, sind fiese Bemerkungen über Männer. Sie finden auch nichts dabei, mit ihren Freundinnen über die intimen Worte und Bilder zu kreischen, die ihnen ein Verehrer übermittelt hat. Origineller Wortwitz oder die spöttische Selbstbetrachtung hingegen kommen in diesen Kreisen höchst selten vor.Das ist bedauerlich, denn bevor, während und nachdem wir mit Ihnen schlafen, möchten wir mit Ihnen lachen. Die schönsten Erinnerungen entstehen denn auch, wenn Liebende ihr Tun humorvoll kommentieren und somit für alle Zeiten vergolden (leider verbietet die Diskretion das Zitat).

Daniel listet die Tugenden seiner Traumfrau in einem Mail trefflich auf: «1. Sie hat geile Brüste und sieht umwerfend aus. 2. Humor! Humor! Humor!» Eine Umfrage im Freundeskreis ergibt hundert Prozent Zustimmung, wobei hundert Prozent meinten, Punkt zwei sei vernachlässigbar. Hier sind wir grosszügig: Haben Sie einen hübschen Hintern, ist Humor nicht zwingend. Umgekehrt hilft es nichts, wenn Sie witzige Sprüche machen, aber einen Hintern haben, der die Sonne verdunkelt.

6. Eine Frau muss initiativ sein


Der erste Schritt liege beim Mann, darauf bestehen die Frauen und beklagen sich darüber, dass nur Hohlköpfe ihn tun. Es stimmt: Die meisten halbwegs kultivierten Männer trauen sich nicht, eine Frau anzusprechen. Sie fürchten, schon mit dem ersten Wort alles zu vermasseln, und lassen die schönsten Frauen vorbeiziehen, um sich dann für viele, viele Jahre zu ärgern. Da sass beispielsweise vor zwei Jahren im Tram diese erotische Blondine mit der Pelzmütze, die guckte so, und ich guckte auch, und dann stieg ich aus, und sie guckte noch immer, und seither beisse ich mir stündlich in den Arm.

Sie sehen, wir sind auf Ihre Hilfe angewiesen. Angenehm wäre ein orangefarbenes Drehlicht, das Sie wie einen Hut tragen und mit dem Sie Ihre Paarungsbereitschaft zweifelsfrei signalisieren. Unsere erkennen Sie ja ebenso zweifelsfrei an der Tatsache, dass wir Sie anschauen. Wir schauen, wie im vorletzten Punkt gelernt, ausschliesslich Frauen an, mit denen wir schlafen wollen. Allerdings nur, bis sie auch gucken, dann werden wir furchtbar verlegen und senken den Blick, die Wege trennen sich wieder, und viele schöne und aufregende Dinge werden niemals geschehen.

Um diese sich täglich wiederholende Tragödie zu beenden, müssen Sie die Initiative ergreifen. Wenn Ihnen ein Mann gefällt, gehen Sie auf ihn zu, legen Sie Ihre Hand auf seinen Arm und sagen Sie: «Ja, ich will auch mit dir schlafen.» Wir würden uns so freuen! Die Welt wäre ein so viel besserer Ort!

7. Eine Frau muss sagen, was sie will


Das bedingt natürlich, dass sie weiss, was sie will. «Ich verstehe die Frauen nicht!», klagte ich vor langer Zeit und frisch verstört einer Kosmetikerin. Wie ein Orakel sprach diese hinter der Dampfwand hervor: «Herr Meyer, wir verstehen uns selbst nicht.»

Frauen sind also wie Piloten, die keinen Schimmer haben, wozu all die Knöpfe da sind, sich aber weigern, das Cockpit zu räumen. Deshalb: Nehmen Sie sich Zeit, und finden Sie heraus, was Sie wollen. Gleichen Sie Ihre Wünsche mit der Realität ab und mit Ihrem Zyklus. Wenn Sie danach immer noch dasselbe wollen, sagen Sie es. Nur das direkte und ehrliche Wort zählt. Wenn Sie finden, man könne und müsse Ihre Gedanken erraten, sind Sie so glaubwürdig wie eine defekte Ampel.

8. Eine Frau muss Anstand haben


Verblüffend viele Menschen sind knallharte Egoisten. Sie nehmen kaum ihre eigenen Gefühle wahr und fremde gar nicht. Da diese Autisten daher kaum eine zwischenmenschliche Anstandsregel kennen, erlauben sie sich alles und sagen dann: «Ich wollte dich nicht verletzen!» Sagt man ihnen, dass sie sich trotz der guten Meinung über sich selbst verletzend verhalten, verschränken sie beleidigt die Arme.

Eine anständige Frau hingegen lässt sich ihr Benehmen etwas kosten. Sie behandelt andere, wie sie selbst behandelt werden möchte. Und hat sie einmal einen schlechten Tag, nörgelt sie nicht an ihrem Partner herum, sondern geht spazieren, um die Freundschaft zu sich selbst zu belüften.

Zudem erscheint sie immer pünktlich und ruft an, wenn sie es einmal nicht schafft, statt eine SMS zu schreiben; sie schnäuzt leise und zieht in der Öffentlichkeit nicht die Schuhe aus; sie ist im Restaurant zur Bedienung ebenso nett wie zum Gegenüber und hält die Gabel richtig. Sie beschwert sich nicht, wenn man ihr in den Mantel hilft oder sie mit ähnlichen Gesten ehrt. Und wird sie etwas gefragt, gibt sie eine anständige Antwort, auch wenn sie die Frage für ärgerlich oder überflüssig hält.

9. Eine Frau muss eine Rakete sein im Bett


Man darf es ruhig noch einmal sagen.

10. Eine Frau muss zufrieden sein können


Kennen Sie den Begriff «Cinderella-Komplex»? Er umschreibt das Leiden vieler Frauen, nie zufrieden sein zu können. Der letzte und zuweilen grösste Wunsch an die Frau ist dessen Reflexion und Bewältigung – oder wenigstens, dass sie ihn für sich behalten.

Disclaimer: Es ist kaum zu erwarten, dass eine Frau mit diesen Eigenschaften die Frau ist, in die man sich am heftigsten verliebt. Eher passiert es bei jenen, die einen dazu bewegen, im Nachhinein solche Listen zu verfassen.


Thomas Meyer, 33, ist Werbetexter in Zürich.

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